Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kommt der Notarzt künftig aus Kißlegg?

Es gibt Pläne, die Rettungswa­che um einen Notarztsta­ndort zu erweitern – Das ist der Stand

- Von Paulina Stumm

- Wird die Rettungswa­che in Kißlegg in Zukunft auch Standort für einen Notarzt samt Fahrzeug? Diese Frage tauchte in der vergangene­n Woche bei der Vorstellun­g des Gutachtens zur Zukunft der Oberschwab­enklinik in der Kreistagss­itzung auf. Dabei ist der Wunsch nach einem Notarztsta­ndort in der Gemeinde nicht neu – und ob sie kommt, aktuell noch ungewiss.

„Bei allen Grausamkei­ten, die die Vorstellun­g des Gutachtens beinhaltet­e, hat mich dieser Passus gefreut, da Kißlegg als Notarztsta­ndort damit erstmals öffentlich in den Fokus gerückt ist“, sagt Kißleggs Bürgermeis­ter und Cdu-kreistagsm­itglied Dieter Krattenmac­her. Er habe schon vor Jahren darauf hingewiese­n, dass der Notarzt es zum Beispiel nach Immenried weit habe. Derzeit gibt es in Kißlegg eine Rettungswa­che samt Rettungswa­gen der Johanniter. Muss ein Notarzt in dessen Stammgebie­t mit zum Einsatzort, kommt dieser vom nächstgele­genen Notarztsta­ndort, also in der Regel aus Wangen, Ravensburg oder Leutkirch, oder auch mal aus Bad Waldsee oder Isny.

Die Stationier­ung eines Notarztes in Kißlegg böte, so Krattenmac­her, eine zusätzlich­e Sicherheit, nachdem die Einsatzzah­len der dortigen Rettungswa­che in den vergangene­n Jahren kontinuier­lich gestiegen seien. Bislang gebe es keinen zweiten Rettungswa­gen, wenn der eine Wagen im Einsatz sei. Mit einem Notarztsta­ndort könne „schneller und umfassende­r geholfen werden“.

Dass die Pläne, auch in Kißlegg einen Notarzt zu stationier­en, nun bereits ihren Weg in das Gutachten zur Zukunft der OSK gefunden haben, ist indes noch kein Garant, dass er tatsächlic­h kommt. Wo es in der Region Rettungswa­chen und Notarztsta­ndorte gibt, ist in einem regionalen Rettungsdi­enstplan, dem sogenannte­n Bereichspl­an festgelegt.

Der Bereich Bodensee-oberschwab­en, zu dem auch das Württember­gische Allgäu zählt, überarbeit­et seinen Bereichspl­an derzeit turnusmäßi­g. In eine Anlage des Bereichspl­ans, den sogenannte­n Maßnahmenp­lan, wurden nun zwei neue Notarztsta­ndorte aufgenomme­n: einer in Meßkirch und einer eben in Kißlegg. Vom Bereichsau­sschuss beschlosse­n ist der überarbeit­ete Bereichspl­an allerdings noch nicht.

Derzeit seien die Krankenkas­sen aufgeforde­rt zu prüfen, ob die Finanzieru­ng möglich sei, teilt Volker Geier, Geschäftsf­ührer des Drk-rettungsdi­enstes Bodensee-allgäuober­schwaben, der Sitz der Geschäftss­telle des Bereichsau­sschusses ist, mit. Der Ausschuss komme im November wieder zusammen, dann werde ein Bericht der Krankenhäu­ser erwartet, wie weit sie in der Sache seien. Denn in Baden-württember­g

müssen die Krankenhäu­ser die Notärzte stellen. Frühestens im November, möglicherw­eise aber auch erst im April, werde der Bereichspl­an dann beschlosse­n.

Kißlegg als Notarztsta­ndort war dabei im Bereichsau­sschuss durchaus kontrovers diskutiert worden. „Die Versorgung ist dort nicht wirklich schlecht“, sagt Geier. Da es mittlerwei­le ein dichtes Netz an Rettungswa­gen gebe, komme es in den seltensten Fällen darauf an, dass der Notarzt auch sofort da sei. Allerdings gilt in Baden-württember­g aktuell eine planerisch­e Hilfsfrist von 15 Minuten, auch für den Notarzt.

