Schwäbische Zeitung (Wangen)

Vandalen toben sich an Kunstwerke­n in Lindau aus

Rahmen herunterge­rissen, Laternen umgestoßen und Skulpturen in den See geworfen – Gezielte Aktion?

- Von Yvonne Roither

- Gelbe Rahmen werden herunterge­rissen, Laternen umgestoßen und Skulpturen in den See geworfen: Immer wieder werden Kunstwerke der Biennale beschädigt. Steckt eine gezielte Aktion gegen die Kunstausst­ellung dahinter?

Nicht nur der mit roten Stoffbahne­n versehene Löwe erhitzt die Gemüter von Lindauern und Besuchern. Auch über andere Kunstwerke der Biennale wird heftig diskutiert. „Dass es Reaktionen darauf gibt, ist ja gewollt“, sagt Kuratorin Sophie-charlotte Bombeck. Sicher nicht gewollt ist Vandalismu­s. Doch wer seine Werke im öffentlich­e Raum ausstelle, setze diese auch den damit verbundene­n Gefahren aus. Das sei auch den Künstlerin­nen und Künstlern klar.

Dana Greiner hat es besonders getroffen. Sie ist für die Installati­on am Pumpenhäus­chen, die „Köpfe der Insel“, aber auch die Männerskul­pturen verantwort­lich, „deren Geschlecht­steile unbeholfen in Objekte im öffentlich­en Raum platziert werden“, wie sie sie selber beschreibt. Vergangene Woche bedankte sie sich auf Instagram bei den Lindauerin­nen, „die die Arbeiten zum Teil aus dem Bodensee gefischt und gerettet haben“. Drei ihrer Werke am Aeschacher Ufer seien wegen Sachbeschä­digung momentan abgebaut, schreibt sie und äußert sich „bestürzt“über den Vandalismu­s.

Sie ist nicht die einzige, die es erwischt hat. Laut Kuratorin wurden sieben von insgesamt 25 Kunstwerke­n beschädigt. Darunter sind der „Public Dancefloor“, wo der Schalter – kaum dass er repariert war – schon wieder beschädigt wurde sowie die Laternen auf dem Bahndamm, die jemand umgetreten und in den See geworfen hat. Auch eine der Alu-blumen auf der Hinteren Insel musste dran glauben: Sie wurde einfach abgeschnit­ten.

Die Künstlerin­nen und Künstler seien „sehr betroffen“, schließlic­h stecke hinter den Werken „sehr viel Arbeit und Herzblut“, so Bombeck. Ob manche Kunstwerke so beschädigt sind, dass sie nicht mehr repariert werden können, könne sie im Moment noch nicht sagen. „Da sind wir noch im Gespräch mit den Künstlerin­nen und Künstlern.“Auch sei noch nicht abschließe­nd geklärt, ob reparierte Werke wieder an derselben Stelle aufgestell­t werden und wer für den entstanden­en Schaden haftet und bezahlt. Fest steht nur: „Da, wo wir die Werke wieder richten können, werden wir reagieren und sie wieder instand setzen.“

Der Polizei ist das Problem bekannt, wie Michael Jeschke, Leiter der Lindauer Polizeiins­pektion, bestätigt. Dass jetzt „doch etliches kaputt gegangen ist“, sei für ihn keine Überraschu­ng. Er habe die Verantwort­lichen bereits im Vorfeld darauf hingewiese­n, dass das passieren könne. Auch wenn es Aufgabe der Kunst sei, Grenzen zu überschrei­ten und Diskussion­en anzustoßen: „Bei Vandalismu­s hört es auf.“Wenn sich Künstler oder Kulturamt melden, nimmt die Polizei Anzeigen gegen Unbekannt auf. Die Chance, einen Täter zu schnappen, sei zwar gering. Aber die Anzeigen „sensibilis­ieren uns, immer mal wieder nach den Kunstwerke­n zu schauen“, so Jeschke weiter.

Die Kurautorin geht nicht davon aus, dass sich die Zerstörung­swut gezielt gegen die Biennale richtet. „Die Anhaltspun­kte, die wir haben, sprechen nicht dafür.“Sie verbucht die Schäden unter „allgemeine­m Vandalismu­s“. Die Polizei sieht das ähnlich. „Wir gehen davon aus, dass das im Vorbeigehe­n bei Gelegenhei­t passiert“, so Jeschke. Wie eben andere Beschädigu­ngen auch.

Nicht nur auf Facebook taucht die Frage immer wieder auf: Viele Lindauer wollen wissen, wie viel die Biennale kostet. Doch darüber gibt Sophie-charlotte Bombeck keine konkrete Auskunft. Die gesamte Projektsum­me stehe erst nach Abschluss der Biennale fest, sagt sie. Da sie sie mit den Förderstel­len derzeit noch in Verhandlun­gen sei, könne sie keine konkreten Zahlen herausgebe­n.

Bombeck betont jedoch, dass für die Biennale „außergewöh­nlich hohe Fördergeld­er“an Land gezogen werden konnten, die ausschließ­lich an Kulturzwec­ke gebunden sind: Vom Kunstminis­terium Bayern und von Leader gab es eine große Förderung von etwa zwei Drittel, was laut aktuellem Zuwendungs­bescheid einer Fördersumm­e von rund 183 000 Euro entspreche. Der größere Anteil des fehlenden Drittels werde über Spenden und Zuwendunge­n finanziert. Für den Kulturetat der Stadt bleibe somit nur noch „ein gewisser Eigenantei­l“, welcher sich an der letztendli­chen Projekt- beziehungs­weise Fördersumm­e orientiere­n wird. Das heißt, die Biennale kostet rund 275 000 Euro.

„Dieses Geld wäre ohne die Biennale nicht nach Lindau gekommen“, verweist Sophie-charlotte Bombeck auf die Förderunge­n. Daher sei der Vorwurf, es würde an anderer Stelle fehlen, „nicht gerechtfer­tigt“.

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