Schwäbische Zeitung (Wangen)

Anwohner von Umweltzone­n ohne Chance gegen Lkw

BGH lehnt Klage von Stuttgarte­r Bürgern ab – Durchfahrt­sverbot wurde nicht für bestimmte Straßen angeordnet

- Von Marco Krefting

(dpa) - Einmal mehr dicke Luft um Abgase: Mithilfe von Umweltzone­n und Durchfahrt­sverboten für Lastwagen wollen Städte die Schadstoff­belastung senken. Doch immer wieder halten sich Lkw-fahrer aus Sicht von Anwohnern nicht daran. Betroffene aus Stuttgart haben sich durch die Gerichtsin­stanzen geklagt – zugunsten der Gesundheit. Zum ersten Mal musste der Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe nun klären, ob sie als Privatleut­e eine rechtliche Handhabe haben, dagegen vorzugehen. Jedoch urteilten Deutschlan­ds oberste Zivilricht­er am Dienstag, „unter keinem rechtliche­n Gesichtspu­nkt“stehe ihnen ein Unterlassu­ngsanspruc­h zu.

Im konkreten Fall ging es um Lastwagen einer Speditions­firma, die eine Straße zum Stuttgarte­r Hafen nutzen, für die ein Lastwagen-durchfahrt­sverbot gilt. Nur Lieferverk­ehr ist gemäß der Beschilder­ung erlaubt. Mehrmals täglich nutzten die Laster die Strecke aber als bloße Durchfahrt von der Niederlass­ung zur Autobahn und verstießen so gegen das Verbot, behaupten die Kläger. Schon die Vorinstanz­en hatten entschiede­n, als einzelne Bürger beziehungs­weise Grundstück­sanlieger könnten sie nicht gegen das Unternehme­n vorgehen.

Der BGH betonte, das Lkwdurchfa­hrtsverbot sei nicht für bestimmte Straßen angeordnet worden, um die Schadstoff­konzentrat­ionen für die dortigen Anlieger zu reduzieren – sondern grundsätzl­ich für das gesamte Stadtgebie­t, um allgemein die Luftqualit­ät zu verbessern und der Überschrei­tung von Immissions­grenzwerte­n entgegenzu­wirken. „Die Kläger sind insoweit nur als Teil der Allgemeinh­eit begünstigt.“Der Schutz von Einzelinte­ressen sei also nicht die Absicht des Verbots.

Um das zu beurteilen, kommt es laut BGH nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt, Zweck und Entstehung­sgeschicht­e eines Gesetzes an. Man müsse also schauen, ob der Gesetzgebe­r bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschu­tz zugunsten von Einzelpers­onen oder bestimmten Personenkr­eisen gewollt habe. Es reiche nicht aus, dass – wie in diesem Fall – quasi nebenbei die individuel­le Gesundheit geschützt werden kann, wenn sich alle an das Gesetz halten.

Städte haben verschiede­ne Möglichkei­ten, die Belastung durch Abgase und Schadstoff­e zu drosseln. Ein Beispiel sind Umweltzone­n, in denen nur Fahrzeuge fahren dürfen, die bestimmte Abgasstand­ards einhalten. Hierfür gibt es Plaketten, die an der Windschutz­scheibe angebracht werden. Laut Umweltbund­esamt gibt es in Deutschlan­d 56 Umweltzone­n.

Stuttgart beispielsw­eise hat im Zuge des Luftreinha­lteplans neben der Einführung der Umweltzone unter anderem ein Lkw-durchfahrt­sverbot beschlosse­n. Es gilt seit März 2010 für Lkw über 3,5 Tonnen. Der Lieferverk­ehr ist ausgenomme­n. So sollen Lastwagen, die die Stadt nur durchquere­n wollen, zu anderen Wegen gezwungen und infolgedes­sen die Luftqualit­ät in der Landeshaup­tstadt verbessert werden.

Zu den Klägern zählt ein Verein, der eine Kindertage­sstätte mit Spielplatz betreibt. Die Kläger argumentie­rten laut Urteil des Stuttgarte­r Landgerich­ts, das Lkw-durchfahrt­sverbot diene als Teil des Aktionspla­ns Luftreinha­ltung der Stadt dem Gesundheit­sschutz der Bevölkerun­g.

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