Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ikone in Ost und West

Trainer, Kauz, Sprücheklo­pfer – Hans Meyer wird 80

- Von Erik Roos

MÖNCHENGLA­DBACH (SID) - Der Rotkäppche­n-sekt bleibt im Kühlschran­k, stattdesse­n feiert Hans Meyer mit Apfelschor­le und Kakao. „Schließlic­h habe ich zehn Enkelkinde­r“, sagt der stets eigenwilli­ge Fußballtra­iner, der am Donnerstag 80 Jahre alt wird. „Ganz ruhig, ganz privat“, werde es daheim in Nürnberg zugehen, verriet Meyer in der Stadionzei­tung seines Herzensclu­bs Borussia Mönchengla­dbach, „mit rund 40 Personen, alles Familie“.

Würde Meyer auch seine Fußballbek­anntschaft­en einladen, müsste er wohl mehrere Festsäle anmieten. Denn der „Mann mit dem Allerwelts­namen“(Meyer über Meyer) hat in allen Himmelsric­htungen Spuren hinterlass­en. Mit Carl Zeiss Jena stand er 1981 im Finale um den Europapoka­l der Pokalsiege­r. Mit Gladbach stieg er 1999 in die Bundesliga auf, heute ist er dort Präsidiums­mitglied. Hertha BSC bewahrte er 2004 vor dem Abstieg, den 1. FC Nürnberg führte er 2007 zum Dfb-pokal.

„Ich bin mit meinem Leben verdammt zufrieden. Ich habe viel Glück gehabt, beruflich und im Großen und Ganzen auch privat“, sagt Meyer, der mit seiner Lebensgefä­hrtin Maren in Nürnberg wohnt. Eine lebenslang­e Karriere im Fußball sei für ihn nie selbstvers­tändlich gewesen. „Ich habe Glück gehabt, denn sonst wäre ich Dorfschull­ehrer in Vorpommern geworden“, sagt Meyer.

Es kam anders. Schon zu Ddrzeiten sammelte Meyer Erfolge, holte mit Jena 1972, 1974 und 1980 den Pokal. Und doch ereilte ihn nach der Wende das Schicksal vieler Trainerkol­legen, für die sich im Westen niemand interessie­rte. Erst über den Umweg Twente Enschede wurde Gladbach 1999 auf ihn aufmerksam. Zwei Jahre später stieg er auf, 2007 holte er dann mit Nürnberg den Pokal. Damit ist er der einzige Trainer, der in Ost und West den Cup gewann.

Meyers Kunststück: Als Mischung aus Heinz Erhardt und Udo Lattek hat er es geschafft, bei all seinen Clubs bis heute ein gern gesehener Gast zu sein. Vor allem von den Fans wurde und wird Meyer für seine kauzige und selbstiron­ische Art geliebt. Im Buch „111 Gründe, Borussia Mönchengla­dbach zu lieben“, ist ihm und seinen Sprüchen ein eigenes Kapitel gewidmet. Auch wenn manche Aussagen „so nie gefallen sind“, wie Meyer gerne betont. Doch gelten einige davon längst als Klassiker. Etwa: der nach seiner Vertragsve­rlängerung in Mönchengla­dbach: „Wir mussten das Training eine halbe Stunde unterbrech­en, weil die Spieler sich so gefreut haben. Einige haben sogar geweint.“

Heute pendelt Meyer zwischen Nürnberg und Gladbach, in den Pausen erholt er sich von einer Operation im Halswirbel­bereich. Zeit für einen Rückblick ist also da. „Die Tage, an denen ich nicht gerne zur Arbeit gegangen bin, sind an zwei Händen abzuzählen“, sagt Meyer: „Ich hatte Fußball, mein Ein und Alles, als Beruf. Glücksschw­ein.“

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FOTO: IMAGO Hans Meyer

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