Gelbe Rüben und große Ziele
Bei der Aktion „Hof mit Zukunft“arbeiten Umweltaktivisten einige Tage auf einem Bio-gemüsehof im Allgäu mit. Die Probleme der Landwirtschaft zeichnen sich in den Gesprächen mit den Bauern ab, die Lösungen nicht.
schaffen das nicht“, sagt Kiefl. „Ein Bauernhof ist nicht nur ein wirtschaftlicher Betrieb: Landwirtschaft schafft Kultur, Landwirtschaft schafft Landschaft – und dafür muss sich die gesamte Gesellschaft engagieren.“Und nebenbei räumt die durch jahrelangen Gemüseanbau gestählte Praktikerin mit aus ihrer Sicht unsinnigen Forderungen auf. „Man kann nicht billiges Biogemüse nachhaltig produzieren“, sagt die Bäuerin resolut. „Und: Es gibt kein veganes Gemüse, bei jeder Bodenbearbeitung töten wir Regenwürmer, und nur mit Viehwirtschaft kann man unsere Felder nachhaltig düngen.“
Kunden beteiligen, Verbraucher zur Teilhabe an landwirtschaftlichen Prozessen animieren – oder sie zumindest den Wert der Arbeit erkennen lassen, das Ziel teilen in diesen Tagen beim Jäten und Gemüseputzen junge Aktivisten wie erfahrene Bauern. In der Frage, wie das alles zu erreichen und wie aussichtsreich ein solches Streben ist, sind die Unterschiede jedoch groß. „Die Politik muss mehr wagen, es kann und darf nicht alles am Verbraucher hängen“, sagt Jette Kühn. Gesa Gerloff fordert Regeln für den Handel: „Produkte, die nicht unter bestimmten Mindestbedingungen produziert worden sind, dürfen einfach nicht mehr verkauft werden.“
Roland Palm-kiefl ist da skeptisch. „Es braucht mehr als Politik, die etwas von oben nach unten runter entscheidet. Man darf die Aufgabe nicht allein den Bauern aufhalsen, und auch die Politik kann nicht alles regeln“, sagt der Agrarbiologe. Beim Kunden müsse die Auffassung entstehen, dass das auch sein Land ist. Das sei entscheidend. „Aber“, sagt er und stützt sich auf seine Radhacke „es sieht einfach extrem aussichtslos aus. Es ist nicht einfach, da die Hoffnung nicht zu verlieren.“
Für Roland Palm-kiefl und seine Ehefrau funktioniert das Modell, das die beiden für sich gewählt haben, als sie vor 38 Jahren mit dem Gemüseanbau begonnen und 1999 das Gut in Kißlegg gekauft haben. „Unser Betrieb funktioniert, wir haben den Hof aufgebaut und abbezahlt allein durch den Verkauf unserer Produkte“, sagt der Bauer. „Aber das geht nur durch unser Kundennetzwerk, unsere Helfer und Freunde.“Und durch den fast unbändigen Fleiß der Kiefls. „Das ist der schönste Beruf, den es gibt, ich will nicht in einem Landwirtschaftsamt sitzen, da würde ich ja verstauben“, sagt er. „Aber die Arbeit hier ist out, weil die Worklife-balance so schlecht ist.“Schon seit einiger Zeit suchen die Kiefls Nachfolger für die Übernahme des Gärtnerhofs.
An eine Hofübernahme denken Lydia Heidemann, Gesa Gerloff und Jette Kühn an diesem Nachmittag im Allgäu noch nicht, auch wenn die drei Aktivistinnen sich eine Zukunft in der Landwirtschaft durchaus vorstellen können. Ihre ganze Konzentration gilt den „Ackerheilbegleitpflanzen“, die den gelben Rüben auf dem Feld den Platz nehmen – irgendwann sollen die Karotten schließlich auch auf den Märkten in Kißlegg und Leutkirch verkauft werden. „Lupft die Rüben nicht an, sonst reißt die Hauptwurzel und die Rüben werden beinig“, erläutert Roland Palm-kiefl. Und Karotten, die nicht wohlgeformt sind, sondern zwei oder mehr Beine haben, wollen auch die treuen Kunden der Kiefls nicht. Denn sie sind viel schwerer zu putzen.