Schwäbische Zeitung (Wangen)

Unglaubwür­dige Wertschätz­ung

- Von Benjamin Wagener ●» b.wagener@schwaebisc­he.de

Nicht ohne Selbstbewu­sstsein weist Bauernpräs­ident Joachim Rukwied darauf hin, dass Lösungen bei Zukunftsth­emen wie Klimaschut­z und Energiewen­de ohne die Landwirtsc­haft nicht möglich sind. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn bei nicht minder wichtigen Themen wie einer umweltscho­nenden Produktion und der Sicherstel­lung von Artenvielf­alt und Tierwohl werden Landwirte die an sie gestellten Herausford­erungen nicht ohne die Hilfe der Gesellscha­ft bewältigen können.

Auf der einen Seite hat der Ukraine-krieg auch in reichen Staaten wie der Bundesrepu­blik wieder ein Bewusstsei­n dafür geschaffen, dass die Versorgung mit hochwertig­en Lebensmitt­eln nicht selbstvers­tändlich ist. Auch wenn in deutschen Märkten voraussich­tlich kein Mangel droht, führt die Politik Moskaus in anderen Regionen der Welt zu Engpässen. Vor diesem Hintergrun­d ist die Forderung legitim, befristet auf strengere Vorgaben zu verzichten und auf eigentlich für den Naturschut­z vorgesehen­en Flächen Nahrungsmi­ttel anzubauen. Der Vorwurf grüner Aktivisten, dass Umweltschu­tz und Krieg gegeneinan­der ausgespiel­t werden, trifft nicht zu.

Auf der anderen Seite ist es mit der Wertschätz­ung für die Arbeit der Landwirte nicht weit her. Im Zuge der Krise und vor allem infolge der steigenden Inflation setzte eine Gegenbeweg­ung im Vergleich zu den vorangegan­genen Monaten ein: Während die Verbrauche­r in den Coronamona­ten die Biomärkte stürmten und hochwertig­e, regionale und umweltscho­nend produziert­e Lebensmitt­el kauften, setzen sie nun wieder vor allem auf den Preis. Discounter gewinnen Marktantei­le zurück, die billigen Eigenmarke­n sind Bestseller.

Klar ist, dass so eine Wertschätz­ung dem Bauernstan­d nicht hilft, die Landwirtsc­haft zukunftsfä­hig zu machen. Wenn die Betriebe nach der Krise hochwertig­e Lebensmitt­el produziere­n und dabei den an sie gestellten Anforderun­gen gerecht werden sollen, werden die Produkte teurer werden müssen. Die Preissteig­erungen, die sich gerade andeuten, könnten dabei nur ein Vorgeschma­ck sein.

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