Neues Geld für teure Pläne
Wie SPD, Grüne und FDP ihr Modernisierungsprogramm finanzieren wollen
- Die potenziellen Ampelkoalitionäre haben viele Pläne, aber nach der Corona-krise wenig Geld. SPD, Grüne und FDP haben zwei wichtige Wege zur Finanzierung ihres geplanten Modernisierungsprogramms bereits ausgeschlossen. „Einer Regierung könnten wir nicht beitreten, die Steuern erhöht oder die Schuldenbremse missachtet“, betonte FDP-CHEF Christian Lindner am Montag. Gleichzeitig sprechen die Grünen Robert Habeck und Annalena Baerbock aber von „Gesellschaften“zur Finanzierung der nötigen Investitionen. Welche Möglichkeiten hätte eine Ampelregierung, um zusätzliche Mittel zu beschaffen?
Investitionsgesellschaften
Das sind Firmen, oft Gmbhs, die dem Bund gehören, unter seiner Kontrolle stehen oder in seinem Auftrag handeln. Finanzpolitisch ist das Schöne an ihnen: Wegen ihrer privatrechtlichen Konstruktion fällt die Kreditaufnahme solcher Gesellschaften nicht unter die Schuldenbremse im Grundgesetz, die der Bundesregierung im Normalfall weitgehend verbietet, neue Schulden zu machen. Ökonomie-professor Jens Südekum (Uni Düsseldorf), der unter anderem die Grünen berät, kommentierte bereits: „Die Ampel wird, wo immer möglich, öffentliche Investitionen in Zweckgesellschaften auslagern, die neben der Schuldenbremse operieren.“Ein Beispiel für ein solches Beiboot der Regierung ist die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG). Diese soll sich darum kümmern, die Funklöcher in den Handynetzen zu schließen, die private Netzbetreiber wie Deutsche Telekom oder O2 offenlassen. Grundsätzlich könnte die MIG Milliarden Euro aufnehmen, um sie in schnellere Datennetze zu investieren. Oder die bundeseigene NOW Gmbh, die unter anderem eine „Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur“betreibt. Wenn die Regierung es will, kann diese in den bundesweiten Ausbau der Ladesäulen für Elektroautos investieren. Denkbar erscheint auch, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) nicht nur Grundstücke verwaltet, sondern die klimafreundliche Sanierung der öffentlichen Gebäude vorantreibt oder gar Wohnungen baut. Den Aufgaben solcher Ableger sind kaum Grenzen gesetzt. In dem Zwölf-seiten-papier zum Sondierungsergebnis erwägen SPD, Grüne und FDP etwa eine neue „Stiftung oder Gesellschaft, die den Rückbau der Kohleverstromung und die Renaturierung organisiert“.
Deutsche Bahn
Auch diese Aktiengesellschaft, die dem Bund gehört, darf Schulden machen. Das tut sie heute bereits. Gegenwärtig ist ihre Kreditaufnahme auf rund 30 Milliarden Euro begrenzt. Wenn der politische Wille besteht, kann diese Summe aber steigen – Geld, das sich nicht unmittelbar der Staat leihen muss, sondern der Konzern. Der Investitionsbedarf von über 100 Milliarden Euro für neue Züge und digitalisierte Technik ließe sich so bewältigen – außerhalb der Schuldenbremse.
KFW
Die staatliche Förderbank KFW vergibt heute beispielsweise verbilligte Kredite an Hausbesitzer, die ökologische Heizungen einbauen wollen. Denkbar wäre es, sogenannte Tilgungszuschüsse auszuweiten. Das heißt, die Privatinvestoren bekommen einen Teil der Investitionssumme geschenkt. Auf diese Art kann der Staat private Aktivitäten anreizen und unterstützen, ohne das Geld aus dem Haushalt aufzubringen. So ist im Sondierungspapier die Rede davon, die KFW zu einer „Innovationsund Investitionsagentur“auszubauen.
Verschuldung
Doch auch selbst verfügt die Bundesregierung über einen gewissen, zusätzlichen finanziellen Spielraum. So erlaubt die Schuldenbremse im Grundgesetz eine jährliche Kreditaufnahme von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung, was augenblicklich auf rund zehn Milliarden Euro hinausläuft. Außerdem hat die alte Regierung die Bremse für 2022 bereits ausgesetzt, wegen Corona. Der Budgetentwurf aus dem Haus des jetzigen Finanzministers und möglichen Kanzlers Olaf Scholz (SPD) enthält neue Kredite von knapp 100 Milliarden Euro. Warum nicht 200 oder 300 Milliarden? Ökonosm Südekum prognostiziert: „Im Jahr 2022 füllt die Ampel eine große Rücklage, die in den Folgejahren abgeschmolzen wird.“Fraglich erscheint allerdings, ob die FDP das mitträgt. Falls ja, reicht die Unionsfraktion im Bundestag vielleicht eine Organklage beim Bundesverfassungsgericht ein. Argument: Schuldenfinanzierte Rücklagen sind verboten. Bis das Gericht entschieden hat, könnte ein Teil des Geldes jedoch bereits ausgegeben sein.