Mit China im Gespräch bleiben
China verkörpert den wohl einflussreichsten Gegenentwurf zum Modell der westlichen Demokratie. Das Land hat gezeigt, dass auch eine kommunistisch geprägte Gesellschaft wirtschaftlich erfolgreich sein kann. Es hat den allgemeinen Wohlstand seiner Bürger dramatisch gesteigert und es hat ihre fundamentalen Grundrechte fast ebenso dramatisch eingeschränkt. Zugleich verfolgt das Land eine außenwirtschaftliche Strategie, die auf Einflussnahme in zentrale und ebenfalls westlich dominierte Wirtschaftskreisläufe abzielt. Xi scheint entschlossen, das demokratisch regierte Taiwan wieder heim in die Volksrepublik zu holen. Manch einer vermutet, dass er dafür auch einen Krieg nicht scheut. Trotzdem ist es richtig, dass Scholz nach Peking reist, aus wirtschaftlichen Gründen und aus machtpolitischen.
Keine Bundesregierung kann es sich leisten, die wirtschaftlichen Verbindungen zu China einfach zu kappen. 2021 wurden Waren im Wert von 246,5 Milliarden Euro zwischen Deutschland und der Volksrepublik gehandelt. Dieses ungeheure Volumen macht die beiden Länder zu Partnern – in übrigens gegenseitiger Abhängigkeit. Kein Kanzler sollte darauf verzichten, die sich daraus ergebenden Einflussmöglichkeiten auf China zu ignorieren.
Dass China weniger abhängig vom Westen ist als umgekehrt, hat es die Welt bereits durch seine Coronapolitik wissen lassen. Hier hat die Führung des Landes gezeigt, dass auch wirtschaftliche Einbußen sie nicht davon abhalten, ihren politischen Willen durchzusetzen. Warum also keinen Krieg um Taiwan riskieren? Auch hier gilt: Umso mehr muss Scholz seinen Einfluss nutzen, um im Gespräch mit der Führung zu bleiben, die Sicht des Auslandes auf China ungefiltert mitzuteilen und auf die Vorteile der Kooperation zu weisen. Und ja, gleichzeitig muss die deutsche Wirtschaft ihre Abhängigkeiten von China reduzieren, was Seltene Erden oder Silizium oder auch Wirkstoffe für Medikamente angeht. Doch das muss nicht sofort geschehen, sondern benötigt eine kluge, längerfristige Planung.