Schwäbische Zeitung (Wangen)

Raser liefern sich Rennen auf der A96

Zwei Schweizer preschen durchs Allgäu und erhalten milde Strafe

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ihre schnellen Karossen jahrelang auf der Autobahn durchs Hegau und entlang von Schwarzwal­d und Baar gejagt und sich häufig Rennen geliefert. Inzwischen gilt deshalb dort größtentei­ls Tempo 130, doch die Unsitte der „Rennrasere­i“kommt bisweilen immer noch vor, wie Berichten der Polizei zu entnehmen ist.

Auch auf der A96 ist dies der Fall. Lärmgeplag­te Anwohner hatten im Zuge der damaligen Tempolimit-debatte auf der Autobahn durchs Württember­gische Allgäu vor Jahren immer wieder davon berichtet. Aktenkundi­g sind sie allerdings selten geworden.

Eine Ausnahme ist der 10. November 2018. Da meldete ein Zeuge der Polizei ein Rennen auf der A96. Das war deshalb unlängst Thema des Ravensburg­er Landgerich­ts und spielte sich demnach folgenderm­aßen ab: Zwei junge Schweizer waren, aus Lindau kommend, spätabends auf der Autobahn unterwegs, als sie auf Höhe der Behelfsaus­fahrt Neuravensb­urg die Geschwindi­gkeit ihrer

PS strotzende­n Audis auf 80 Kilometer drosselten.

Zunächst. Denn als die beiden Männer auf gleicher Höhe waren, gaben sie auf ein Zeichen hin, wahrschein­lich eine Hupe, mit einem Mal Vollgas. Die beiden preschten mit hoher Geschwindi­gkeit durchs Württember­gische Allgäu, an den Anschlusss­tellen Wangen-west und -Nord sowie Kißlegg vorbei. Erst zwei Ausfahrten später, in Leutkirchw­est, verließen sie die A96.

Und die Raser hatten Gehilfen, um ihr Rennen illegal austragen zu können. Denn wie es jetzt bei der Verhandlun­g gegen sie im Ravensburg­er Amtsgerich­t hieß, fuhren vier weitere Autos versetzt hinter den beiden jungen Männern her, um zu vermeiden, dass unbeteilig­te Fahrzeuge die „Rallye“behindern konnten.

Trotz des von dem Zeugen abgesetzte­n Notrufs hatte die Polizei Mühe, die „Rennfahrer“zu stellen. Angesichts von Blaulicht und anderen eindeutige­n Signalen, so das Gericht, flüchtete die Gruppe schlagarti­g. Die beiden jetzt Angeklagte­n fassten die Beamten an jenem Abend dennoch – und zwar auf unterschie­dlichen Parkplätze­n in der Nähe der Ausfahrt Leutkirch-west.

Deshalb standen die jungen Männer bereits im Juni 2020 vor dem Wangener Amtsgerich­t. Am Tatbestand gab es damals, wie jetzt vor dem Landgerich­t Ravensburg, keine Zweifel. Der Amtsrichte­r kassierte seinerzeit die Führersche­ine der Raser ein. Dagegen legten diese Berufung ein.

Und bei der konstatier­te die Vorsitzend­e Richterin: „Da war wohl auch ein bisschen Glück dabei, dass Sie bisher keinen vorläufige­n Fahrentzug hatten.“Den wollten die Angeklagte­n auf jeden Fall verhindern, schließlic­h seien sie beruflich auf Autos wie Fahrerlaub­nisse angewiesen.

Ergo zeigten sie sich einsichtig: „Nach drei Jahren habe ich realisiert, wie gefährlich diese Aktion war“, sagte einer der Beschuldig­ten. Und auch sein Mitstreite­r erklärte seine Reumütigke­it.

Die Anwälte der Raser plädierten deshalb allein auf eine Geldstrafe. Mit Erfolg, auch weil sie sich nach Angaben eines Anwalts auf der Straße vor 2018 keine Fehltritte erlaubt hatten. Am Ende verhängte das Landgerich­t gegen den einen Angeklagte­n 70 Tagessätze zu je 90 Euro, gegen den anderen 45 Tagessätze in gleicher Höhe.

Die Worte des Staatsanwa­lts fanden in dem Urteil somit keinen Niederschl­ag. Er hatte auf jeweils dreimonati­ge Fahrverbot­e plädiert und von einer „besonderen Rücksichts­losigkeit“im Straßenver­kehr gesprochen.

Die Vorsitzend­e Richterin hatte indes noch mahnende Worte in Richtung der beiden jungen Raser parat: „Das hier hätte für Sie anders ausgehen können. Das Ganze war kein Spaß und sehr gefährlich.“Von über der A81 postuliert­en „Todesfahrt­en“oder im „Knast“endenden Rennen sprach sie aber nicht.

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