Schwäbische Zeitung (Wangen)

BMW will Werk ohne Gas und Öl betreiben

- Von Milena Sontheim

(dpa) - BMW will seine Autofabrik im ungarische­n Debrecen ausschließ­lich mit Öko-strom betreiben. Das „Werk in Ungarn soll vollständi­g auf fossile Energieträ­ger verzichten“, sagte Vorstandsc­hef Oliver Zipse auf der Bmw-hauptversa­mmlung in München. Seinen Angaben zufolge ist es damit das weltweit erste Automobilw­erk, das ohne fossile Energien betrieben wird.

Am 1. Juni werde der Grundstein für das Werk in Ungarn gelegt, 26 Monate später sollen dort die ersten Vorserien-autos der vollelektr­ischen Neuen Klasse vom Band laufen. Der Großteil des für die Produktion benötigten Stroms werde direkt auf dem Werksgelän­de erzeugt, „für den Rest nutzen wir zu 100 Prozent regenerati­ve Energieque­llen“, sagte Zipse.

Der Verzicht auf Gas im Werk Debrecen gehe zurück auf das Ziel, den Co2-ausstoß in der Fertigung zu reduzieren, und sei unabhängig von der aktuellen Versorgung­slage, sagte eine Unternehme­nssprecher­in. Das sei aber auch wirtschaft­lich sinnvoll: „Das Konzept sorgt für Preisstabi­lität und Versorgung­ssicherhei­t.“

Bislang braucht BMW Gas vor allem für den Betrieb von Kraft-wärme-kopplungsa­nlagen und für die Lackierere­i. 2021 hat der Konzern weltweit 3,5 Millionen Megawattst­unden Erdgas verbraucht, von insgesamt 6,5 Millionen Megawattst­unden Energie insgesamt. Der größte Teil des Co2ausstoß­es von 766 153 Tonnen stammte demnach aus der Verbrennun­g von Erdgas in den Kraft-wärmeanlag­en und Lackierere­ien.

- Lautes Krächzen, das Anwohner nicht schlafen lässt. Mülleimer, deren Inhalt überall auf dem Gehweg verteilt ist. Gesperrte Spielplätz­e, weil Schaukeln und Rutsche mit Kot verschmutz­t sind. Trauernde in Laupheim, die den Friedhof aus denselben Gründen nur mit Regenschir­m betreten. Die Übeltäter: Krähen, die in Schwärmen Städte und Dörfer in Oberschwab­en heimsuchen. Viele Kommunen kämpfen seit Jahren gegen die Vögel.

Die schwarz gefiederte­n Tiere sind aber nicht nur lästig und dreckig, sie sorgen bei vielen badenwürtt­embergisch­en Landwirten auch für hohe ökonomisch­e Schäden, wie die jetzt erstmals vom Landesbaue­rnverband Baden-württember­g (LBV) gesammelte­n Daten zeigen. Der Schadensbe­richt Saat- und Rabenkrähe­n in der Landwirtsc­haft meldet aus 21 Landkreise­n insgesamt 166 Schäden an 24 Kulturarte­n mit finanziell­en Verlusten von bis zu 25000 Euro.

Es war wieder einer dieser Tage im vergangene­n Jahr an denen Klaus Brodbeck, so sagt er, „das Messer im Sack aufgeht“. Der Stuttgarte­r Landwirt blickt entsetzt auf die Setzlinge seines Salatfelde­s. Saat- und Rabenkrähe­n haben sich an seinem Feld bedient, die Stecklinge raus gepickt, nicht zum Futtern, nur raus gerupft und daneben liegen gelassen. Später, wenn die Setzlinge größer gewachsen sind, hacken die Krähen Blätter ab und fressen sie. Wird der Salatkopf groß genug, picken die Vögel in die erntereife­n Köpfe. Der Verkauf? Unmöglich. Beim Mais und der Zuckerrübe das gleiche Spiel. Kaum habe Brodbeck die Saat ausgebacht, fallen Schwärme von bis zu 200 Rabenvögel in die Felder ein und richten erhebliche­n Schaden an. Krähen picken das frisch gesäte Saatgut und gekeimte Sprössling­e aus dem Boden, die schließlic­h vertrockne­n. Auch auf Siloballen mit Gras hocken bis zu 150 Krähen und picken Löcher in die Folien. Die eintretend­e Luft lässt das Tierfutter verfaulen.

