Amtzell trauert um Reinhold Roth
Der zweifache Motorrad-vizeweltmeister ist mit 68 Jahren gestorben – Ein Rückblick
- Der deutsche Motorradrennsport und die Gemeinde Amtzell trauern um Reinhold Roth. Der frühere, zweimalige Vize-weltmeister ist im Alter von 68 Jahren am Freitag im Wangener Krankenhaus gestorben. Ein langjähriger Weggefährte erinnert sich an eine Persönlichkeit, die trotz ihrer Erfolge auf dem Boden geblieben ist.
„Die Nachricht von seinem Tod hat mich sehr traurig gemacht“, sagt Paul Locherer. Der frühere Bürgermeister von Amtzell kannte Reinhold Roth gut, hat mit ihm in den 80er-jahren dessen größte Erfolge gefeiert und dabei einen Menschen kennengelernt, der auch wegen seines Charakters zu einem Aushängeschild
der Gemeinde wurde – bis heute. „Ich bin gerade in Thalkirchdorf auf einem Geburtstag und da wurde ich gleich gefragt, wie es dem Reinhold geht“, so Locherer am Sonntag der SZ am Telefon. „Leider musste ich den Leuten mitteilen, dass er am Freitag gestorben ist.“
2017 hatte die „Schwäbische Zeitung“zum letzten Mal ausführlich über Reinhold Roth berichtet – aus Anlass seiner ersten Vizeweltmeisterschaft vor 30 Jahren. Auch vor vier Jahren erinnerte sich Locherer für die SZ an das damalige, rauschende Fest. Mit einem Fackelzug am Ortseingang wurde Roth samt seiner Familie und seinem Team erwartet. Musikkapelle, Spielmannszug, Bürgerwehr, 50 Motorradfahrer mit Lichtern begleiteten Roth und seinen Anhang durch das Dorf. Geschätzte 3000 Motorsportbegeisterte und zahlreiche Transparente säumten die Strecke. Der Weg führte in ein mit rund 4000 Fans gefülltes und völlig überfülltes Festzelt. Die eigene Gemeinde und die Vereine hatten sich ein ganz besonderes Geschenk einfallen lassen, mit dem Roth schließlich eigenhändig ins Festzelt einziehen durfte oder musste: Pony „Vize“mit Sulky. „Ein PS für Jointe“titelte die „Schwäbische Zeitung“vor 30 Jahren in Anlehnung an den Spitznamen Roths. Und: „Im Zelt war die Hölle los!“
Drei Jahre später wurde die Karriere von Reinhold Roth abrupt beendet: Am 17. Juni 1990, acht Monate nach seinem zweiten Vizeweltmeistertitel, zog sich der Amtzeller im Großen Preis von Jugoslawien in Rijeka bei einem fürchterlicher Unfall schwerste Kopfverletzungen zu, lag mit einem Schädel-hirn-trauma mehrere Wochen im Koma war seitdem ein Pflegefall. Seine Frau Elfriede, der Sohn Matthias und ein Intensiv-pflegeteam kümmerten sich bis zuletzt liebevoll um ihn.
Laut dem Motorsport-onlineportal Speedweek.com ist Reinhold Roth Ende vergangener Woche wegen eines Lungenkollapses ins Wangener Krankenhaus gebracht worden, wo er später an multiplem Organversagen gestorben sei. Elfriede Roth, die deshalb einen Kurzurlaub abbrach, durfte ihn dort in seinen letzten Stunden begleiten. „Ich bin noch rechtzeitig ins Krankenhaus gekommen, bevor er ganz friedlich eingeschlafen ist“, wird Roths Witwe von Speedweek.com zitiert. Und: „Die Spätfolgen der schweren Kopfverletzungen von Rijeka spielten da eine Rolle.“
Das letzte Mal gesehen hat Paul Locherer Reinhold Roth vor rund anderthalb Jahren, als er im Rollstuhl durch den Ort gefahren wurde. „Man hat ihn angesprochen und er hat womöglich darauf reagiert“, so der frühere Bürgermeister. Der Kontakt sei dann aber auch wegen Corona abgebrochen. Noch heute kommt der Reinhold-roth-fonds, der mit zahlreichen Spenden eingerichtet wurde, auch der Jugend und dem Sport zu Gute. Und in der Erinnerung Locherers bleibt ein feiner, ganz besonderer Mensch: „Eine Persönlichkeit, die trotz der großen Erfolge heimatverbunden und bodenständig geblieben ist.“