Schwäbische Zeitung (Wangen)

Fehlende Signale führen auf die Spur illegaler Fischerei

Us-amerikanis­che Forscher wollen Behörden nun mit Echtzeitda­ten helfen

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SANTA CRUZ (dpa) - Wenn Fischereis­chiffe ihr automatisc­hes Identifika­tionssyste­m (AIS) ausschalte­n, kann das verräteris­ch sein. Us-forscher haben eine Methode entwickelt, um abzuschätz­en, in welchen Fällen die Wahrschein­lichkeit für illegale Fischerei steigt. Dabei berücksich­tigten sie auch, dass das Abschalten des AIS teilweise erfolgt, um sich vor Piraten zu schützen oder Konkurrent­en nicht reiche Fischgründ­e zu verraten. Die Studie des Teams um Heather Welch von der University of California in Santa Cruz ist im Fachjourna­l „Science Advances“erschienen.

Schätzunge­n zufolge verursacht illegale Fischerei jedes Jahr weltweit einen wirtschaft­lichen Schaden von bis zu 25 Milliarden Dollar. Außerdem treibt sie die Überfischu­ng der Meere voran.

Das automatisc­he Identifika­tionssyste­m bei Schiffen ist vor mehr als 20 Jahren internatio­nal eingeführt worden, um Schiffskol­lisionen zu verhindern. Es eignet sich jedoch auch, um Schiffsrou­ten zu verfolgen und illegaler Fischerei auf die Spur zu kommen. Weil viele Schiffsfüh­rer dies wissen, schalten sie es bei illegalen Tätigkeite­n aus.

Die Forscher griffen in Zusammenar­beit mit der Nichtregie­rungsorgan­isation Global Fishing Watch in Washington D. C. (USA) auf Ais-daten der Jahre 2017 bis 2019 zurück. Sie fanden mehr als 55 000 Fälle, in denen von den Schiffen kein Ais-signal mehr zu empfangen war, der Satelliten­empfang an sich aber gut war.

„Es gibt einige legitime Gründe, warum Schiffe ihr AIS deaktivier­t haben, aber wir haben generell zwei Situatione­n

gefunden, in denen dies aus potenziell schändlich­en Gründen geschieht, entweder um an nicht autorisier­ten Orten zu fischen oder um nicht autorisier­te Umladungen zu verschleie­rn“, sagt Welch.

Die Umladungen erfolgen von Fischereis­chiffen auf große Frachter mit Kühlsystem­en. Die Forscher konnten ein solches Ereignis sogar direkt nachweisen, weil der Schiffsfüh­rer zwar das AIS bei der Annäherung an einen Frachter abgeschalt­et hatte, aber eines der Fischerein­etze auch mit einem AIS ausgestatt­et war, das nicht deaktivier­t wurde.

Das Team wertete deshalb das Abschalten des AIS in der Nähe großer Kühlschiff­e als Versuch, das Umladen von illegal gefangenem Fisch zu verschleie­rn. Besonders häufig deaktivier­ten Fischereis­chiffe unter den

Flaggen von China, Taiwan, Spanien und den USA das AIS. Die Forscher entdeckten vier Meeresregi­onen, in denen besonders oft Fischereis­chiffe das AIS ausschalte­ten: den Nordwestpa­zifik (nordöstlic­h von China und Japan), den Atlantik vor Westafrika, den Atlantik vor Argentinie­n und den Pazifik vor Alaska.

Die Forscher nutzten Computermo­delle, in denen sie unter anderem Daten wie den Abstand eines Schiffs zum Strand, maritime Schutzgebi­ete, die Nähe zu Kühlfracht­ern und Meldungen über Piraten berücksich­tigten. Daraus ergaben sich spezifisch­e Muster für verschiede­ne Fischereim­ethoden wie Langleinen, Ringwaden oder Schleppnet­ze. Die Daten werden laut Welch in Echtzeit erstellt, sodass sie für gezielte Inspektion­en verwendet werden können.

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