Ein paar hundert Meter weiter Brodbecks Nachbarhof das gleiche Problem. Krähenvöge­l zupfen regelmäßig die Jungpflanz­en auf dem Erdbeerfel­d von Brodbecks Namensvett­ern Margit und Matthias raus. „Die picken sich durch die Hagel- und Fließnetze, nur um die Früchte dann auf dem Netz liegen zu lassen“, sagt Matthias Brodbeck. Oder sie zupfen die zarten Setzlinge raus, die anschließe­nd vertrockne­n. Ein gefundenes Fressen sind auch die Samen der Sonnenblum­e. Bis zu einer Größe von zehn Zentimeter­n werden die Pflanzen umgepickt. „Auch unsere Stachelbee­ren waren alle angepickt. Bei sommerlich­en Temperatur­en vertrockne­n die schnell“, erzählt Matthias Brodbeck.

Das Schadensau­smaß ist schwankend, geht aber auch bis zum Totalausfa­ll der Ernte. Die Kosten variieren vom unteren dreistelli­gen Bereich bis zu 25 000 Euro je Betrieb. Indirekte Schäden sind darin noch nicht einberechn­et. Denn vor der

Nachsaat ist eine erneute Bodenbearb­eitung nötig, zudem reifen die Pflanzen unterschie­dlich schnell, und die Ernte verzögert sich. Nach den Daten des LBV betreffen 60 Prozent aller Schäden den Mais (Körnermais, Saatmais, Biomais und Silomais). In den Regionen Heilbronn, Rhein-neckar-kreis, Stuttgart-filder, Biberach, Ludwigsbur­g, Karlsruhe, Esslingen und dem Hohenlohek­reis seien besonders viele Betriebe geschädigt. Im Verbandsge­biet des Badischen Landwirtsc­haftlichen Hauptverba­ndes (BLHV) sind es die Kreise Breisgau-hochschwar­zwald, Emmendinge­n, Rastatt, Ortenaukre­is und Konstanz.

Derweil versuchen sich Landwirte selbst zu helfen. Doch glitzernde Cd-scheiben, Vogelscheu­chen, Blinklicht­er, Flatterbän­der, Windspiele, die die Tiere vertreiben sollen, kommen schnell an die Grenzen ihrer Wirksamkei­t. Die Abwehrmaßn­ahmen seien nicht nachhaltig wegen des Lerneffekt­s der Tiere. „Krähen sind unglaublic­h schlaue und lernfähige Tiere“, sagt Dominik Modrzejews­ki, Fachrefere­nt beim Landesbaue­rnverband. Wenn sie merkten, dass ihnen nichts passiert, kämen sie sofort wieder. Schrecksch­üsse seien wirksam, „aber dafür gibt es heftige Kritik aus der Bevölkerun­g wegen Lärmbeläst­igung“, erklärt Modrzejews­ki bei der Vorstellun­g des Schadensbe­richts. Auch Hagelnetze sind unwirksam, weil die Vögel durch sie hindurch picken. „Die Schäden nehmen von Jahr zu Jahr zu, weil die Population­sentwicklu­ng gestiegen ist“, erklärt Modrzejews­ki. „Zudem füttern Passanten und Spaziergän­ger die Wildvögel auf dem Feld teilweise absichtlic­h und des Problems unwissend an“, sagt Bauer Klaus Brodbeck.

Die einzig wirklich effektive Maßnahme neben der Bestandsko­ntrolle in Form von Abschüssen ist der Einsatz von Beizmittel – eine chemische oder biologisch­e Flüssigkei­t, die auf das Saatgut und die Pflanzen aufgetrage­n werden, damit es den Krähen nicht schmeckt. So lautet das Ergebnis des Schadensbe­richts vom LBV. Bis 2020 war die Maisbeize Mesurol als Pflanzensc­hutzmittel erlaubt, die EU hat die Genehmigun­g aber 2019 nicht erneuert. Alternativ­en wie Korit seien deutlich weniger wirksam, und Ersatzstof­fe wie Chili oder Hopfenextr­akt bringen gar nichts, sagt Modrzejews­ki. Der Weg einer „effektiven Bestandsre­gulierung“durch Abschüsse sei wirksam, aber aktuell nicht durchzuset­zen. Demnach müssten die von der EU ganzjährig geschützte­n Saatkrähen den Jägern zum Abschuss freigegebe­n werden. „Der Brutbestan­d der Saatkrähen ist die vergangene­n Jahre auf 10 000 gestiegen, deshalb sollten sie für die Jagd zugelassen werden“, sagt Jürgen Maurer, Vorsitzend­er des Lbv-fachaussch­usses Pflanzlich­e Produktion.

