Was sonst noch läuft
Wir sind dann wohl die Angehörigen
Am Abend vor der Entführung des Hamburger Sozialforschers Jan Philipp Reemtsma im März 1995 gerät der mit seinem 13-jährigen Sohn Johann wegen einer Klassenarbeit aneinander. Das Verbrechen löst in dem Jugendlichen widersprüchliche Gefühle aus und lässt ihn die distanzierte Beziehung zu seinem Vater neu bewerten. Nach den autobiografischen Erinnerungen des Sohnes setzt der Film die beklemmende Ohnmacht der Angehörigen eindringlich in Szene. Ihre permanente Anspannung angesichts der Willkür der Täter wird in eine quälende Form der Spannungsdramaturgie übersetzt, die eine emotionale Dichte erschafft.
Das erste englischsprachige Filmprojekt der Exil-iranerin und Videokünstlerin Shirin Neshat entwirft einen dystopischen Us-amerikanischen Überwachungsstaat, der sogar die Träume seiner Bürger kontrolliert. Eine sogenannte Traumfängerin vermittelt die Inhalte der Träume an eine Überwachungsbehörde namens Zensus und gerät schließlich auch in Konflikt mit ihr. Der Film wird bevölkert von Us-bürgern, die sich immer mehr abschotten, und die Bildsprache spielt auch auf ikonische Uslandschaften an. Der Bezug zu Iran überfrachtet aber den Film, dessen Stilmittel zwischen Hommage und Parodie nicht immer überzeugen.
In der indischen Hauptstadtregion von Delhi haben Folgen des Klimawandels und jahrzehntelange Sorglosigkeit im Umgang mit der Natur eine katastrophale Umweltzerstörung bewirkt: tote Flüsse, bergehohe Mülldeponien, eine nicht enden wollende Hitzewelle, gefolgt von starken Regenfluten. Der Dokumentarfilm unternimmt eine Bestandsaufnahme der Zustände vor Ort und setzt vor allem auf die Kraft bedrückender Bilder. Ergänzt um vertiefende Gespräche mit Bewohnern und Medienausschnitten, fängt der Film ein Panorama der massiven Umwelt- und Gesundheitsgefährdung ein.
Wer gräbt den Bestatter ein?
Die bayerischen Gemeinden Greisendorf und Neubrunn konkurrieren um die anstehende Beerdigung der ältesten Frau Deutschlands, die zwischen den beiden Dörfern wohnt. Als der Bestatter von Greisendorf plötzlich stirbt, soll sein Tod deshalb nicht öffentlich werden. So beginnt ein Versteckspiel mit der Leiche, die von seinen Mitspielern unter die Erde gebracht werden soll. Die Komödie entwirft gekonnt die Atmosphäre des Dorfes samt seiner urigen Bewohner, ersinnt allerlei abstruse Situationen, verschenkt durch die eher dünne Story aber einiges an Potenzial, bevor sie sich am Ende wieder fängt. (KNA)