Diese Gefahren drohen beim Stehpaddeln
Viele Supler sind nicht aufgeklärt und kennen Gefahren von Wind und Wetter nicht
- Stehpaddeln auf dem Bodensee wird immer beliebter, eine Schwimmweste wollen viele dabei aber nicht tragen. Außerdem überschätzen Supler sich oft selbst. Warum das Stand-up-paddeln gefährlich werden kann und auf was die Wassersportler achten sollten.
Mitte Mai gerät eine Suplerin auf dem Bodensee in Seenot. Trotz Starkwindwarnung paddelt sie raus und wird dort von dem Wind in Richtung Seemitte getrieben. Weil die Frau die Kontrolle über das Brett verliert, muss die österreichische Wasserrettung sie in sicheres Gewässer bringen. Ein Schiffsführer hatte der Feuerwehrleitstelle Vorarlberg gemeldet, dass jemand auf einem SUP in der Hafeneinfahrt vor Hard Hilfe benötige. Verletzt hat sich die Frau nicht, aber der Vorfall hätte auch anders ausgehen können.
Damit ist sie kein Einzelfall. Immer wieder kommt es zu Zwischenfällen und Unfällen von Stand-uppaddlern. „Wir haben das Problem rund um den See“, sagt Klaus Achtelstetter, Leiter der Lindauer Wasserschutzpolizei (Wapo). Zum großen Teil handele es sich um Individualsportler, die wenig Erfahrung haben und die Gefahren nicht kennen. Das Problem: Die Stand-up-paddler sind nicht in Vereinen organisiert, sondern machen das Hobby für sich. Oft seien sie nicht aufgeklärt und wüssten zu wenig über Risiken, wie Wind,
Gewitter, Nebel, Sonne und Kälte. „Viele überschätzen sich selbst und unterschätzen den See und seine Tücken“, sagt Achtelstetter.
Wie tragisch es ausgehen kann, zeigt auch ein aktueller Fall vom Wochenende: Ein junger Mann paddelt im Harder Binnenbecken am Sonntagnachmittag mit dem Board raus. Dort stürzt er von dem Brett. Offenbar kann der 22-Jährige nicht schwimmen und muss von Einsatzkräften aus vier bis fünf Meter Wassertiefe geholt werden. Der Einsatz läuft gut, sie können ihn erfolgreich reanimieren. Später auf der Intensivstation stirbt der Mann aber an den Folgen des Unglücks.
Zu ernsthaften Sup-unfällen ist es in Lindau bisher noch nicht gekommen, sagt Klaus Achtelstetter. Dass Stehpaddler die Situation auf dem See unterschätzen, komme aber immer wieder vor. Problematisch werde es dann, wenn Supler bei Flaute aufs Wasser gehen und plötzlich Wind aufkommt. Viele hätten dann zu wenig Kondition, um gegen die Wellen anzukommen. Bei ihren Kontrollfahrten auf dem See sammelt die Wapo regelmäßig Supler auf und bringt sie zurück ans Land. Im Jahr gebe es um die fünf Einsätze dieser Art.
Dass Supler Gefahren teilweise nicht richtig einschätzen können, zeigt auch ein anderer Vorfall, von dem Klaus Achtelstetter berichtet: An einem warmen Weihnachten vor drei Jahren waren Stand-up-paddler im T-shirt auf dem Bodensee unterwegs. „Der See hatte aber nur sechs oder sieben Grad Wassertemperatur“, sagt Achtelstetter. Wären die Wassersportler ins Wasser gefallen, hätten sie sich unterkühlen können.
Vor ein paar Jahren sei auch mal ein Supler am Pulverturm auf der Hinteren Insel gestrandet. Nur weil zufällig ein Passant vorbeigekommen ist und die Person von den Steinen ziehen konnte, sei Schlimmeres verhindert worden, sagt Achtelstetter. Es hatte so einen starken Sturm gegeben, dass der Wassersportler die Kontrolle verloren hatte. „Allein wäre er nicht hochgekommen.“
Bei ihren Fahrten auf dem Bodensee spricht die Lindauer Wasserschutzpolizei Supler auch direkt an, kontrolliert und klärt auf. Denn als Stehpaddler gibt es einiges zu beachten. „Als Anfänger sollte man sich nicht zu weit vom Ufer entfernen“, sagt Achtelsteller. Aber auch nicht im
Schwimmerbereich unterwegs sein.
Außerdem sollte man sich über die Wetterlage informieren, zum Beispiel mit einer Wetter-app, um über schnell aufziehende Gewitter und Winde Bescheid zu wissen. Die Sturmwarnleuchten, die rund um den See verteilt sind, können dabei helfen, das Wetter besser einzuschätzen. Die orangefarbenen Blinkscheinwerfer warnen Wassersportler vor Starkwind oder Sturm. Am bayerischen Bodenseeufer gibt es eine in Wasserburg, an der Luitpold-kaserne auf der Hinteren Insel in Lindau und im Strandbad Eichwald.
Laut Bodensee-schifffahrts-ordnung müssen Supler, die sich mehr als 300 Meter vom Ufer entfernen, eine Schwimmweste tragen und am besten immer eine dabei haben. Supboards müssen immer mit Anschrift und Name des Besitzers gekennzeichnet sein. „Ich empfehle auch eine aktuelle Telefonnummer draufzuschreiben“, sagt Achtelstetter. Denn: Findet die Wapo ein Sup-brett, muss sie schnell abklären, ob ein Seeunfall vorliegt oder nicht, wer beteiligt ist und was passiert ist.
Einen Fehler machen Supler dann, wenn sie sich ein günstiges Board beim Discounter kaufen, das für das eigene Gewicht nicht gemacht ist.
Das Problem kennt auch David Jeschke von der Wasserburger Surfschule. Dort können sich Interessierte Sup-boards ausleihen. Bevor es aufs Wasser geht, gibt Jeschke eine kurze Einweisung. Das sei wichtig, sagt er. „Am besten sollte man vorher einen kleinen Kurs machen, damit man sicher loslegen kann.“
Viele pumpen ihre Bretter nicht richtig auf oder hätten eine falsche Paddeltechnik. Auch eine richtige Paddel-länge sei wichtig. Grob lässt sich sagen: Das Paddel sollte im
Durchschnitt um die 20 Zentimeter größer als man selbst sein. Bei den meisten bedeutet dies, dass der Arm beim Umfassen des Griffs leicht angewinkelt ist. Und: Wer weiter rauspaddelt, sollte geübt sein.
Davor warnt auch Klaus Achtelstetter. Den Bodensee zu überqueren, sei laut einer alten Verordnung zumindest in Bayern ohnehin verboten.
Von besonders gefährlichen Fällen hat der Wapo-leiter über Kollegen erfahren: Im Gebiet der Bodenseeschifffahrt sei es zu Fällen gekommen, bei denen sich Supler an Passagierschiffe gehängt hätten, um sich von ihnen mitziehen zu lassen. „Das ist äußerst gefährlich, weil man in den Schiffsraum gezogen werden kann“, sagt Achtelstetter. Stand-up-paddler sollten sich von solchen Schiffen auf jeden Fall fernhalten – auch, weil die hohe Wellen verursachen können.