Mehr als 200 Fälle von Affenpocken in Deutschland
Weiterhin sind keine Fälle bei Frauen und Kindern bekannt – Vom 15. Juni an soll Impfstoff bereitstehen
(dpa) - Die Zahl der beim Robert-koch-institut (RKI) erfassten Affenpocken-nachweise in Deutschland ist auf mehr als 200 gestiegen. Das RKI gab die Patientenzahl am Dienstag auf seiner Webseite mit genau 229 an, nach rund 190 am Vortag. Weiterhin seien keine Fälle bei Frauen und Kindern bekannt, teilte eine Rki-sprecherin auf Anfrage mit. Elf Bundesländer haben nach Angaben des Instituts Betroffene der Viruserkrankung gemeldet. Besonders viele sind es in Berlin, wo nach aktuellstem Stand von Montag 142 Fälle registriert waren. Die Risiko-einschätzung des RKI lautet weiterhin: „Eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland schätzt das RKI nach derzeitigen Erkenntnissen als gering ein.“
Es gebe immer noch vereinzelte Übertragungen, „aber der Ausbruch hat eher nicht die Eigenschaft, exponentiell wachsende Fallzahlen zu entwickeln“, teilte Timo Ulrichs, Experte für Globale Gesundheit an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin auf Anfrage mit. Eine sexuell übertragbare Infektionserkrankung breite sich langsamer aus als eine, bei der Erreger durch die Luft übertragen werden. Seit Mai wurden Affenpocken bei Hunderten Menschen in zahlreichen Ländern außerhalb Afrikas nachgewiesen.
„Dass die Affenpocken es überhaupt aus Afrika in die Welt geschafft haben, war zwar erwartbar, aber hat in dieser Dynamik doch überrascht“, meint Ulrichs. Die nun dokumentierten Fälle in Deutschland ließen sich durch verschiedene Maßnahmen gut begrenzen. Dazu gehören eine flächendeckende und gute Aufklärung
über Übertragungswege und Schutzmöglichkeiten – dies entspreche im Wesentlichen den Safer-sexregeln – sowie gezielten Impfungen.
Wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kürzlich angekündigt hatte, sollte ab 15. Juni Impfstoff bereitstehen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte vorige Woche bekannt gegeben, dass für bestimmte Gruppen der Pockenimpfstoff Imvanex empfohlen werde. Dazu zählen etwa Erwachsene, die Kontakt zu Infizierten hatten, und Männer, die gleichgeschlechtliche sexuelle Kontakte mit wechselnden Partnern haben. Wegen zunächst begrenzter Impfstoffverfügbarkeit hieß es, dass die Impfung bevorzugt Menschen angeboten werden soll, die dem Virus ausgesetzt waren.
Aus Sorge um die steigende Zahl an Affenpocken-fällen in aller Welt hat WHO-CHEF Tedros Adhanom Ghebreyesus für kommende Woche den Notfallausschuss einberufen. Das Gremium soll entscheiden, ob es sich – wie bei Corona – um eine „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“(PHEIC) handelt. Der Notfallausschuss soll am 23. Juni tagen, wie es am Dienstag von der Weltgesundheitsorganisation WHO hieß.
Die Erklärung der Notlage ist die höchste Alarmstufe, die die WHO verhängen kann. Eine solche Erklärung hat keine direkten praktischen Folgen, soll aber die Mitgliedsländer wachrütteln. Eine Notlage gilt etwa seit Ende Januar 2020 wegen des Coronavirus Sars-cov-2. Der WHO wurden bis Dienstag weltweit mehr als 1600 Fälle von Affenpocken und fast 1500 Verdachtsfälle aus 39 Ländern gemeldet.