Ärger über Corona-regeln für Heime
Im Südwesten gelten weiter strenge Zutrittsbeschränkungen – Bayern löst das anders
- Nur sechs Stunden ist der Corona-schnelltest von Margret Kornher gültig – zumindest, wenn sie ihre Mutter im Altenheim St. Meinrad in Ravensburg besuchen will. Denn Kornher ist nicht geimpft. Und die Corona-verordnung des Landes Baden-württemberg besagt: Der Antigen-test von Ungeimpften verfällt in Alten- und Pflegeheimen bereits nach sechs Stunden – bei Geimpften sind es 24 Stunden. Dazu kommt: Kornher besucht ihre Mutter beinahe täglich. Jedesmal muss sie dafür einen Antigen-test machen.
Bisher habe sie das bereitwillig getan. Doch mit den sinkenden Inzidenzen und dem weitgehenden Wegfall der Schutzmaßnahmen im ganzen Land finde sie das Vorgehen nicht mehr verhältnismäßig, sagt Kornher: „Es wäre an der Zeit, zumindest über den Sommer das Testen im Altenheim zu reduzieren.“Für Besucherinnen und Besucher seien die momentanen Testvorschriften nicht sehr geschickt geregelt, sagt Ulrich Dobler von der Stiftung Liebenau, die zahlreiche Alten- und Pflegeeinrichtungen wie das St. Meinrad betreibt. Viele würden jedoch Verständnis zeigen, wenn die Heimleitung ihnen die Hintergründe der Maßnahmen erklären würde.
Und die sind vonseiten des badenwürttembergischen Sozialministeriums schnell zusammengefasst: „Weil dort die verwundbarsten Menschen sind, wenn es um die Folgen einer Ansteckung mit dem Coronavirus geht“, sagt dessen Sprecher Pascal Murmann. Gerade in den Alten- und Pflegeheimen seien in den vergangenen Pandemie-jahren immer wieder Bewohnerinnen und Bewohner gestorben.
Dass Tests von Ungeimpften derzeit nur sechs Stunden lang als Nachweis anerkannt würden, liege an der Omikron-variante des Virus. Denn die sei ansteckender und verbreite sich schneller. Mit der kurzen Gültigkeitsdauer der Tests solle verhindert werden, dass sich Ungeimpfte zwischen Testung und Besuch anstecken oder das Virus ausbricht.
Damit betreibt das Ministerium von Manfred Lucha (Grüne) eine vergleichsweise strenge Besuchsbeschränkung. Im Nachbar-bundesland Bayern müssen sich Besucher zwar auch vor dem Betreten der Einrichtung testen lassen. Doch der Antigen-test von Geimpften wie von Ungeimpften ist hier 24 Stunden
gültig. Eine lockerere Test-verordnung sei für den Südwesten momentan nicht geplant, sagt Ministeriumssprecher Murmann – auch nicht für tägliche Besucherinnen wie Margret Kornher. Ihr Vorschlag, sich nur noch zwei- bis dreimal die Woche testen zu müssen, sei aktuell keine Option. Vor allem mit Blick auf den Herbst und Winter könne niemand verlässlich sagen, wie sich Pandemie und Virusvarianten entwickeln.
Der Ministeriumssprecher verweist hingegen darauf, dass laut Verordnung die Einrichtungen dazu verpflichtet sind, Corona-tests für alle Besucher anzubieten. Die könnten sich dann direkt vor Betreten der Heime testen lassen. Das würde dann auch die unterschiedlich lange Gültigkeit der Tests von Geimpften und Ungeimpften bedeutungslos machen. Im Pflegeheim St. Meinrad ist Testen nur zweimal die Woche mit Termin möglich. Mehr könne das
Haus aufgrund der angespannten Personallage nicht anbieten, sagt Dobler. Und die Situation könne sich im Sommer zur Ferienzeit noch verschärfen. „Unser dringender Appell an die Politik und Behörden ist, die Personallage in den Häusern zu berücksichtigen“, sagt Dobler. „Das System und die Menschen darin sind erschöpft.“
Kornhers Vorschlag sei eine Möglichkeit, sowohl Angehörige als auch Personal in den Pflegeeinrichtungen zu entlasten, sagt dagegen Jan Havlik, Pressesprecher der Fdp-fraktion im Landtag. Die Pflegeheime würden grundsätzlich einheitliche Regelungen zwar begrüßen. Trotzdem sollten die Häuser vor Ort Sonderregelungen treffen können, findet Havlik: „Wenn die Infektionszahlen weiterhin so rückläufig sind, dann halten wir es für angemessen, dass die Pflegeeinrichtungen mehr Entscheidungsspielräume erhalten und die Corona-verordnung beispielsweise nur noch eine Maskenpflicht vorsieht.“
Das Sozialministerium stellt den Einrichtungen momentan zumindest frei, wie intensiv sie die Testnachweise kontrollieren. Die Corona-verordnung schreibt nur eine stichprobenartige Überprüfung vor. Die Häufigkeit der Kontrollen könne ein Pflegeheim dann je nach Inzidenz und Personallage anpassen, sagt Murmann. Jedoch müsse am Eingang ein Schild darauf hinweisen, dass das Betreten ohne negativen Test ordnungswidrig ist und geahndet wird.
Und so wird sich auch Margret Kornher weiterhin testen lassen, wenn sie ihre Mutter besuchen geht. Auch wenn Kornher das Vorgehen nicht versteht. Denn viele der Bewohner seien mittlerweile geimpft – ihre Mutter viermal. Sie findet deshalb: Die Politik könne den Menschen durchaus mehr Vertrauen entgegenbringen und mehr Eigenverantwortung zumuten.