Schwäbische Zeitung (Wangen)

Testament und Verträge sorgen für Klarheit

Rechtliche Dinge sollten unverheira­tete Paare in einer Patchworkf­amilie früh festlegen

- Von Sabine Meuter

- Im zweiten Anlauf glücklich: Zieht ein unverheira­tetes Paar zusammen und beide Partner bringen Kinder aus früheren Beziehunge­n mit, spricht man häufig von einer Patchworkf­amilie. Was im Trubel dann vielleicht mal untergehen mag, ist die Klärung wichtiger Rechtsfrag­en für den Notfall. Dazu gehört auch ein gültiges Testament für beide Partner. Existiert das nicht, greift im Todesfall die gesetzlich­e Erbfolge. „Das ist aber in aller Regel nicht im Sinne der Partner“, sagt die Berliner Familienre­chtlerin Eva Becker. Denn gesetzlich­e Erbfolge bedeutet, dass nur Ehegatten und Verwandte – und hier in erster Linie die leiblichen Kinder – erben. Ohne Testament wird der hinterblie­bene Partner in der Patchworkf­amilie im Erbe nicht bedacht.

Mit einem Testament können sich die Partner dagegen zu Erben einsetzen oder verfügen, dass der Hinterblie­bene zum Beispiel einen bestimmten Betrag pro Monat aus dem Nachlass des oder der Verstorben­en bekommt. Der eigene letzte Wille kann jederzeit ohne Wissen des Partners widerrufen werden. Eine verbindlic­here Alternativ­e ist ein Erbvertrag. Dieser lässt sich nur von beiden Partnern gemeinsam ändern.

Auch die Frage, was in einer Patchworkf­amilie im Todesfall mit den minderjähr­igen Kindern geschieht, gilt es laut Becker frühzeitig zu klären. Ist nichts geregelt, können die Kinder des verstorben­en Partners nicht in der Patchworkf­amilie bleiben. „Das Sorgerecht würde in einem solchen Fall immer an den biologisch­en Elternteil gehen, also an den Ex-partner“, sagt Becker. Nach Angaben der Bundesnota­rkammer ist es dabei unerheblic­h, ob die Eltern noch verheirate­t sind oder getrennt leben. Sollte auch der zweite biologisch­e Elternteil versterben, muss das Familienge­richt einen Vormund für das minderjähr­ige Kind oder die minderjähr­igen Kinder bestellen. Wer frühzeitig vorsorgt, kann das verhindern.

Da sich gerade bei Patchworkf­amilien zahlreiche komplizier­te Rechtsfrag­en ergeben und jeder Fall anders ist, sollten Paare unbedingt rechtliche­n Rat einholen. „Wer hier zum Beispiel in Sachen Testament mit Mustern aus dem Internet arbeitet, greift mit großer Wahrschein­lichkeit daneben“, warnt Martin Thelen von der Bundesnota­rkammer in Berlin.

Wünscht sich ein unverheira­tetes Paar, dass ihre jeweiligen leiblichen Kinder im Ernstfall im bisherigen

Umfeld bleiben, bietet sich eine Stiefkinda­doption an. Seit Anfang 2020 ist es nicht ehelichen Lebensgefä­hrten so möglich, die Kinder ihrer Partner zu adoptieren. „Der annehmende Elternteil hat damit alle Rechte und Pflichten wie ein biologisch­er Elternteil – vor allem ein eigenes Sorgeund Umgangsrec­ht“, erklärt Thelen.

Im Ergebnis kann der Adoptivelt­ernteil auch im Todesfall des biologisch­en Elternteil­s alle Angelegenh­eiten des Kindes regeln. Ihn treffen allerdings auch alle Pflichten. „Beispielsw­eise ist er dem Kind gegenüber unterhalts­pflichtig, selbst wenn es zur Trennung des Paares kommt“, so Thelen. Das Kind wird zudem zum gesetzlich­en Erben und damit auch zum Pflichttei­lsberechti­gten.

Eine Stiefkinda­doption ist aus Sicht von Thelen nur dann sinnvoll, wenn die Verbindung so stark wie bei einem eigenen biologisch­en Kind ist. Außerdem sollte das Kind dazu bereit sein, auf die Verwandtsc­haft zu dem anderen leiblichen Elternteil und dessen Angehörige­n zu verzichten. „Diese Beziehunge­n erlöschen nämlich grundsätzl­ich durch die Stiefkinda­doption“, so Thelen.

Eine der Grundvorau­ssetzungen für eine Stiefkinda­doption in nicht ehelichen Familien: „Sie muss dem

Kindeswohl dienen“, sagt Eva Becker. Zudem muss zu erwarten sein, dass zwischen dem Annehmende­n und dem Kind ein Eltern-kind-verhältnis entsteht. Das stellt das Familienge­richt fest. In nicht ehelichen Lebensgeme­inschaften kann ein Partner das Stiefkind zudem nur annehmen, wenn die Lebenspart­ner „in einer verfestigt­en Lebensgeme­inschaft und in einem gemeinsame­n Haushalt leben“, so Thelen.

Eine verfestigt­e Lebensgeme­inschaft liegt nach dem Gesetz in der Regel vor, wenn die Lebenspart­ner seit mindestens vier Jahren eheähnlich zusammenle­ben. Bei kürzerer Zeit des Zusammenle­bens aber etwa auch dann, wenn das Paar gemeinsam eine Immobilie kaufe, sagt Thelen. „Umgekehrt liegt eine verfestigt­e Lebenspart­nerschaft grundsätzl­ich nicht vor, wenn ein Partner noch mit einer anderen Person verheirate­t ist“, sagt der Sprecher der Bundesnota­rkammer. Leibliche Eltern müssen der Stiefkinda­doption zustimmen.

Was in Patchworkf­amilien sonst noch wichtig ist: „Frühzeitig das Zusammenle­ben vertraglic­h regeln“, empfiehlt Becker. Etwa festlegen, wem im Fall einer Trennung was gehören soll. „Auch mögliche Unterhalts­ansprüche sollten beide per Vertrag vereinbare­n“, so Becker.

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FOTO: UWE UMSTÄTTER/DPA Wer in einer Patchworkf­amilie frühzeitig vorsorgt, entgeht im Ernstfall vielen Schwierigk­eiten.

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