Hat Leutkirch bald keinen Neurologen mehr?
Dr. Stephan Frisch sucht einen Nachfolger für seine Leutkircher Praxis für Neurologie und Psychiatrie
- Ende September schließt Dr. Stephan Frisch seine Praxis für Neurologie und Psychiatrie in den Räumen des ehemaligen Leutkircher Krankenhauses an der Ottmannshofer Straße. Aber: Die Suche nach einem potenziellen Nachfolger laufen weiterhin. Was ein möglicher Wegfall der Praxis für die Versorgung mit Neurologen und Psychiatern in Leutkirch und der Umgebung bedeuten würde.
„Falls ich tatsächlich keinen Nachfolger finden sollte, verschlechtert sich vor allem die neurologische Versorgung in der Region“, teilt Stephan Frisch auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit. Im Altkreis Wangen, zu dem auch Leutkirch zählt, falle dann einer von zwei Neurologen weg. Bei der Versorgung mit Psychiatern sei die Situation nicht so dramatisch, da es auch in Zukunft zwei Psychiater vor Ort geben werde. Weitere Angaben zu seiner Praxis macht Stephan Frisch aus persönlichen Gründen nicht. Aktuelle Zahlen von der Kassenärztlichen Vereinigung Badenwürttemberg (KVBW) bestätigen, dass es in Leutkirch – neben Dr. Frisch – zwei weitere Psychiater gibt.
Eine weitere neurologische Praxis ist derweil nicht zu finden. Der nächstgelegene Neurologe praktiziert in Wangen. Sollte sich kein Nachfolger für die Praxis finden, sieht Eva Frien, Pressesprecherin bei der KVBW, dennoch „rein rechnerisch“keinen Versorgungsengpass auf die Bewohner der Großen Kreisstadt zukommen. Denn: Nach der neuesten sogenannten Bedarfsplanung für die ärztliche Versorgung vom 23. Februar ist der Landkreis Ravensburg rechnerisch mit Nervenärzten (Neurologen und Psychiatern) überversorgt (117,9 Prozent). Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen prüft regelmäßig, welche Planungsbereiche – in diesem Fall der Landkreis – überoder unterversorgt sind. Bei einem Wert von 100 Prozent sind nach Angaben der KVBW genauso viele Ärzte einer bestimmten Gruppe zugelassen wie das Plansoll vorgibt.
Wenn der Versorgungsgrad 110 Prozent überschreitet, wird von einer Überversorgung gesprochen, der Landesausschuss ordnet Zulassungssperren an und es kann sich kein zusätzlicher Arzt in diesem Planungsbereich niederlassen. Sollte sich bis Ende September kein Nachfolger für die Praxis von Dr. Frisch finden, kann sich unter Umständen die Tür für die Neuansiedlung von Neurologen und
Psychiatern im Landkreis Ravensburg wieder öffnen. Die Entscheidung darüber trifft nach Angaben von Eva Frien der Landesausschuss.
Nach den aktuellsten Zahlen der KVBW – Stand 1. April – gibt es im Landkreis Ravensburg insgesamt 19 Nervenärzte. Darunter fallen Neurologen sowie Psychiater – und solche Ärzte, die beide Anerkennungen besitzen. In Ravensburg befinden sich demnach insgesamt zwölf Nervenärzte, in Bad Waldsee und Weingarten ein Neurologe sowie in Wangen besagte Praxis für Neurologie und Psychiatrie.
In Isny, Bad Wurzach, Aitrach oder Aichstetten sind laut Kassenärztlicher Vereinigung Baden-württembergderweil keine Nervenärzte zu finden.auf Leutkircher, die einen Neurologen aufsuchen müssen, könnten unter Umständen ab Oktober längere Anfahrtswege zukommen. Wie Eva Frien mitteilt, sei für Patienten von Fachärzten der allgemeinen fachärztlichen Versorgung, zu denen Neurologen gehören, eine Wegzeit von 30 Minuten zumutbar. „Ebenso sollten beispielsweise Urologen, Augenärzte, Hno-ärzte, Chirurgen, Hautärzte, Orthopäden, sowie Psychotherapeuten in mindestens 30 Minuten für 99 Prozent der Bevölkerung erreichbar sein.“Dr. Hans Bürger, Vorsitzender der Ravensburger Kreisärzteschaft, betont im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“, dass der Landkreis Ravensburg zu einem der flächenmäßig größten gehört. Er geht davon aus, dass kreative und intelligente Lösungen gefunden werden müssen, um den Versorgungsbedarf zu decken. Vor allem digitale Angebote könnten und müssten dabei einen wesentlichen Beitrag leisten.