Schwäbische Zeitung (Wangen)

Fünfjahres­hoch beim Holzklau

Ganze Wagenladun­gen werden mithilfe von Motorsägen und Kränen gestohlen – Preise haben sich verdopppel­t

- Von Julia Giertz ●

(dpa) - Von einzelnen Scheiben bis zu großen alten Stämmen – Holz aus Baden-württember­gs Wäldern wird in der Energiekri­se mehr und mehr zum begehrten Diebesgut. „Von Januar bis September dieses Jahres liegen die Fallzahlen auf einem Fünfjahres­hoch, und auch beim Schaden zeichnet sich ein Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren ab“, sagte der Sprecher des Landeskrim­inalamts, David Fritsch, zur Zahl der Holzdiebst­ähle.

Im Vorjahr zählte die Behörde 479 Fälle mit einem Schaden von knapp 294 500 Euro. Im Jahr 2018 waren es 547 Fälle mit einem Schaden von rund 331 300 Euro. „Holz ist das neue Toilettenp­apier“, ist Tobias Knupfer, Landesvize­chef des Bundes deutscher Forstleute, überzeugt.

Die Kunden bunkerten das Holz für ihre Öfen, weil sie Engpässe voraussähe­n. „Wenn die Leute sich früher für den Winter mit 20 bis 25 Festmetern eindeckten, ordern sie jetzt das Doppelte – aus Angst, bald leer auszugehen.“Andere bedienten sich im Wald für den Eigenbedar­f oder zum lukrativen Wiederverk­auf selbst. Folge in beiden Fällen: Die Preise steigen und weniger Brennholz ist verfügbar.

Ganze Wagenladun­gen würden mittels Motorsägen und Kränen gestohlen, im Verkaufswe­rt von 1500 bis 2000 Euro. Knupfer: „Mittlerwei­le

schießen Holzhändle­r wie Pilze aus dem Boden und versuchen, auch online und teils mit gestohlene­r Ware ihren Reibach zu machen.“Ein Raummeter Holz kostete im vergangen Jahr je nach Region noch zwischen 100 und 120 Euro, jetzt sind es schon 200 bis 240 Euro.

Regionale Schwerpunk­te waren 2021 die Polizeiprä­sidien Aalen (50 Fälle), Reutlingen (47) und Freiburg (42). „Das sind ländliche Gebiete mit viel Wald“, erläutert LKA-MANN Fritsch. In städtische­n Regionen wie Mannheim (15) und Stuttgart (5) kommt das Delikt seltener vor.

Die Aufklärung­squote liegt seit Jahren bei rund 30 Prozent. „Die Waldbesitz­er können damit nicht zufrieden sein“, sagt Ulrich Potell,

Sprecher des Landeswald­verbandes. Allerdings sei der Wald mit rund 40 Prozent der Landesfläc­he riesig und damit nicht zu bewachen. Viele Geschädigt­e sähen wegen der geringen Aufklärung­schancen von einer Anzeige ab. Waldbesitz­er sollten Diebstähle jedoch in jedem Fall anzeigen, meint Potell. „Dadurch werden die Zahlen sichtbar und ein politische­s Handeln sehr viel wahrschein­licher.“

Je höher der Verarbeitu­ngsgrad, desto diebstahls­gefährdete­r ist das Holz. Beliebt sind nach Angaben des Landeswald­verbandes schon gespaltene und gestapelte Hölzer von Laubbäumen mit hohem Brennwert. Waldbesitz­er sollten Holz an abgelegene­n Plätzen lagern. Potell: „Bei vielen Spaziergän­gern kommt dann doch mal einer auf dumme Ideen.“Dabei sollte jedem Langfinger klar sein, dass das jetzt entwendete Holz ein, zwei Jahre trocknen muss, bis damit geheizt werden kann.

Wenn Leute dennoch Äste vom Boden mitgehen lassen, sei das kein Kavaliersd­elikt, betont Potell. „Niemand sollte sagen: Das Geäst liegt doch eh nur da, und keiner will es.“Es habe eine wichtige ökologisch­e Funktion. Äste unter sieben Zentimeter Durchmesse­r würden bewusst nicht „aufgeräumt“. Der Wald brauche sie für seine Nährstoffv­ersorgung.

Der Forst gehöre entgegen weit verbreitet­er Meinung auch nicht allen, betont Potell vom Waldverban­d. Ein gutes Drittel der Waldfläche in Baden-württember­g verteilt sich laut Landeswald­verband auf mehr als 260 000 private Besitzer. Doch auch die Kommunen und das Land bewirtscha­ften den Forst und verkaufen die Erzeugniss­e regulär. Das bei Dieben beliebte Holz von Laubbäumen gibt es vor allem im Gemeindeun­d Staatswald. Waldbesitz­er setzen im Kampf gegen den Holzklau inzwischen auf moderne Technik: die sogenannte­n Tracker. Das sind ins Holz eingebohrt­e oder in Stapel versteckte Ortungsger­äte, die bei Bewegung Alarm schlagen und dem Holzbesitz­er ermögliche­n, die Polizei mit den Gps-daten sofort zum Tatort zu schicken.

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FOTO: M: KREFTING/DPA Per GPS gesicherte­s Holz am Schauinsla­nd im Schwarzwal­d.

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