Über die Leutkircher Straße in Stuttgart und München
Wann und warum man damit angefangen hat, Straßen einen offiziellen Namen zu geben
- München, Stuttgart, Kempten, Isny, Erolzheim – in all diesen Städten und Gemeinden gibt es eine Leutkircher Straße. Warum eigentlich? Und wann hat man überhaupt damit angefangen, Straßen einen offiziellen Namen zu geben? Die „Schwäbische Zeitung“hat sich auf die gar nicht so einfache Spurensuche begeben.
Zumindest das Datum, seit wann Leutkirch namentlich in München vertreten ist, lässt sich problemlos klären. Die Leutkircher Straße im Münchner Stadtteil Freimann wurde im Jahr 1932 benannt, erklärt Maren Kowitz, eine freundliche Pressesprecherin der bayerischen Landeshauptstadt. „Leider gibt es von damals keine Unterlagen mehr, die belegen, warum die Stadt Leutkirch für die Namensgebung gewählt wurde“, so die Sprecherin, die bedauert, nicht mehr dazu sagen zu können. Warum und seit wann es in der württembergischen Landeshauptstadt eine Leutkircher Straße gibt, ist zumindest von der Stuttgarter Stadtverwaltung nicht zu erfahren. Auch nach erneuter Nachfrage scheint das Thema für die Stuttgarter zu belanglos zu sein, um zu antworten. Glücklicherweise kann Nicola Siegloch, die Stadtarchivarin von Leutkirch und Isny, hier aber auch weiterhelfen.
Im Stadtarchiv von Leutkirch gibt es ein Schreiben von 1936, mit dem der Oberbürgermeister von Stuttgart den Leutkircher Schultes über die Benennung informiert. Aufgrund der Ns-zeit wird Stuttgart dabei im Briefkopf als „Stadt der Auslandsdeutschen“
bezeichnet und der Stuttgarter OB grüßt mit „Heil Hitler“. Dem Schreiben nach wurden damals Straßen im Stuttgarter Stadtteil Wangen nach Städten des Oberlandes benannt. „Seit dieser Zeit gibt es auch eine Isnyer Straße in Stuttgart-wangen“, so Siegloch.
Welche Überlegungen bei der Benennung von Straßen eine Rolle spielen können, zeigt das Beispiel von Kempten, wo es seit 1973 eine Leutkircher Straße gibt. Im Kemptener Westen wurde in den 70er und 80er Jahren ein großes neues Viertel zwischen Rottach und Lindauer Straße geplant und bebaut, erklärt die Kemptener Stadtplanerin Antje Schlüter.
„Die nach Westen führende Straße – damals noch die B 12, die mittlerweile nach Süden verlegt wurde und über Weitnau führt – trug bereits den Namen Lindauer Straße. Die Stadträte entschieden sich damals dafür, die Straßen des neuen, nach Westen weisenden Stadtviertels Stiftallmey nach Städten zu benennen, die im Westen von Kempten liegen“, so Schlüter. Unter anderem finden sich im Quartier Stiftallmey daher beispielsweise auch eine Biberacher und Reutlinger Straße, aber auch ein Hohenemser und Wurzacher Weg.
Bei der Leutkircher Straße in Erolzheim dürfte der Grund für die Benennung in der Richtung liegen, vermutet Werner Altvater, der in der Gemeinde das Archiv verwaltet. „Diese Leutkircher Straße führt aus der Ortsmitte Richtung Berkheim – Tannheim – Aitrach – Aichstetten Leutkirch“, so Altvater. Heute gehe dieser Verkehr aber hauptsächlich über eine andere Straße.
Bei der Suche nach der Antwort, wann die Leutkircher Straße in Erolzheim offiziell diesen Namen bekommen hat, ist er nur in der Gemeindechronik von 1894 fündig geworden. „Der Chronist beschreibt unter anderem den Weg des damaligen Fronleichnamsfestes. Daraus geht hervor, das die Leutkircher Straße damals die Bezeichnung Baugasse hatte“, erklärt er. Die Benennung zur Leutkircher Straße muss also später erfolgt sein. Auch für Isny hat Stadtarchivarin Siegloch für die dortige Leutkircher Straße kein offizielles Benennungsdatum gefunden. „Sie gibt es vermutlich schon sehr lange, da sie eine der Fernverkehrsstraßen war, ebenso wie die Lindauer Straße oder die Kemptener Straße in Isny“, so Siegloch.
In Leutkirch, erklärt sie, gebe es das heutiges System mit Straße und Hausnummer seit 1927. „Im Sommer 1927 beschloss der Gemeinderat ,eine völlige Neunummerierung der ganzen Stadt nach Straßen vorzunehmen’. In diesem Zusammenhang wurden bereits bestehende Straßen umbenannt, viele Wege und Gassen, die bisher noch keine Bezeichnung hatten, benannt und neue Straßen, zum Beispiel in Siedlungen/wohngebieten benannt“, so Siegloch.
Ein Nummernsystem war zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der Einführung der Gebäudebrandversicherung und durch die im Königreich Württemberg durchgeführte Vermessung und Kartierung des Landes eingeführt worden, erklärt die Stadtarchivarin. „Man begann beim Leprosenhaus mit der Nr. 1 und hörte beim Ziegelstadel an der Isnyer Straße mit der Nr. 268 auf. Wenn ein neues Haus gebaut wurde, bekam es die nächste Nummer, ganz gleich, wo es stand.“Um diese Unordnung zu beseitigen, wurde 1927 die Neuordnung beschlossen und die Häuser in den einzelnen Straßen durchnummeriert. Bereits im Leutkircher Adressbuch von 1928 wurden die neuen Adressen verwendet, so Siegloch.