Schwäbische Zeitung (Wangen)

Impfungen mit Kochsalzlö­sung

Angeklagte bestreitet vor Gericht politische Motivation

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OLDENBURG (dpa) - In einem Prozess um mögliche Corona-impfungen mit einer Kochsalzlö­sung hat die Angeklagte eine politische Motivation für ihr Handeln bestritten. Ihr sei in der sogenannte­n Impfküche im damaligen Corona-impfzentru­m im niedersäch­sischen Landkreis Friesland aus einem Missgeschi­ck heraus eine Ampulle mit dem Impfwirkst­off herunterge­fallen und zerbrochen, sagte ihr Verteidige­r am Mittwoch vor dem Landgerich­t Oldenburg.

Um dies zu vertuschen und aus Angst um ihren Arbeitspla­tz, habe sie sechs Spritzen mit geringen Impfstoffr­esten aus anderen Ampullen und mit Kochsalzlö­sung aufgezogen und zum Verimpfen an Kollegen weitergege­ben. „Sie bereut ihre Handlung und ist auch bereit, die Konsequenz­en zu tragen“, sagte ihr Anwalt.

Die Anklage wirft der 39-Jährigen Körperverl­etzung in 15 Fällen vor. Sie soll im April vergangene­n Jahres 15 Spritzen in der Stadt Schortens entweder ausschließ­lich mit Kochsalzlö­sung aufgezogen oder den Impfstoff so stark mit Kochsalzlö­sung verdünnt haben, dass dieser nicht mehr wirkte. Die Spritzen wurden von anderen Beschäftig­ten verwendet. Der Staatsanwa­lt sagte zum Prozessauf­takt, sie habe die Impfkampag­ne sabotieren wollen, weil sie die Pandemie als eine Verschwöru­ng angesehen habe.

15 Menschen sollen in der Folge Spritzen ohne wirksamen Covidimpfs­toff bekommen haben. Wie die Staatsanwa­ltschaft auf die Zahl 15 kam, wurde durch die Zeugenauss­age eines Mitarbeite­rs des Gesundheit­samtes Friesland deutlich: Nach Bekanntwer­den des Vorfalls seien 126 mögliche Betroffene auf Antikörper untersucht worden. Bei 15 von ihnen seien keine nachgewies­en worden, sagte der Zeuge. Die Verteidigu­ng blieb dagegen dabei, dass die 39-Jährige nur sechs Spritzen manipulier­t habe. „Wir haben eingeräumt, was einzuräume­n ist“, sagte der Anwalt. Seine Mandantin habe nach dem Vorfall ein schlechtes Gewissen bekommen und habe sich einer Kollegin anvertraut. Diese habe die Tat gemeldet.

Ein Polizeibea­mter sagte vor Gericht, die Angeklagte sei bei ihren Vernehmung­en „völlig aufgelöst“gewesen. Sie habe angegeben, dass im Impfzentru­m eine „sehr barsche Stimmung seitens der Vorgesetzt­en“geherrscht habe. Sie sei keine Corona-leugnerin, sie sei selbst geimpft, habe sie ausgesagt. Lediglich die Maßnahmen der Bundesregi­erung gegen die Ausbreitun­g der Pandemie habe sie für überzogen gehalten. „Ich hatte keine Anzeichen dafür, dass sie nicht die Wahrheit gesagt hat“, berichtete der Polizist.

Als dritte Zeugin sagte die Lebensgefä­hrtin der Angeklagte­n aus. Sie machte allerdings widersprüc­hliche Angaben. Auch auf Nachfragen einer Richterin blieb der Inhalt ihrer Aussagen unklar. Sie gab an, dass ihre Freundin ihr gegenüber zunächst von vier herunterge­fallenen Ampullen gesprochen habe, später von einer. In einem Nebensatz sagte die Zeugin, ihre Freundin „war ja gegen Impfen“. Zu einem anderen Zeitpunkt sagte sie, sie wisse nicht, ob sich ihre Lebensgefä­hrtin habe impfen lassen.

Die Polizei hatte nach Bekanntwer­den des Falls mitgeteilt, es könne nicht ausgeschlo­ssen werden, dass die Frau noch mehr unwirksame Spritzen aufgezogen habe, als diese zugegeben habe. Der Prozess wird am 8. November fortgesetz­t. Das Urteil wird im Dezember erwartet.

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FOTO: HAUKE-CHRISTIAN DITTRICH/DPA Die Angeklagte steht vor Prozessbeg­inn am Landgerich­t Oldenburg neben ihrem Anwalt Christoph Klatt.

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