So sieht die Morgenwäsche bei Familie Schwan aus. Eingefangen hat den Moment auf dem Hammerweiher in Wangen Claudia Bischofberger. Der Schwanennachwuchs ist offenbar mit Elan bei der Sache. Junger Mann kommt 16-Jähriger zu nahe
Urteil wegen sexueller Übergriffe an Minderjähriger – Viele Widersprüche in Verhandlung
- Ein halbes Dutzend Zeugen hat das Amtsgericht Wangen in den Zeugenstand geladen, um vorgeworfene sexuelle Übergriffe aufzuklären, die es im Mai vergangenen Jahres beim Isnyer Sportgelände gegeben haben soll. Auf dem Angeklagten-stuhl: ein 26Jähriger aus Kisslegg, der sich beschuldigt sah, einer damals 16-Jährigen sexuell zu nahe gekommen zu sein. Seine Beteuerung, „mehr als Küssen war da nicht“, nahm ihm das Gericht nicht ab und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem zu erheblichen Geldbußen.
Auch nach sechs Stunden Verhandlung war der Verlauf des Sonntagabends am 16. Mai 2021 beim Isnyer Sportplatz nicht eindeutig klar. Nur so viel blieb unumstritten: Eine Gruppe junger Leute zwischen 17 und 26 Jahren – drei Männer und drei minderjährige Frauen – traf sich dort, um an einer Biertisch-garnitur zu trinken. Die Alkoholika waren am Samstag zuvor in einem Supermarkt gekauft worden. Cola mit alkoholischen Zugaben in Form von Wodka und ähnlichem. Was nicht allen gut tat. Sie waren solche Gemische nicht gewohnt.
Wie einer damals 16-Jährigen, auf die es der 26-jährige Angeklagte nach Überzeugung des Gerichts abgesehen hatte – und die bald betrunken war. Nachdem eine andere junge Frau – mit der er etwas „am Laufen“hatte – gegangen war, rückte der Angeklagte an die Minderjährige heran, suchte den Körperkontakt zu ihr, animierte sie zum Trinken, um sie nach Aussage einer Zeugin „abfüllen“zu wollen.
Als beide nur noch allein auf der Bank saßen, wurde der junge Mann zudringlich, so der Vorwurf. Behauptete der Angeklagte, seine Küsse sei von ihr erwidert worden, beteuerte die heute 17-Jährige unter Tränen, er habe ihr mit beiden Händen ins Gesicht
gegriffen und ihren Kopf zu sich gedreht, um sie küssen zu können. Und das, obwohl sie ihm zu verstehen gegeben habe, das nicht zu wollen – erst recht nicht, als er ihr an den Po griff und ihre Hand ergriff, um sie zu seinem entblößten Geschlechtsteil zu führen.
Unterschiedlich gestalteten sich die Aussagen der Zeuginnen. Einerseits war die Rede davon, der Angeklagte und sein zeitweise mit anwesender Bruder hätten an dem Abend keinen Alkohol getrunken. Andere berichteten, der Beschuldigte sei alkoholisiert am Steuer gesessen, habe beim Wegfahren Ausfallerscheinungen gezeigt und einen Randstein touchiert. Zweifel äußerten Zeuginnen an der Glaubwürdigkeit der 16-Jährigen, die „auf Knopfdruck“weinen könne und häufig Stimmungsschwankungen unterworfen sei. Auch am Tatabend habe sie sich in einem Tief befunden.
Das Opfer hatte nach dem Vorfall einen Bekannten angerufen und ihm von dem Übergriff berichtet. Der Mann holte sie ab und fuhr sie zur Polizei, wo sie Anzeige gegen den 26Jährigen erstattete. „Stark alkoholisiert“(1 Promille), aufgelöst, weinerlich und in Begleitung ihrer Mutter habe sie den Vorfall beim Sportplatz geschildert, betonte der Polizeibeamte aus Ravensburg aus der protokollierten Vernehmung der 16-Jährigen durch die Dienstgruppenleiterin aus Leutkirch und ihm selbst. Wegen der Alkoholisierung der jungen Frau habe sich die Wiedergabe des Tatherganges schwierig gestaltet. Sie sei dennoch vernommen worden, nachdem auch die Mutter zugestimmt hatte.
Die Vorwürfe gegen den Angeklagten hätten sich überwiegend bestätigt, sagte der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Er plädierte auf den Vorwurf der sexuellen Nötigung und einen minderschweren Fall sowie eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten. Dem 26-Jährigen Gewalt nachzuweisen tue er sich schwer, wobei er auf die unterschiedliche Geschehensdarstellung der beiden Parteien verwies. Der Vertreter der Nebenklage zeigte sich überzeugt vom wie in der Anklage formulierten Kerngeschehen. Seine Mandantin habe die Vorwürfe glaubhaft und authentisch geschildert, an ihren Aussagen hegte er keine Zweifel. Er erinnerte an die erheblichen prägenden Folgen der Tat für das Opfer, das sich deshalb in Behandlung bei einer Psychologin in Leutkirch befand.
Der Verteidiger bezweifelte in seinem Plädoyer die Glaubhaftigkeit der jungen Frau und forderte für seinen Mandanten einen glatten Freispruch. Die 16-Jährige sei den Alkoholkonsum nicht gewohnt und habe deshalb die Nähe seines Mandanten gesucht. Sie habe das Küssen erwidert und sich nicht auch gegen den weiteren Vorgang gewehrt. Die junge Frau habe an dem Abend ohnehin unter Stimmungsschwankungen gelitten, ihr sei es allein wegen des Alkohols nicht gut gegangen.
Außerdem habe sie ein schlechtes Gewissen gehabt, da sie den Angeklagten geküsst habe, von dem sie wusste, dass er mit ihrer Freundin etwas „am Laufen“hatte. Sie wäre auch nicht zur Polizei gegangen und hätte Anzeige erstattet, hätte sie ihr Bekannter nicht dorthin gefahren. Das Gericht bat er, „nicht widerspruchsfrei“den Einlassungen der damals 16Jährigen zu folgen. „Wir wissen nicht, wer weniger die Wahrheit sagt“, betonte er, überzeugt von seinem Mandanten: „Er hat es nicht getan.“
Dem folgte das Gericht nicht. Es verurteilte den Angeklagten wegen sexueller Übergriffe in einem minderschweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten mit einer dreijährigen Bewährungszeit. Ihm wird ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Außerdem muss der 26-Jährige die Kosten des Verfahrens und der Nebenklage tragen sowie 1500 Euro
an das Kinderhospiz St. Nikolaus bezahlen.
Das Schöffengericht hielt die Einlassungen des Angeklagten für nicht glaubhaft, unter anderem nahm es ihm nicht ab, an dem Abend keinen Alkohol getrunken zu haben. Es warf ihm vielmehr vor, alkoholisiert Auto gefahren zu sein und zwei Ex-freundinnen als Lügnerinnen dargestellt zu haben. Zugute hielt ihm das Gericht, nicht vorbestraft zu sein, einem Job und zusätzlich einem Nebenjob nachzugehen.