Menschenhandel in Minsk
Eu-außenminister bereiten weitere Sanktionen gegen Belarus vor
- Äthiopien, Nicaragua, die Golfregion, Tunesien – wieder einmal stand „der halbe Erdball“bei den Eu-außenministern auf der Tagesordnung, wie Litauens Vertreter Gabrielius Landsbergis gestern in Luxemburg kritisch feststellte. „Die Agenda zeigt, dass wir uns zu leicht ablenken lassen und die Probleme vor unserer Haustür vergessen.“Er meinte damit die Situation an der gemeinsamen Grenze mit Belarus, dem ehemaligen Weißrussland, wohin Machthaber Alexander Lukaschenko seit Monaten Migranten in Bussen transportieren lässt, um Druck auf die EU auszuüben. Dieses Thema nahm bei dem Treffen breiten Raum ein.
Vor einigen Tagen schon hatten die Baltischen Staaten und Polen, unterstützt unter anderem von Deutschland, in einem Brief weitere Sanktionen gegen Belarus Machthaber Lukaschenko und gegen die nationale Fluglinie Belavia gefordert. Noch immer landeten täglich in Minsk Flugzeuge aus Nordafrika und dem Nahen Osten mit Migranten, denen man die Weiterreise nach Europa versprochen habe, kritisierte Landsbergis. Belavia müsse sanktioniert werden, um auch andere Länder daran zu hindern, mit der Fluggesellschaft Geschäfte zu machen.
In Verhandlungen hinter den Kulissen hatte die EU in den letzten Tagen bereits mehrere Regierungen dazu bewegen können, Flüge nach Minsk auszusetzen. So gelangen laut Eu-angaben keine irakischen Ausreisewilligen mehr von Badgad nach Minsk. Auch andere Hauptstädte werden unter Androhung von Mittelkürzungen
und Sanktionen genötigt, die Praxis zu stoppen. Doch es warten noch immer viele Menschen an der Grenze.
Für Empörung hatte in den letzten Tagen die Nachricht gesorgt, dass irische Leasingfirmen Belavia mit Flugzeugen versorgen, die dann von Lukaschenko dafür eingesetzt werden, noch mehr Flüchtlinge ins Land zu holen und zur Weiterreise nach Europa zu ermutigen. Er missbrauche die Menschen als „Waffen“, sagte Landsbergis. Bundesaußenminister Maas antwortete gestern ausweichend auf die Frage, wann mit neuen Sanktionen zu rechnen sei und aus welchen Ländern die Ausreisewilligen nach Minsk geflogen würden. Er sagte lediglich: „Wir werden weiter Druck auf die Fluggesellschaften ausüben, die von unterschiedlichen Destinationen Menschen nach Minsk bringen. Wir sind uns einig, dass wir mit klaren Maßnahmen gegenhalten müssen.“Auch Irlands
Außenminister Simon Coveney zeigte sich offen für eine „neue Runde von Sanktionen. Man sollte aber unterscheiden zwischen möglichen künftigen Leasingverträgen irischer Unternehmen mit Belavia und bestehenden Verträgen“, so der irische Außenminister.
Es sei juristisch schwierig, aus bestehenden Verträgen auszusteigen. Genau das aber fordern Balten und Polen. „Es spottet jeder Beschreibung, dass Belavia noch immer auf geleaste Maschinen von europäischen Unternehmen zählen kann, um seine Form von Menschenhandel im Auftrag des mörderischen Minsker Regimes zu betreiben“, sagte gestern ein empörter, aber machtloser Eu-diplomat. Das Prozedere sieht vor, dass die Sanktionen zunächst in mehreren Ratsarbeitsgruppen und im Kreis der Ständigen Vertreter abgestimmt werden. Erst danach müssen die Außenminister zustimmen – und zwar einstimmig.