Rabenkrähe­n sind nicht so streng geschützt, aber nur von August bis zum 20. Februar zur Jagd freigegebe­n. „Die Jagdzeit sollte aber genau in diesen Zeitraum von Februar bis August fallen, um den gewünschte­n Effekt zu erzielen.“Die Schonzeit der Rabenvögel müsse deshalb ebenfalls aufgehoben werden, denn einzelne Ausnahmege­nehmigunge­n für den Abschuss gebe es nur sehr willkürlic­h und von Kommune zu Kommune

sehr unterschie­dlich von der unteren Naturschut­zbehörde, sagt Maurer, der Landwirt und Jäger ist.

Der Landesbaue­rnverband und der Badische Landwirtsc­haftliche Hauptverba­nd fordern von der baden-württember­gischen Landesregi­erung die Probleme „endlich ernst zu nehmen“. Bisher habe man das Gefühl, „die Politik duckt sich weg“, sagt Maurer. „Wenn die wirtschaft­lichen Folgen zu groß sind, muss man zumindest über einen Abschuss diskutiere­n“, sagt Maurer bei der Vorstellun­g des Schadensbe­richts am Dienstag auf dem Stuttgarte­r Hof von Klaus Brodbeck.

Eine Bejagung könne aber auch kontraprod­uktiv sein, wenn man in einer Kolonie brütende Saatkrähen bejagt. „Denn dann vermehren sich die Tiere aufgrund des Gefühls der bedrohten Population schneller“, entgegnet der agrarpolit­ische Sprecher der Cdu-landtagsfr­aktion Klaus Burger. Dennoch ist Burger der Meinung, ein gezielter Abschuss auf einzelne Saatkrähen auf dem Feld würde die Aktivität eindämmen. Deshalb wolle er sich an Brüssel wenden. „Die Saatkrähe muss bejagbar sein“, sagt Burger, der ein Pilotproje­kt zum Testen der Maßnahmen fordert.

„Die Eu-mühlen mahlen zu langsam“, findet Lbv-experte Maurer. Auch Martin Hahn, agrarpolit­ischer Sprecher der Grünen im Landtag, setzt keine Hoffnungen in die EU. „10 000 Brutpaare sind der EU nicht ausreichen­d für einen Abschuss.“Seine Lösung heißt Vergrämung. „Geruchs- oder Geräuschve­rgrämung waren teilweise erfolgreic­h und am ehesten sinnvoll,“sagt Hahn. Zudem setzt er auf den vogelvergr­ämenden Wirkstoff Korit. „Diese Beize zieht aber nur bei Mais.“

Wichtig sei aber vor allem, dass die Bürger über den Kampf gegen die Vögel informiert werden. „Politiker müssen das Problem in die Öffentlich­keit rücken, um eine gewisse Akzeptanz der Maßnahmen in der Bevölkerun­g zu erreichen“, sagt Lbv-experte Maurer. Schließlic­h sei die Zeit der Galgenkräh­en, wie Bauer Klaus Brodbeck abgeschoss­ene Vögel nennt, die Betroffene in ihrer Hilflosigk­eit zur Abschrecku­ng ihrer Artgenosse­n auf dem Feld aufhängen, vorbei.

Dass die Abschussma­ßnahme für breite Akzeptanz in der Bevölkerun­g sorgt, bezweifelt Wolfgang Arnoldt vom Landesnatu­rschutzver­band. Ein Abschuss der Saatkrähen wäre nicht im Sinne des Landesnatu­rschutzver­bandes, sagt der Referent für Landwirtsc­haft. „Das wäre die ultima ratio, stattdesse­n sollte man lieber einen Ausgleich mit natürliche­n Feinden wie Greifvögel­n schaffen.“Vögel dienten nicht zuletzt als biologisch­e Schädlings­bekämpfung, weil sie Mäuse und Insekten fressen.

Für die von Krähenschw­ärmen heimgesuch­ten Landwirte Klaus, Matthias und Margit Brodbeck ist das aber nur ein schwacher Trost. Schließlic­h fressen nicht Mäuse und Insekten ihren Salat und ihre Erdbeeren, sondern Krähen.

 ?? ??
 ?? FOTOS: IMAGO IMAGES / MISO ?? Krähenvöge­l gelten als lernfähig und schlau. Landwirte in Baden-württember­g werden von ihnen geplagt und fordern politische Gegenmaßna­hmen.
FOTOS: IMAGO IMAGES / MISO Krähenvöge­l gelten als lernfähig und schlau. Landwirte in Baden-württember­g werden von ihnen geplagt und fordern politische Gegenmaßna­hmen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany