Kommt der Notarzt künftig aus Kißlegg?
Es gibt Pläne, die Rettungswache um einen Notarztstandort zu erweitern – Das ist der Stand
- Wird die Rettungswache in Kißlegg in Zukunft auch Standort für einen Notarzt samt Fahrzeug? Diese Frage tauchte in der vergangenen Woche bei der Vorstellung des Gutachtens zur Zukunft der Oberschwabenklinik in der Kreistagssitzung auf. Dabei ist der Wunsch nach einem Notarztstandort in der Gemeinde nicht neu – und ob sie kommt, aktuell noch ungewiss.
„Bei allen Grausamkeiten, die die Vorstellung des Gutachtens beinhaltete, hat mich dieser Passus gefreut, da Kißlegg als Notarztstandort damit erstmals öffentlich in den Fokus gerückt ist“, sagt Kißleggs Bürgermeister und Cdu-kreistagsmitglied Dieter Krattenmacher. Er habe schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass der Notarzt es zum Beispiel nach Immenried weit habe. Derzeit gibt es in Kißlegg eine Rettungswache samt Rettungswagen der Johanniter. Muss ein Notarzt in dessen Stammgebiet mit zum Einsatzort, kommt dieser vom nächstgelegenen Notarztstandort, also in der Regel aus Wangen, Ravensburg oder Leutkirch, oder auch mal aus Bad Waldsee oder Isny.
Die Stationierung eines Notarztes in Kißlegg böte, so Krattenmacher, eine zusätzliche Sicherheit, nachdem die Einsatzzahlen der dortigen Rettungswache in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen seien. Bislang gebe es keinen zweiten Rettungswagen, wenn der eine Wagen im Einsatz sei. Mit einem Notarztstandort könne „schneller und umfassender geholfen werden“.
Dass die Pläne, auch in Kißlegg einen Notarzt zu stationieren, nun bereits ihren Weg in das Gutachten zur Zukunft der OSK gefunden haben, ist indes noch kein Garant, dass er tatsächlich kommt. Wo es in der Region Rettungswachen und Notarztstandorte gibt, ist in einem regionalen Rettungsdienstplan, dem sogenannten Bereichsplan festgelegt.
Der Bereich Bodensee-oberschwaben, zu dem auch das Württembergische Allgäu zählt, überarbeitet seinen Bereichsplan derzeit turnusmäßig. In eine Anlage des Bereichsplans, den sogenannten Maßnahmenplan, wurden nun zwei neue Notarztstandorte aufgenommen: einer in Meßkirch und einer eben in Kißlegg. Vom Bereichsausschuss beschlossen ist der überarbeitete Bereichsplan allerdings noch nicht.
Derzeit seien die Krankenkassen aufgefordert zu prüfen, ob die Finanzierung möglich sei, teilt Volker Geier, Geschäftsführer des Drk-rettungsdienstes Bodensee-allgäuoberschwaben, der Sitz der Geschäftsstelle des Bereichsausschusses ist, mit. Der Ausschuss komme im November wieder zusammen, dann werde ein Bericht der Krankenhäuser erwartet, wie weit sie in der Sache seien. Denn in Baden-württemberg
müssen die Krankenhäuser die Notärzte stellen. Frühestens im November, möglicherweise aber auch erst im April, werde der Bereichsplan dann beschlossen.
Kißlegg als Notarztstandort war dabei im Bereichsausschuss durchaus kontrovers diskutiert worden. „Die Versorgung ist dort nicht wirklich schlecht“, sagt Geier. Da es mittlerweile ein dichtes Netz an Rettungswagen gebe, komme es in den seltensten Fällen darauf an, dass der Notarzt auch sofort da sei. Allerdings gilt in Baden-württemberg aktuell eine planerische Hilfsfrist von 15 Minuten, auch für den Notarzt.
Diese Messgröße bezieht sich auf den gesamten Bereich – und der Bereich Bodensee-oberschwaben erfüllt sie in weniger als 95 Prozent der Einsätze. Um der gesetzlichen Anforderung zu entsprechen, muss der Bereich daher nachbessern. „Wir wollten nicht in Friedrichshafen oder Ravensburg einen zusätzlichen Standort, auch wenn das statistisch mehr bringt, sondern dort, wo es die Versorgung verbessert“, so Geier.
Also hat der Bereichsausschuss sich die Region genau angeschaut und auf einer Karte markiert, welche besiedelten Gebiete von einem Notarztstandort oder mit dem Rettungshubschrauber innerhalb von 15 Minuten erreichbar sind. Am Ende blieben auf der Karte Lücken an zwei Stellen: die Gegend bei Meßkirch sowie das Vorallgäu um Wolfegg, Waldburg und Vogt. Und da es in Kißlegg, anders als etwa in Vogt, bereits eine Rettungswache gibt, an die ein Notarztstandort angegliedert werden könnte, kam die Gemeinde ins Spiel. Räumlich ist die Rettungswache dort zwar bereits jetzt in Nöten – die Garage ist zu klein für heutige Rettungsfahrzeuge. „Aber da findet sich schneller eine Lösung als für den Neubau auf grüner Wiese“, sagt Geier.
Hintergrund ist auch, dass das Rettungsdienstgesetz zwar die bauliche Förderung von Rettungswachen, nicht aber von Notarztstandorten vorsieht. „Wir als Gemeinde sind bemüht, dass eine bauliche Lösung möglich ist“, betont indes Kißleggs Bürgermeister. Zwar gab es bislang noch keine offizielle Bestätigung, dass Kißlegg als Notarztstandort vorgeschlagen wird, „aber wir haben uns schon aufgrund der Gerüchte auf die Suche nach einem Standort für den Notarzt gemacht“, so Krattenmacher. Weiter ins Detail gehen, an welche Standorte dabei gedacht wird, und ob es sich dabei um eine Erweiterung der bestehenden Wache oder einen Neubau handelt, will er zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Dass der Notarztstandort gerade jetzt, im Zusammenhang mit der Zukunftsdiskussion der OSK und der Grund- und Regelversorgung des Wangener Krankenhauses, aufkommt, ist für Krattenmacher kein Grund, beim Krankenhaus nachzulassen. „Der Notarzt in Kißlegg ist längst überfällig – und das unabhängig davon, was im Wangener Krankenhaus passiert oder nicht.“Er werde weiter für den Erhalt des Westallgäu-klinikums als Grund- und Regelversorger
mit Notaufnahme und einer Geburtsabteilung kämpfen. „Wir sind hier nicht Bürger zweiter Klasse, was Sicherheit im Landkreis Ravensburg angeht.“
Ob es den Notarztstandort Kißlegg aber tatsächlich einmal geben wird, hängt noch an einem anderen Faden. Denn so gilt zwar laut aktuellem baden-württembergischen Rettungsdienstplan eine Hilfsfrist für Rettungsdienst und Notarzt von 15 Minuten. Dieser Plan wird allerdings erneuert. Wann das soweit sein wird ist unklar, zuletzt war vom zweiten Quartal 2022 die Rede. In diesem neuen Plan, so sieht es das Land vor, liegt die Hilfsfrist für das Eintreffen des Rettungswagens bei zwölf Minuten – die Hilfsfrist für den Notarzt hingegen entfällt als Planungsgröße.