Deutschland profitiert von ausländischen Pflegekräften
Sachverständigenrat für Migration will Einwanderung von medizinischem Personal erleichtern
- Viele Arbeitsplätze in hiesigen Altenheimen und Krankenhäusern sind nicht besetzt. Um dringend benötigte Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte einzustellen, spricht sich Petra Bendel für mehr Einwanderung aus. „Die Zugangsmöglichkeiten müssen vereinfacht werden“, weil „der Bedarf an Fachkräften weiter steigt“, sagte die Politik-professorin und Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR).
Das Expertengremium, das unter anderem die Bundesregierung berät, legte am Dienstag sein Jahresgutachten vor. Darin geht es schwerpunktmäßig um den Zusammenhang von Einwanderung und Gesundheitsversorgung in Deutschland.
Gut ein Fünftel der Beschäftigten im hiesigen Gesundheitssystem haben mittlerweile Migrationshintergrund – sie selbst oder ihre Eltern sind eingewandert. Das sind etwa 940 000 von insgesamt 4,2 Millionen Erwerbstätigen. Unter den Ärztinnen und Ärzten beträgt der Anteil der Zugewanderten mehr als ein Viertel. Diese Zahlen sind in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen, was unter anderem mit der Flucht aus Syrien ab 2015 zu tun hat.
Neben diesem Land kommen viele Ärzte aus Rumänien, Griechenland,
Russland und Österreich. Für Pflegekräfte sind die wichtigsten Herkunftsländer Polen, Türkei, Kasachstan, Russland und Bosnien. Auch die Ukraine liegt bisher schon in der Spitzengruppe.
Zwar gibt es mittlerweile ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das die Immigration gerade in die Berufe fördern soll, in denen hier Bewerbermangel herrscht. Trotzdem sind die Wege von außen nach innen immer noch mit vielen Hürden verstellt. Eine typisch deutsche bildet die Anerkennung der Gleichwertigkeit ausländischer Bildungsabschlüsse mit hiesigen Ausbildungen und Studiengängen. Fast alle Medizin-professionen gehören zu diesen reglementierten Berufen.
Auf Zuwanderer wartet deshalb meist ein Behörden-marathon durch die Ämter der zuständigen Bundesländer. Hier, so fordert der Sachverständigenrat, solle man ordentlich aufräumen. „Die Verfahren dauern teilweise zu lang“, sagte SVR-VIZE Daniel Thym, „die Prozesse müssen beschleunigt werden.“Das Gremium macht Vorschläge:
Beispielsweise ließe sich eine bundesweite Zentralstelle einrichten, um die Anerkennungsverfahren zu bündeln. Oder die Länder spezialisieren sich jeweils auf eine Berufsgruppe, damit es dann schneller geht. Jedenfalls sei ein „Effizienzund Transparenz-schub“nötig, sagte Bendel.
Wie aber sieht es mit dem Vorwurf aus, das reiche Deutschland schade anderen, ärmeren Ländern, wenn es ihnen die dort ausgebildeten Medizin-fachkräfte wegnehme? Ja, heißt es beim SVR, das könne ein Problem darstellen. Ein besonders schlechtes Beispiel sei Rumänien. Dort herrsche Ärztemangel, während hierzulande Zehntausende rumänische Mediziner arbeiteten.
Dennoch existieren auch positive Beispiele. Die Philippinen etwa würden mehr Pflegekräfte ausbilden, als sie selbst brauchen. Der Staat profitiere von den Rücküberweisungen der Beschäftigten aus dem Ausland.
Sinnvoll könne es außerdem sein, wenn Deutschland die Ausbildung hier benötigten Personals in anderen Ländern mitfinanziere, erläuterte Svr-vorsitzende Bendel. Wobei grundsätzlich klar sein müsse: „Zuwanderung alleine kann die strukturellen Fachkräftemangel im Gesundheitswesen nicht lösen.“