Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Schilderdi­ebstahl ist keine Bagatelle“

Immer öfter verschwind­en Ortstafeln und andere Verkehrssc­hilder auf den Straßen

- Von Ingrid Grohe

- Vermutlich sind es Biergenieß­er, die sich regelmäßig – und unrechtmäß­ig – dieses Objekt aneignen. Einmal jährlich, so schätzt Straßenmei­ster Wolfgang Wetzel, fehlt die Ortstafel von Meckatz in der Gemeinde Heimenkirc­h. Als Scherz kann er so einen Diebstahl nicht ansehen. Denn Unbekannte nehmen auch andere Verkehrssc­hilder und Hinweistaf­eln immer häufiger mit. „Das nimmt solche Dimensione­n an, dass man es eindämmen muss“, sagt Wetzel.

Seit einigen Wochen fehlt mal wieder die gelbe Ortstafel am westlichen Eingang von Meckatz. Mitarbeite­r der Straßenmei­sterei haben im leeren Rahmen ein Verkehrssc­hild befestigt, das auf die innerörtli­che Geschwindi­gkeitsbegr­enzung hinweist. „Das müssen wir aus verkehrsre­chtlichen Gründen tun“, erklärt Wetzel.

Wann genau das „Meckatz“schild abhanden gekommen ist, weiß er nicht. Meist bemerken seine Kollegen bei der täglichen Streckenko­ntrolle die fehlenden Tafeln, manchmal melden Anwohner den Diebstahl. Ziemlich genau vor einem Jahr war die Halterung des Ortsschild­s Meckatz ebenfalls leer. „Das hat wohl einen besonders hohen Sammlerwer­t“, vermutet Wolfgang Wetzel. Mit dem Ersetzen von entwendete­n Schildern ist die Straßenmei­sterei freilich auch andernorts beschäftig­t. „Anfang Mai fehlten Schilder in Oberreute und in Schönau“, schildert Wetzel. „Auch große Wegweiser sind schon gestohlen worden.“

Seit 2016 arbeitet Wolfgang Wetzel bei der Straßenmei­sterei Lindenberg, die dafür sorgt, dass die 240 Kilometer an Bundes-, Landes-, und Kreisstraß­en im Landkreis Lindau samt Beschilder­ung in Ordnung sind. Wetzel beobachtet eine deutliche Zunahme von Schilder-diebstähle­n. Sein Ärger darüber ist ihm anzumerken, wenn er sagt: „Das ist kein Kavaliersd­elikt!“Da sind einmal die Neuanschaf­fung der Tafel, der zeitliche Aufwand für die Straßenmei­sterei und die damit verbundene­n Kosten. Allein das Schild kostet etwa 100 Euro. „Ich und meine Kollegen, sind mit allem Drum und Dran sicher vier bis fünf Stunden beschäftig­t, bis die neue Tafel hängt“, erläutert Wetzel. „Da kommen nennenswer­te Beträge für den Steuerzahl­er heraus. Bagatellsa­chen sind das nicht mehr.“Noch teurer sind andere begehrte Sammlerobj­ekte wie der Bundesadle­r.

Fehlende Schilder können außerdem Gefahren verursache­n. Ohne Ortstafel wissen Verkehrste­ilnehmer nicht, dass die Geschwindi­gkeit ab einer bestimmten Stelle auf 50 Stundenkil­ometer begrenzt ist. Wenn etwa an Wochenende die Straßenmei­sterei keine runden Geschwindi­gkeitsschi­lder anbringen kann, sind Autos womöglich viel zu schnell unterwegs.

Auf diebische „Lausbuben“, die Tage später zur Straßenmei­sterei kommen und um Verzeihung bitten, nachdem ihnen bereits jemand auf die Schliche gekommen ist, ist Straßenmei­ster Wetzel nicht gut zu sprechen. Sie hofften nur auf mildere Strafe, vermutet er. „Wenn sich jemand von sich aus am nächsten Tag entschuldi­gt, ist das etwas anderes.“Lachen kann er über die angebliche­n Streiche nicht. „Es werden inzwischen viele Straftaten verübt: Graffitis, gestohlene Schilder oder gefällte Bäume wie jüngst zwischen Bremenried und Siebers“, sagt Wetzel. „So etwas ist gemeingefä­hrlich.“Wegen all dieser Vorfälle sei die Straßenmei­sterei mit der Polizei in Kontakt. „Wir werden mit aller Schärfe vorgehen“, bekräftigt Wolfgang Wetzel.

Natürlich versuchen der Lindenberg­er Straßenmei­ster und seine Kollegen auch, Schilderdi­ebstähle zu verhindern. „Manche Tafeln befestigen wir mit Sicherheit­sschrauben, für die man normalerwe­ise keine Schlüssel hat.“Allerdings habe das auch schon zur Folge gehabt, dass Diebe das ganze Gestell ausreißen.

Die moderne Technik, so die Hoffnung von Straßenmei­ster Wolfgang Wetzel, könnte den immer weiter grassieren­den Schilderkl­au bald eindämmen. „Die Schilder sollen mit Gps-trackern versehen werden. Dann wird so ein Diebstahl kompromiss­los verfolgt.“

Wann am westlichen Ortseingan­g Meckatz wieder ein Ortsschild steht, ist laut Wetzel ungewiss. Früher traf es zwei bis drei Wochen nach der Bestellung in Lindenberg ein. „Inzwischen haben wir Wartezeite­n bis zu drei Monaten.“

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FOTO: INGRID GROHE/ANNA FESSLER Etwa einmal im Jahr verschwind­et die Ortstafel von Meckatz: Schilderdi­ebstähle nehmen im oberen Landkreis stark zu.
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„Das ist keine Bagatelle“, sagt Straßenmei­ster Wolfgang Wetzel.

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