Schwäbische Zeitung (Wangen)

Hollywood: So fern – und doch so nah

Was der Ravensburg­er Ekrem Engizek in der Welt des Films schon erreicht hat

- Von Jochen Dedeleit

- Wer im Alter von sechs Jahren bereits mit Vaters Kamera die ersten Filme dreht und als Zwölfjähri­ger im Kinderzimm­er Musik produziert, den muss niemand fragen, was er später denn mal werden wolle. Der internatio­nal agierende Filmregiss­eur und Produzent Ekrem Engizek arbeitet von der Vier-länder-region aus an seinen Projekten, in denen Stars und Oscarpreis­träger wie James Franco, Cuba Gooding Jr., Sir Ben Kingsley, Danny Trejo und 50 Cent mitwirken. „Bei so einem Leben voller Trubel finde ich nur in der Heimat meine Ruhe. Für mich ist es mein Rückzugsor­t“, sagt Engizek. „Geboren bin ich zwar in Hamburg, aber größtentei­ls bin ich hier aufgewachs­en. Hier hat meine Geschichte begonnen, und von hier aus möchte ich die Geschichte­n erzählen.“

Ekrem Engizek feierte gerade seinen 33. Geburtstag, der Ravensburg­er ist aber nicht nur Filmregiss­eur, Produzent und Drehbuchau­tor, sondern engagiert sich zusätzlich für wohltätige Zwecke. Dabei agiert er als Organisato­r für branchenüb­ergreifend­e Veranstalt­ungen, die Prominenz und Medien aus der ganzen

Welt anziehen. Und sein Name prangt auf Filmplakat­en, die in den Lichtspiel­theatern wie der „Burg“oder dem „Frauentor“aushängen. Los Angeles, Cannes oder Berlin steuert Engizek nicht nur einmal im Jahr an, zeitweise ist er dort Stammgast.

„Es kommt immer wieder vor, dass mir ein Freund oder Bekannter aus irgendeine­r Stadt ein Foto von sich und einem Filmplakat schickt, auf dem Engizek-films steht.“So geschehen etwa bei „Blame – Verbotenes Verlangen“oder „My Big Crazy Italian Wedding“. Engizek zeigte früh die Liebe zur Kunst in seiner Affinität für die Musik. So drehte er nicht nur Musikvideo­s für diverse Künstler, sondern veranstalt­ete auch Konzerte wie das Open-airfestiva­l in Weingarten oder „Spotlight im Süden“mit Genrestars wie Kay One oder Massiv.

2009 erfolgte dann auch für Engizek der große Durchbruch in der Filmbranch­e, durch die Arbeit als Produzent des Kinospielf­ilms „Kopf oder Zahl“mit etlichen namhaften deutschen Schauspiel­ern. „Der Film mit Ralf Richter, Heinz Hoenig, Martin Semmelrogg­e und Claude Oliver Rudolph kam in allen deutschen Kinos gut an. Die Tür zur Filmwelt war damit geöffnet“, erinnert sich Engizek. „Regisseur Timo Joh. Mayer hatte sich damals schon in der Branche etabliert, er arbeitet nicht nur mit Universal America zusammen, sondern auch mit zahlreiche­n weiteren internatio­nalen Studios sowie Vertrieben und hatte exklusiv einen Zugang zur Hauptstadt des Films, Hollywood. Jetzt sind wir Geschäftsp­artner“, so der Oberschwab­e.

Durch einen Freund verschlug es Engizek auch als Finanzbera­ter nach Zürich. „Ich habe Unternehme­n an die Börse begleitet und mich hat dieses Wissen endgültig in der Filmbranch­e ankommen lassen. Als 27Jähriger habe ich Timo Joh. Mayer gefragt, ob wir das Ganze richtig groß machen wollen.“1,5 Millionen Euro hat der gebürtige Hamburger durch Partner in der Schweiz bei der Gründung von Engizek-films mit eingebrach­t, 2017 folgte schließlic­h die Gmbh. Sogleich wurden Events veranstalt­et, so etwa die After-showpartys im Rahmen der Berlinale, unter anderem im Hotel Adlon am Brandenbur­ger Tor. Engizek-films ist auch ein Mitgründer des Filmforums Zürich („Züricher Filmfestiv­al“). „In Berlin“, so wird der 33-Jährige deutlich, „habe ich auch die Mentalität der Schwaben, den Drang an oftmals falschen Ecken zu sparen, abgelegt und wurde so erfolgreic­her.“

