Kretschmann hält die Hand über seinen Vize
Der grüne Ministerpräsident rückt nicht von Cdu-innenminister Strobl ab – Rückendeckung kommt auch aus Berlin
- Baden-württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann versucht, in der Affäre um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens Druck von seinem Innenminister Thomas Strobl zu nehmen. Der Grüne sagte am Dienstag in Stuttgart, der Cdu-politiker genieße trotz der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sein „volles Vertrauen“. Die Erklärung des Ministers, warum er das Schreiben weitergeleitet hat, sei „plausibel“und „glaubwürdig“.
Darüber hinaus wollte sich Kretschmann nicht weiter zu den laufenden Ermittlungen äußern. „Der Ball liegt da jetzt nicht in meinem Spielfeld, sondern im Feld der Justiz.“Bis das Verfahren abgeschlossen sei, bleibe alles wie bisher. Es gelte die Unschuldsvermutung. „Der Minister kann soweit seine Geschäfte vollumfänglich wahrnehmen.“
Kretschmann betonte: „Minister Strobl ist mir nicht dadurch aufgefallen, dass er eine unkorrekte Amtsführung hat.“Über die Jahre hinweg habe sich ein „solides und belastbares Vertrauensverhältnis“entwickelt. Ob das Verfahren gegen Strobl Auswirkungen auf die grün-schwarze Koalition habe, hänge von dessen Ausgang ab.
Auch die Cdu-bundestagsabgeordneten aus dem Südwesten haben sich am Dienstag demonstrativ zu Strobl bekannt. „Wir vertrauen Thomas
Strobl und er hat die volle Unterstützung der Cdu-landesgruppe Baden-württemberg im Bundestag“, teilt Landesgruppenchef Andreas Jung mit. Die Landesgruppe hatte sich in einer regulären Sitzung am Montagabend auch mit der Causa Strobl befasst. „Als Innenminister steht er für die Stärkung der Inneren Sicherheit in Baden-württemberg“, erklärt Jung, der Strobl als Vize-vorsitzender der CDU Deutschlands beerbt hat.
Seit einer knappen Woche ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen Strobl, weil dieser ein möglicherweise vertrauliches Dokument einem Journalisten durchgestochen hat. Es handelt sich um ein Anwaltsschreiben des suspendierten Polizeiinspekteurs. Gegen diesen ermittelt die Staatsanwaltschaft seit November wegen möglicher sexueller Belästigung. „Thomas Strobl hat im Hinblick auf die Ermittlungen der dafür zuständigen Staatsanwaltschaft ausgeführt, dass die Weitergabe des Anwaltsschreibens strafrechtlich nicht relevant sei“, betont nun auch Jung. „Dafür gibt es juristisch überzeugende Argumente.“
Am Mittwoch ist Strobl auch Thema im Landtag. Im Vorfeld gab es Streit über den Titel der Debatte. Die von der FDP beantragte Aussprache soll nun folgendermaßen heißen:
„Verdacht der Veröffentlichung von Dienstgeheimnissen – Wer kann dem Dienstherrn Strobl noch trauen?“Ursprünglich sollte die Debatte nach dem Willen der FDP lauten: „Verrat von oben – wer kann dem Dienstherrn Strobl noch trauen?“. Das hatte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) abgelehnt und erklärt, es sei lange Parlamentspraxis, dass bei solchen Debatten-titeln „schwere persönliche Vorwürfe unzulässig sind“. Die FDP zeigte sich verärgert über die Abschwächung des Titels.
Die Anklagebehörde ermittelt gegen einen Journalisten, den Minister und einen seiner Mitarbeiter wegen des Verdachts verbotener Mitteilung über Gerichtsverhandlungen. Der Reporter wird verdächtigt, aus amtlichen Dokumenten eines laufenden Verfahrens zitiert zu haben. Strobl selbst oder ein Mitarbeiter auf Strobls Geheiß wiederum soll ihn dazu angestiftet haben.
Inzwischen stellte die Staatsanwaltschaft klar, dass sie nicht wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen ermitteln wird. Die Opposition aus SPD und FDP hatte das Staatsministerium aufgefordert, anstelle des Innenministeriums die Anklagebehörde für solche Ermittlungen zu ermächtigen. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart erklärte nun: „In diesem Fall ist nach dem Gesetz für die Erteilung der Strafverfolgungsermächtigung das Innenministerium zuständig.“