450 Verfahren gegen ungeimpfte Beschäftigte
Baden-württemberg verhängt Bußgelder, Bayern noch nicht – Kritik der Gewerkschaft
- Baden-württembergs Behörden haben gegen 450 Beschäftigte im Gesundheitsbereich Bußgeldverfahren eingeleitet, weil sie keinen ausreichenden Immunschutz nachweisen konnten. Diese Zahl nannte das Südwestsozialministerium am Freitag. Zuvor hatte das Ministerium von Manfred Lucha (Grüne) die Zahlen bei den Landratsämtern erfragt.
Das Nachbarland lässt sich hierfür mehr Zeit. „Bayern setzt bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht auf ein gestuftes Verfahren und auf eine Umsetzung mit Augenmaß“, erklärte ein Sprecher von Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) auf Nachfrage. Laut der jüngsten Abfrage bei den Gesundheitsämtern vom Mai gebe es bislang keine Bußgeldverfahren, die nächste Abfrage sei für Juli geplant. „Durch dieses gestufte Verwaltungsverfahren werden Bußgeldverfahren erst auf der dritten Stufe eingeleitet, sodass regelhaft mit den Bußgeldverfahren erst ab Juli zu rechnen ist“, erklärte Holetscheks Sprecher.
Relativ ähnlich handhaben die beiden Südländer die Höhe der Bußgelder. Laut Infektionsschutzgesetz sind bis zu 2500 Euro möglich. Holetschek hat den Kreisverwaltungen vorgegeben, „dass das zu verhängende Bußgeld (...) regelhaft höchstens zwischen 100 Euro und 300 Euro betragen soll“, wie sein Sprecher erklärt. In Baden-württemberg liege das empfohlene Bußgeld bei etwa 300 Euro, sagte ein Sprecher Luchas der „Schwäbischen Zeitung“.
Die Kritik an der Teilimpfpflicht reißt derweil nicht ab. Kliniken, Pflegedienstleister und Heimbetreiber befürchten, dass sich der Pflegenotstand dadurch verschärfen wird, wenn ungeimpftes Personal kündigt oder in einem nächsten Schritt von den Behörden mit einem Betretungsverbot belegt wird. Das steigere die ohnehin große Belastung des übrigen Personals. In der Folge könnte die Versorgung von Patienten und Pflegebedürftigen leiden und Plätze wegfallen. Baden-württembergs Landkreistagspräsident Joachim Walter fordert vehement, die einrichtungsbezogene Impfpflicht auszusetzen, bevor der bestehende Pflegenotstand vollends eskaliere.
Irene Gölz, Pflegeexpertin der Gewerkschaft Verdi, sagte: „Die einrichtungsbezogene Imfpflicht macht keinen Sinn ohne eine allgemeine. Sie trifft selektiv Menschen, die in der Corona-pandemie unglaublich viel geleistet haben.“Dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ungeimpftem Pflegepersonal bei einer Kundgebung in Magdeburg den Satz „Sie haben nichts beigetragen“zugerufen hatte, sei „eine Entgleisung“, wenn auch menschlich verständlich. Lauterbach habe den Demonstranten etwas Positives verkünden wollen, nämlich neue Regeln für Personaluntergrenzen in der Pflege und sei von einigen niedergebrüllt worden. „Dieser Durchbruch für die Pflege geht jetzt unter wegen der Entgleisung“, sagte Gölz.