Ein verflixtes Jahr für die Bauern
Steigende Produktionskosten fressen das Milchgeld auf – Landwirte im Raum Wangen haben weiteres Problem
(sz) - Es ist ein verflixtes Jahr – auch für die Bauern, wie sich nach Angaben der Stadt Wangen bei der Landwirtschaftsrunde im Rathaus kürzlich zeigte. Breiten Raum nahmen bei der Besprechung mit den Vertreterinnen und Vertretern der Landwirtschaft, der Kommunalpolitik und dem Landtagsabgeordneten Raimund Haser drei Themen ein: Fragen rund die Milchproduktion, das Düngen und Gülle als Rohstoff für Energie sowie die Einrichtung eines möglichen Biosphärengebiets in der Region ein. Ein Überblick:
Wie ist die Lage beim Milchpreis?
Der Milchpreis liegt derzeit bei 46 bis 50 Cents pro Liter. Am Spotmarkt seien sogar bis zu 60 Cent möglich, hieß es. In einem anderen Jahr wären die Bauern vermutlich froh über diese Preise gewesen. Doch die Produktionskosten seien parallel dazu dramatisch gestiegen, wie aus der städtischen Mitteilung hervorgeht.
So hätten sich die Kosten für Dünger mehr als verdoppelt, sagte der Vertreter der Bauern aus Neuravensburg, Werner Müller. Von den steigenden Energiekosten ganz zu schweigen. Gleichzeitig sei festzustellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher derzeit sehr sensibel auf die steigenden Preise reagierten. Das lasse sich insbesondere an der Bio-milch und Produkten aus Biomilch ablesen. Dieser Bereich, der über Jahre hinweg kontinuierlich gewachsen ist, sei rückläufig. So lägen die Preise für Bio-milch am Spotmarkt oft unter denen der konventionell produzierten Milch.
Welche Probleme gibt es beim Düngen?
Eine wesentliche Betriebsausgabe für die Landwirte ist die Anschaffung von Dünger. Die Vorschriften erlauben es den Bauern, 170 Kilogramm Stickstoff auszubringen. Das sei zu wenig, hieß es, um das Vieh gut zu ernähren. Pro Schnitt fehlten 60 Kilogramm Stickstoff. Mit der Folge, dass die Landwirte diesen zukaufen müssen, der von Konzernen oder in der Ukraine produziert wird, wie Cdu-landtagsabgeordneter Raimund Haser erläuterte.
Zur Einordnung: Die Düngemittelverordnung besteht seit einiger Zeit in dieser Form, weil es in Regionen, in denen viel Ackerbau betrieben wird, ein Nitratproblem im Grundwasser besteht. Dies treffe aber nicht auf das Allgäu zu. In Baden-württemberg gebe es dieses Problem nur in wenigen Regionen am Rhein. Dass Kuhmist nicht nur als Dünger, sondern auch als Rohstoff für Energie in der Zukunft eine bedeutendere Rolle spielen könnte, habe viele Vorteile. Man müsste beispielsweise keinen Mais mehr für diesen Zweck anbauen, um Biogasanlagen zu speisen. Vor 15 Jahren, sagte OB Michael Lang laut Mitteilung, habe man versucht, in Neuravensburg Bauherren in einem Neubaugebiet für Nahwärme aus einer Biogasanlage zu interessieren. „Damals ist es nicht angenommen worden. Unter dem heutigen Druck hätte es möglicherweise funktioniert“, folgerte er.
Wie stehen die Bauern zum Biosphärengebiet?
Ausführlich diskutiert wurden auch die ersten Überlegungen zu einem Biosphärengebiet in den Landkreisen Sigmaringen, Biberach und Ravensburg, das die Landesregierung angestoßen hat. Wangen wäre dort mit einigen kleineren Gebieten an der Argen verzeichnet, heißt es seitens der Stadt.
Wie die Karseer Landwirtin und stellvertretretende Vorsitzende des Kreisbauernverbands, Rosi Geyerfäßler, erklärte, seien die Bauern bereit, die heimische Natur zu bewahren und nachhaltig zu wirtschaften. Doch wenn das Biosphärengebiet tatsächlich komme, bedeute dies, dass künftig in Paris die Gestaltungsräume fürs Allgäu geregelt würden. Die Landwirte baten darum, gehört zu werden, falls das Thema für die Region aktuell werden sollte. Dies sagte OB Michael Lang zu. Er bat darum, das Thema offen zu diskutieren, wenn es akut werden sollte.
Andere Regionen, wie die Rhön oder die Schwäbische Alb bei Münsingen, hätten von einem Biosphärengebiet profitiert. Andererseits gebe es bereits an der Argen ein Schutzgebiet, das Anliegern Einschränkungen abverlange. Insofern sei die Region möglicherweise weniger betroffen, als auf den ersten Blick erkennbar ist. Und: Es scheint laut Lang so zu sein, dass der Norden der in Frage kommenden Region wegen seiner großen Moorflächen den Kern eines solchen Biosphärengebiets bilden sollte.