Bleibendes Restrisiko
Zahl der Photovoltaikanlagen mit Batterien steigt – Nutzer sorgen sich wegen der Brandgefahr der Akkus
- Ein lauter Knall, eine heftige Druckwelle: Anfang März hat eine Explosion ein Wohnhaus in Bodnegg (Landkreis Ravensburg) zerstört. Fenster und Türen wurden nach außen gedrückt, der Dachstuhl angehoben. Ein ähnlicher Fall am Wochenende in Althengstett (Landkreis Calw): Kurz bevor die Feuerwehr wegen Rauchentwicklung ein Einfamilienhaus betritt, zerbersten Kellerfenster, Kellertüren und Hauspforte. Der Grund ist jeweils der derselbe: die Explosion eines zur einer Photovoltaikanlage gehörenden Batteriespeichers.
Auch wenn es in beiden Fällen zu gefährlichen Situation gekommen ist, in denen keine Menschen schwerer verletzt worden sind, explodieren die kühlschrankgroßen Akkus nach Einschätzungen von Experten in der Regel sehr selten. In einem Projekt für das Bundeswirtschaftsministerium hat das Fraunhofer-institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg im Jahr 2018 die Zahl der eingebauten Batteriespeicher in Beziehung zu den gemeldeten Brand- und Explosionsfällen gesetzt und kam zu dem Schluss, dass „nur sehr wenige Brandfälle bekannt“und „Systeme mit gravierenden Mängeln vom Markt verschwunden“sind. Zudem minimierten entsprechende Standards in der Herstellung die Gefahren weiter.
Klar ist aber auch: Die Verkaufszahlen steigen – und damit die Gefahr von Bränden. Inzwischen sind deutschlandweit laut dem Bundesverband Energiespeicher Systeme über eine halbe Million Heimspeicher einbaut – 70 000 davon seien im ersten Quartal 2022 dazu gekommen. In Baden-württemberg könnte der Zuwachs im Lauf des Jahres noch größer werden: Seit einigen Tagen sind hier Pv-anlagen auf neugebauten Wohnhäusern Pflicht.
Kommt es zu einem Brand oder zu einer Explosion, stehen die Feuerwehren vor einer schwierigen Aufgabe. Bei dem Brand in Bodnegg im März rückten 30 Feuerwehrleute aus. „Wir merken natürlich die Veränderung, dass die Leute den gewonnenen Strom nicht mehr einspeisen, sondern speichern wollen. Die Anzahl der Anlagen nimmt zu“, sagt Landesbrandinspektor Thomas Egelhaaf im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Vor zehn oder fünfzehn Jahren gab es solche Speicher aber nur in abgelegenen Berghütten“, erinnert sich Badenwürttembergs oberster Feuerwehrmann. „Die Herausforderung ist: Wenn so ein Akku in Brand gerät, öffnen sich die Zellen durch Hitze und die chemischen Stoffe darin werden unter großem Druck rausgeblasen.“
Die Speicher seien nur schwer zu löschen, die Feuerwehr kühle sie in der Regel zeitintensiv mit viel Wasser ab, um den Brand zu stoppen. „Man muss auch darauf achten, dass es nicht zum Spannungsüberschlag über den Wasserstrahl kommt“, sagt Egelhaaf weiter. Vom Handstaubsauger über das ferngesteuerte Auto bis zum Akku-rasenmäher kennt die Feuerwehr die Phänomene, die bei Akku-bränden auftreten. „Bei Stromspeichern ist es natürlich problematischer, weil es deutlich mehr Energie ist“, sagt der Landesbrandinspektor. Die stationär verbauten Akkus seien dabei aber erfahrungsgemäß von höherer Qualität. „Außerdem sind sie besser geschützt als ein E-bike-akku, der gern mal runterfällt.“Das kann bei einem im
Keller verbauten Großakku nicht passieren.
Der Technischer Überwachungsverein (TÜV) rät, beim Kauf eines Speichers auf die Zertifizierung zu achten. Gewisse Standards in puncto Sicherheit setzt etwa der Sicherheitsleitfaden für Lithium-ionen-hausspeicher fest, den verschiedene Branchenverbände zusammen herausgegeben haben. Darin sind sämtliche Gefahrenquellen, wie etwa interne oder externe Kurzschlüsse aber auch die Auswahl und Verarbeitung der Zellen, definiert. Und es ist festgehalten, wie man sie umgehen soll.
„Heute kommen vor allem Lithium-ionen-akkus zum Einsatz“, sagt Stephan Lux vom ISE in Freiburg. Gewisse Gefahren bestehen nach Angaben des Forschers immer. „Das sieht man, wenn zum Beispiel Branchengrößen
wie Samsung mit ihren Handys Probleme haben.“Entsprechende Probleme könne es auch mit Heimspeichern geben. Einen entscheidenden Unterschied zu anderen Haushaltsgeräten gibt es aber: Lithium-ionen-akkus enthalten brennbare chemische Verbindungen. „Darum können hier solche Ereignisse stärkere Auswirkungen haben“, erklärt Lux. „Bei den Speichern gibt es aber Standards und Regelwerke, die Gefahren beurteilen und den Herstellern extrem viel abverlangen. Das ist auch gut so.“Zu den Ursachen von Bränden oder Explosionen bei den Akkus stellt der Ingenieur fest: „Es gibt Fehler, die schwer abzufangen sind.“Bei der Material- oder Verarbeitungsqualität sei das beispielsweise der Fall. „Wenn dort
Ausreißer, Fehler in der Zelle, sind, ist das schwierig zu händeln.“Ein Restrisiko bleibt also immer.
Im Gegensatz zu Lithium-ionen-akkus werden Batterien auf Lithium-eisenphosphat-basis als sicherer, günstiger und umweltfreundlicher beworben. Auch der Eauto-konzern Tesla setzt auf diese Technologie, genauso wie einige europäische Autohersteller. „Die Spannung ist geringer, deshalb haben sie grundsätzlich das Potenzial eine längere Lebensdauer zu haben“, sagt Lux. „Durch die geringere Energiedichte zersetzt sich der Elektrolyt nicht so stark.“Ist der Eisenphosphat-akku per se sicherer? „So einfach würde ich es mir nicht machen“, sagt der Forscher, denn: „Die Variation innerhalb der Zellen ist so groß, dass ich das nicht unterschreiben kann.“Einen brennbaren Elektrolyten brauchen beide Versionen des Speichers.