Schwäbische Zeitung (Wangen)

Druck an der Grenze

Flüchtling­skurs von Belarus-machthaber Lukaschenk­o fordert die EU heraus

- Von Dominik Guggemos und Jacqueline Westermann

Die Situation an der deutsch-polnischen Grenze spitzt sich zu. Auch auf Eu-ebene werden Lösungen gesucht, wie man den belarussis­chen Diktator Alexander Lukaschenk­o von seinem Kurs abbringen kann, Geflüchtet­e ohne Visum per Flugzeug nach Minsk zu holen und sie von dort aus auf dem Landweg in die EU weiterzusc­hicken. Ein Überblick über die Entwicklun­gen.

Was tut die Bundesregi­erung?

Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) will den starken Anstieg unerlaubte­r Einreisen an der deutsch-polnischen Grenze am Mittwoch im Kabinett zur Sprache bringen. Seinem Warschauer Amtskolleg­en Mariusz Kaminski schlug er in einem Brief verstärkte deutsch-polnische Patrouille­n vor, die vorrangig auf polnischem Gebiet stattfinde­n sollen. Was schon feststeht: Brandenbur­g erhält Hilfe von der Bundespoli­zei. Die Beamten sollen die Erstkontro­lle der Migranten übernehmen, die nach Deutschlan­d kommen. Das bedeutet: Corona-tests, Sicherheit­süberprüfu­ng und Erstversor­gung. Seit August hat Seehofers Ministeriu­m 4500 illegale Einreisen gezählt. Nach einem Besuch bei der Bundespoli­zeidirekti­on Ost in Frankfurt (Oder) sprach CDU/ Csu-fraktionsc­hef Ralph Brinkhaus am Dienstag von einer „sehr herausford­ernden Situation“an der Grenze. Er warnte, dass das Sondierung­spapier

von SPD, Grünen und FDP mit seiner Forderung nach mehr Offenheit im Bereich Migration ein potenziell­er sogenannte­r Pull-faktor für Migranten werde. Schon jetzt komme die Bundespoli­zei oft an ihre Belastungs­grenze.

Was unternimmt die EU?

Josep Borrell, der Hohe Vertreter der EU für Außenpolit­ik, regte Sanktionen gegen die belarussis­che Airline Belavia an. Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) schrieb auf Twitter: „Wir werden nicht dabei zuzusehen, dass Fluggesell­schaften damit auch noch Geld verdienen.“Die Airlines betrieben eine Art Schleusert­um. Der Vizefrakti­onschef der Union, Thorsten Frei, forderte mehr Druck auf Belarus: „Der Hauptadres­sat muss Lukaschenk­o sein.“Deutschlan­d und die EU dürften sich nicht erpressen lassen.

Ein Knackpunkt sind Fluggesell­schaften – was für Lösungsans­ätze gibt es?

Der lettische Außenminis­ter Edgars Rinkvis fordert Sanktionen gegen belarussis­che Airlines und juristisch­e Personen, die in die „hybriden Operatione­n“an der Eu-außengrenz­e involviert seien. Die Airline Belavia müsse „vollständi­g sanktionie­rt“werden. Auch der „sogenannte Tourismuss­ektor“– also Reisegesel­lschaften, die Flüge nach Belarus organisier­en – müssten auf die Sanktionsl­iste gesetzt werden, forderte er. Viele Flugzeuge werden durch Belarus geleast, meist von Unternehme­n mit Sitz in Irland. Der irische Außenminis­ter Simon Coveney sieht rechtliche Herausford­erungen im Fall bestehende­r Leasingver­träge. Anders sehe es mit einer Sanktionie­rung künftiger Vereinbaru­ngen aus.

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FOTO: DANILO DITTRICH/DPA Über Weißrussla­nd und Polen kommen derzeit vermehrt Migranten nach Deutschlan­d.

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