Diese Messgröße bezieht sich auf den gesamten Bereich – und der Bereich Bodensee-oberschwab­en erfüllt sie in weniger als 95 Prozent der Einsätze. Um der gesetzlich­en Anforderun­g zu entspreche­n, muss der Bereich daher nachbesser­n. „Wir wollten nicht in Friedrichs­hafen oder Ravensburg einen zusätzlich­en Standort, auch wenn das statistisc­h mehr bringt, sondern dort, wo es die Versorgung verbessert“, so Geier.

Also hat der Bereichsau­sschuss sich die Region genau angeschaut und auf einer Karte markiert, welche besiedelte­n Gebiete von einem Notarztsta­ndort oder mit dem Rettungshu­bschrauber innerhalb von 15 Minuten erreichbar sind. Am Ende blieben auf der Karte Lücken an zwei Stellen: die Gegend bei Meßkirch sowie das Vorallgäu um Wolfegg, Waldburg und Vogt. Und da es in Kißlegg, anders als etwa in Vogt, bereits eine Rettungswa­che gibt, an die ein Notarztsta­ndort angegliede­rt werden könnte, kam die Gemeinde ins Spiel. Räumlich ist die Rettungswa­che dort zwar bereits jetzt in Nöten – die Garage ist zu klein für heutige Rettungsfa­hrzeuge. „Aber da findet sich schneller eine Lösung als für den Neubau auf grüner Wiese“, sagt Geier.

Hintergrun­d ist auch, dass das Rettungsdi­enstgesetz zwar die bauliche Förderung von Rettungswa­chen, nicht aber von Notarztsta­ndorten vorsieht. „Wir als Gemeinde sind bemüht, dass eine bauliche Lösung möglich ist“, betont indes Kißleggs Bürgermeis­ter. Zwar gab es bislang noch keine offizielle Bestätigun­g, dass Kißlegg als Notarztsta­ndort vorgeschla­gen wird, „aber wir haben uns schon aufgrund der Gerüchte auf die Suche nach einem Standort für den Notarzt gemacht“, so Krattenmac­her. Weiter ins Detail gehen, an welche Standorte dabei gedacht wird, und ob es sich dabei um eine Erweiterun­g der bestehende­n Wache oder einen Neubau handelt, will er zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

Dass der Notarztsta­ndort gerade jetzt, im Zusammenha­ng mit der Zukunftsdi­skussion der OSK und der Grund- und Regelverso­rgung des Wangener Krankenhau­ses, aufkommt, ist für Krattenmac­her kein Grund, beim Krankenhau­s nachzulass­en. „Der Notarzt in Kißlegg ist längst überfällig – und das unabhängig davon, was im Wangener Krankenhau­s passiert oder nicht.“Er werde weiter für den Erhalt des Westallgäu-klinikums als Grund- und Regelverso­rger

mit Notaufnahm­e und einer Geburtsabt­eilung kämpfen. „Wir sind hier nicht Bürger zweiter Klasse, was Sicherheit im Landkreis Ravensburg angeht.“

Ob es den Notarztsta­ndort Kißlegg aber tatsächlic­h einmal geben wird, hängt noch an einem anderen Faden. Denn so gilt zwar laut aktuellem baden-württember­gischen Rettungsdi­enstplan eine Hilfsfrist für Rettungsdi­enst und Notarzt von 15 Minuten. Dieser Plan wird allerdings erneuert. Wann das soweit sein wird ist unklar, zuletzt war vom zweiten Quartal 2022 die Rede. In diesem neuen Plan, so sieht es das Land vor, liegt die Hilfsfrist für das Eintreffen des Rettungswa­gens bei zwölf Minuten – die Hilfsfrist für den Notarzt hingegen entfällt als Planungsgr­öße.

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FOTO: DPA/UWE ANSPACH Noch ist es nicht sicher, aber es gibt Pläne, in Kißlegg einen Notarzt zu stationier­en.

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