Ex-polizist verfällt Goldrausch
Was über zwielichtige Goldjäger bekannt ist, die 2020 bei Pfronten gruben
- Die Schlagzeile klang spektakulär: „Raubgräber suchen nach dem Gold der SS.“So titelten Zeitungen aus ganz Deutschland, als Kriminelle vor anderthalb Jahren an Deutschlands höchster Burgruine am Falkenstein in Pfronten (Kreis Ostallgäu) beinahe ein Unglück heraufbeschworen hätten. Mit einem 20 Tonnen schweren Bagger wühlten sie sich in alpinem Terrain durch Fels und Geröll. Als sie nicht mehr weiterkamen, ergriffen sie die Flucht. Die Baumaschine ließen sie in stark absturzgefährdeter Lage zurück. Und das alles offenbar deshalb, weil die Männer dem Goldrausch verfallen waren.
Jetzt hat die Polizei der Allgäuer Zeitung einen exklusiven Einblick in ihre Ermittlungen gestattet. Die Spur führte die Beamten zu einem 63-jährigen Mann im fränkischen Aschaffenburg. Pikant: Dabei handelte es sich um einen Ex-polizeibeamten. Dieser hatte den Bagger, wie er aussagte, nur geliehen, weil er gute Kontakte hatte, und um ihn weiter zu verleihen. Was danach damit geschah, davon wisse er nichts, beteuerte der 63-Jährige.
Wenig glaubhaft fanden das Thomas Zeidler und seine Kollegen von der Polizeistation in Pfronten. Sie ermittelten weiter. Nicht zuletzt, weil sie Informationen hatten, dass der Franke einer Szene von Schatzsuchern angehört, die schon öfter im Allgäu in Erscheinung trat. Als ihn seine ehemaligen Kollegen nochmals in die Mangel nahmen, gab der 63-Jährige schließlich einen Namen preis. „Er behauptete, der Bagger sei von einem 40-jährigen Kroaten gefahren worden“, sagt Zeidler. Die Staatsanwaltschaft hat dessen Personalien inzwischen zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben. „Er ist mutmaßlich in seiner Heimat untergetaucht, genauso wie zwei weitere potenzielle Mittäter, die ebenso aus Osteuropa stammen“, sagt Zeidler. Der Tatvorwurf lautet auf Verstöße gegen das Naturschutzgesetz sowie Sachbeschädigung.
Das Problem: „Es gibt praktisch keine Zeugen“, sagt Zeidler. Deswegen habe die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den Ex-polizisten einstellen müssen – aus Mangel an Beweisen. Schuldig blieb der 63Jährige auch seine Beweggründe. Denn warum sollte jemand ohne
Baggerführerschein diese Baumaschine mieten? Und das 20-Tonnengerät dann auch noch an einen Kroaten weiterverleihen, der damit ins fast 400 Kilometer entfernte Allgäu fährt? Zeidler ist sich sicher: „Die müssen irgendwelche Hinweise gehabt haben, womöglich waren sie sogar im Besitz einer Schatzkarte oder etwas Ähnlichem.“Preisgeben wollte den Hintergrund der Aktion freilich keiner der Vernommenen. Das Vorgehen der Osteuropäer, wie es sich nach den Ermittlungen darstellt, beschreibt der erfahrene Polizeibeamte als „absolut dreist“. Denn obwohl es keine Zeugen gibt, lässt sich der Tathergang inzwischen ziemlich genau rekonstruieren. Demnach kamen die Männer mit einem Tieflader und einem Wohnmobil ins Allgäu. Dort übernachteten sie mehrere Tage unterhalb der Burgruine, die auf 1268 Metern liegt. Drei oder vier Tage lang arbeiteten sich die Männer mit dem Bagger ausgehend von einem Forstweg den Berg hinauf, schafften mehrere hundert Kubikmeter Erde und Geröll weg. Dann gelangten sie zu einer steilen Stelle, an der auch heute noch liegen gelassene Spaten und Spitzhacken davon zeugen, dass schon öfter Schatzsucher dort unterwegs waren.
„Die Pfrontener haben das anfangs jedoch für Forstwegearbeiten gehalten“, sagt Zeidler. Wie die Polizei inzwischen weiß, brachten sich die Täter bei der Aktion in Lebensgefahr. Denn der 20-Tonnen-bagger drohte im bis zu 35 Grad steilen Gelände umzukippen. „Als die Männer nicht mehr weiterwussten, haben sie es offenbar mit der Angst zu tun bekommen und bei der Firma angerufen, die den Bagger verliehen hatte“, sagt Zeidler. Diese schickte einen Mitarbeiter ins Allgäu.
Die Täter waren da schon geflüchtet. Der Fachmann bugsierte die Maschine dann zurück bis ans Ende eines Forstwegs. Erst dann flog die Sache auf. Denn ein Pfrontener Landwirt sagte sich: „So schlecht kann bei uns keiner einen Forstweg bauen.“Er erstattete Anzeige. Die Polizei kam damit erst ins Spiel, als praktisch schon alles vorbei war. Inzwischen, sagt Zeidler, sei Gras über die Sache gewachsen. Bislang sei kein Goldjäger mehr aufgetaucht. Jedoch glaubt auch der Polizist, dass die Legende vom Schatz am Falkenstein nicht auszurotten sein wird. Der Mythos lebt weiter.