30 Filme hat Ekrem Engizek mittlerwei­le herausgebr­acht, „finanziert und veröffentl­icht“, etwa „Come Back Or Die Tryin‘“mit 50 Cent oder „Life of a King“. Um einen Film zu finanziere­n, muss der Familienva­ter nicht unbedingt vor Ort sein. Dennoch ist der Ravensburg­er bei den

Filmmärkte­n in Amerika (AFM) und Europa (EFM) sowie den Filmfestsp­ielen in Cannes oder der Berlinale omnipräsen­t und trifft auf den dortigen roten Teppichen Weltstars wie Gerald Butler. Beim Drama „Koxa – Ein Film zum Reinziehen“von 2017 übernahm Engizek erstmals Regie, Kamera und Drehbuch, und bei zahlreiche­n Dokumentar­filmen wie „Haie – Monster der Medien“trat er als Regisseur auf. „The Big Dream“war die Fußball-doku auf der jüngsten Berlinale, und „Der weiße Massai-krieger“war 2020 eine der aufsehener­regendsten Dokus. Ab Mitte November gibt es die Tom-bradystory „Becoming the Goat“auf Bluray.

Ekrem Engizek hat zuletzt mit einem weiteren Geschäftsp­artner, Hans Fleisch, Charity-projekte unter dem Namen „We are the world“ins Leben gerufen. „Die Einnahmen werden zu 100 Prozent gespendet, eine Gala fand auch bei der Berlinale statt“, sagt der Filmregiss­eur. Stargäste waren schon die Boxer Arthur Abraham und Marco Huck sowie Dieter Hallervord­en, Erdal Yildiz und Culcha Candela. „Ich will auch noch eine Medienschu­le gründen, ,We are Academy‘. Denn ich lebe auf dieser Welt, und ich sehe mich als

Weltbürger. Nicht als Türke, nicht als Deutscher. Wenn zwei sich streiten, nein, dann sollte sich nicht der Dritte freuen. Sondern man sollte sich vertragen. Das ist schwer, aber eine Lösung“, meint der Ravensburg­er, der mit noch einer Aussage überrascht.

„Der erste Film war ein Traum, schließlic­h dann Tagesgesch­äft. Und nein, ich träume nicht von einem Oscar. Aber natürlich würde ich ihn annehmen. Wenn du bedenkst, dass ein so hochdekori­erter Film wie ,Avatar’ um die 300 Millionen Dollar kostet, dann musst du dich demzufolge in diesen Regionen bewegen, wenn du abräumen willst. Aber ich traue es mir zu, einen Film für 400 Millionen zu machen. Im Endeffekt geht es ums Geld“, weiß der 33-Jährige. Und er weiß freilich auch, dass „viele Filme floppen. Vielleicht acht von zehn. Ein Elyas M’barek funktionie­rt in der Türkei nicht. Und darum sage ich auch, nicht Ravensburg goes to Hollywood, sondern Hollywood ist auch in Ravensburg. Manchmal ist die Welt deiner Träume näher als gedacht. Zieht dich diese Welt des Films einmal in den Bann, lässt sie dich nicht mehr los – aber natürlich möchtest du das auch nicht.“

 ?? FOTO: JOCHEN DEDELEIT ?? Engizek dort, wo er sich am liebsten aufhält: in einem Lichtspiel­haus, hier in der "Burg".
FOTO: JOCHEN DEDELEIT Engizek dort, wo er sich am liebsten aufhält: in einem Lichtspiel­haus, hier in der "Burg".

Newspapers in German

Newspapers from Germany