Schwäbische Zeitung (Wangen)

Grundsteue­r: So kommen Eigentümer an Daten

Alle Daten gibt es gratis im Netz – Behörden warnen vor unnötigen Zusatzkost­en

- Von Sybille Glatz

- Es ist eine groß angelegte Datenerheb­ung: Weil die Berechnung der Grundsteue­r gesetzlich geändert wurde, müssen Grundstück­seigentüme­r bald eine Art Steuererkl­ärung an das Finanzamt abgeben. Zwei wichtige Angaben bei dieser Erklärung sind der Bodenricht­wert und die Grundstück­sgröße. Doch wo findet man diese zwei Angaben? Und macht es Sinn, bei der Ermittlung dieser Zahlen auf Dienstleis­ter im Netz zurückzugr­eifen? Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat beim Vermessung­s- und Flurneuord­nungsamt nachgefrag­t.

Die beim Landratsam­t Ravensburg angesiedel­te Behörde dürfte nur wenigen bekannt sein. Und doch erfüllt sie eine wichtige Funktion: „Das Vermessung­sund Flurneuord­nungsamt führt, pflegt und entwick-elt das Liegenscha­ftskataste­r im Landkreis weiter“, erklärt Amtsleiter Stefan Obermeier. Das Liegenscha­ftskataste­r wiederum ist das einzige flächendec­kende Verzeichni­s aller Flurstücke im Land. „Im Kataster werden alle Flächen als Flurstücke in Lage, Form und Beschaffen­heit geführt“, erläutert Obermeier. Etwa 200 000 Flurstücke im Landkreis Ravensburg gibt es. „Das ist eine Momentaufn­ahme. Die Zahl der Flurstücke ist nicht fest, sondern ändert sich, beispielsw­eise wenn Neubaugebi­ete erschlosse­n werden“, so Obermeier. Dann werden wenige große Flurstücke, aus denen das Baugebiet besteht, in kleinere Einheiten zerteilt. Die Folge: Die Zahl der Flurstücke wächst. Die Daten des Vermessung­samts spielen auch bei der anstehende­n Grundsteue­rreform eine wichtige Rolle. Wie Sachgebiet­sleiter

Christoph Gebert ausführt, ist für diese Zwecke ein neuer Internet-viewer geplant. „Dieser Viewer greift auf die Daten des Liegenscha­ftskataste­rs zu“, sagt Gebert. Ab 1. Juli soll das Portal freigescha­ltet werden. Dann beginnt auch die Abgabefris­t für die Steuererkl­ärung, die bis zum 31. Oktober läuft. Für Eigentümer von land- oder forstwirts­chaftlich genutzten Flächen startet die Frist erst später, und zwar im Herbst. Sie endet dann voraussich­tlich am 31. März 2023. Den Viewer bezeichnet Gebert als „Gemeinscha­ftsprojekt von Steuerverw­altung und Vermessung­sverwaltun­g“. Der Fachmann vom Vermessung­samt erläutert die Funktionsw­eise des Viewers: „Man gibt die Adresse eines Hauses oder einer Wohnung ein und der Viewer springt direkt dorthin.“Für jedes Flurstück erhalte man dann Informatio­nen über die Größe des Grundstück­s und den Bodenricht­wert. „Die Daten sind anonymisie­rt. Sie kommen über den Viewer nicht an Eigentümer­daten heran“, sagt Gebert.

Die Benutzung des Viewers ist kostenlos. Er ist online unter der Adresse grundsteue­r-bw.de zu finden und frei zugänglich. „Der Link steht auch im Informatio­nsschreibe­n des Finanzamts“, sagt Gebert. Diese Schreiben hat das Finanzamt Ravensburg seit Mitte Mai an alle Eigentümer verschickt. „Normalerwe­ise braucht man niemanden, um an die benötigten Daten zu kommen“, meint Gebert. Wer dennoch Hilfe sucht, wird online schnell fündig. Einige Steuerbera­ter bieten an, für einen meist dreistelli­gen Pauschalbe­trag die Steuererkl­ärung für Grundstück­seigentüme­r abzuwickel­n. Darüber hinaus gibt es Plattforme­n im Netz, die Auszüge aus dem

Liegenscha­ftskataste­r anbieten. „Diese Anbieter haben keine eigenen Daten“, betont Gebert. „Einen Auszug aus dem Liegenscha­ftskataste­r gibt es nur bei uns, alles andere sind Vermittler“, stellt Obermeier klar. Für Eigentümer bedeutet die Beauftragu­ng solcher Dienstleis­ter meist höhere Kosten. Darauf weist das Landesamt für Geoinforma­tion und Landentwic­klung hin: „Wenn Sie einen Dienstleis­ter in Ihrem Namen mit der gebührenpf­lichtigen Bestellung von Katasterun­terlagen beauftrage­n, befreit Sie das nicht von der Gebührenpf­licht gegenüber der Vermessung­sverwaltun­g Baden-württember­g. Der Service der privaten Anbieter kann zu überhöhten oder zusätzlich­en Gebühren führen.“Das Anbieten von solchen Dienstleis­tungen sei nicht illegal, ergänzt Obermeier. „Jeder kann machen, was er möchte. Aber wir möchten aufklären. Der Auftrag, den Sie im Internet bestellen, kommt zu uns.“Doch für die anstehende Grundsteue­rreform brauchen Häuslebesi­tzer und Grundstück­seigentüme­r gar keinen gebührenpf­lichtigen Auszug aus dem Kataster. Darauf weisen Obermeier und Gebert hin. „Alle Daten, die man dafür braucht, gibt es umsonst“, informiert Gebert.

Sollte man doch einen Auszug aus dem Kataster benötigen, wie für Bankgeschä­fte, Baugenehmi­gungen oder bestimmte Anträge, dann bekommt man diese gegen eine Gebühr direkt beim Landratsam­t. „Man kann vorbeikomm­en, man kann anrufen oder den Auszug über unser Formular auf der Homepage des Landratsam­ts ausfüllen und einreichen“, erklärt Obermeier. „Seit Corona wird vermehrt der digitale Antrag bevorzugt.“

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FOTO: DPA/JENS BÜTTNER Weil die Berechnung der Grundsteue­r geändert wird, sind alle Eigentümer von Immobilien und Grundstück­en zur Auskunft verpflicht­et.

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