Kampf gegen Kippen, Kaffeebecher und Co.
Umweltministerin Steffi Lemke will gegen „Verschmutzungskrise“in Städten vorgehen – Hersteller sollen zur Kasse gebeten werden
BERLIN - Achtlos weggeworfener Abfall ist ein Ärgernis in vielen Städten. Die Bundesregierung will nun dagegen vorgehen, indem sie die Hersteller von Produkten aus Einwegplastik an der Abfallbeseitigung beteiligt. „Zigarettenkippen, Flaschen, To-go-becher und Einmal-essensbehälter landen leider viel zu oft an Straßenrändern, in unseren Parks und Wäldern und sind Ausdruck der Verschmutzungskrise“, sagt Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Die Kosten für die Entsorgung des Abfalls trage bisher die Allgemeinheit. „Das soll sich ändern.“
So sieht ein von ihr am Mittwoch ins Kabinett eingebrachtes „Einwegkunststofffondsgesetz“vor, dass Hersteller ab 2025 in einen Fonds einzahlen müssen. Die Abgabe richte sich nach der im Vorjahr in Verkehr gebrachten Plastikmenge aus, erste Berechnungen gehen von Einnahmen bis zu 450 Millionen Euro aus. Das Geld können Kommunen für die Abfallbeseitigung oder „Sensibilisierungsmaßnahmen“beantragen.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bezweifelt allerdings, dass die Städte dadurch sauberer werden. Es sei zwar richtig, dass Hersteller sich beteiligen müssten, sagt Duhverpackungsexpertin Elena Schägg. „Allerdings fällt dadurch kein Gramm weniger Plastikmüll an.“Die DUH plädiert dafür, das Müllproblem stattdessen „an der Wurzel“zu packen und fordert eine Abgabe von mindestens 20 Cent auf „Einweg-togo-verpackungen“wie Kaffeebecher oder Essensboxen. Vorbild dafür ist Tübingen, wo Bürgermeister Boris Palmer (Grüne) es mit einer ähnlichen Maßnahme gelungen ist, das Abfallaufkommen deutlich zu reduzieren. Berechnungen gehen von bis zu 15 Prozent weniger Müll seit der Einführung einer Einwegsteuer aus. Allerdings hat eine Mcdonalds-filiale dagegen geklagt, weswegen die Steuer auf der Kippe steht.
Auch jetzt ist aus der Wirtschaft Kritik zu hören. Lemkes Vorschlag komme zur „Unzeit“, heißt es in einer Mitteilung von sieben Verbänden. Die Wirtschaft sei derzeit „vollständig damit ausgelastet“, den Betrieb trotz stark steigender Energiepreise aufrechtzuerhalten. Das Vorhaben der Regierung, einen solchen Fonds einzurichten, widerspreche dem zugesagten „Belastungsmoratorium“, heißt es. Damit habe sich die Bundesregierung verpflichtet, „unverhältnismäßige Bürokratie in der aktuellen Krise“zu vermeiden. Die Verbände plädieren dafür, dass die betroffenen Branchen die Kostenfrage unter sich regeln.