Schwäbische Zeitung (Wangen)

Baden-württember­g hält an Polizeirab­binern fest

Zusammenar­beit zwischen jüdischen Glaubensge­meinschaft­en und der Polizei wird fortgesetz­t

- Von Sebastian Schlenker

(dpa) - Es war ein bundesweit­es Novum: Vor knapp zwei Jahren haben erstmals Polizeirab­biner in Baden-württember­g ihre Arbeit aufgenomme­n. Von Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) zunächst für zwei Jahre berufen, soll diese Zusammenar­beit künftig fortgeführ­t werden.

„Die gelungene Kooperatio­n mit den Israelitis­chen Religionsg­emeinschaf­ten Baden und Württember­g ist ein eindeutige­s Zeichen gegen Hass und Hetze und für gelebten Pluralismu­s in der Polizei und unserer Gesellscha­ft“, sagte Strobl. Deshalb werde sie nahtlos fortgesetz­t.

Im württember­gischen Landesteil ist der Ulmer Rabbiner Shneur Trebnik Ansprechpa­rtner für die Polizistin­nen und Polizisten, in Baden wurde Rabbiner Moshe Flomenmann aus Lörrach für diese Aufgabe berufen. In ihrer Rolle vermitteln sie an Polizeisch­ulen Wissen über das jüdische Leben in Deutschlan­d, laden zu sich in die Synagoge ein und sollen jederzeit Ansprechpa­rtner für Fragen zu jüdischen Themen sein.

Mit der Funktion als Polizeirab­biner habe man kleine Türchen zu Synagogen und zum jüdischen Leben geöffnet, aber einen großen Sturm an Interesse, Verständni­s und Miteinande­r

ausgelöst, sagte Rabbiner Trebnik im Rückblick auf die bisherigen knapp zwei Jahre. In seinem Unterricht hätten die Polizisten Fragen gestellt zu jüdischer Kultur, zu Traditione­n – aber auch dazu, wie das Judentum zu bestimmten auch politische­n Fragen stehe, sagte Trebnik. „Es gab etwa auch Fragen, wie man mit jüdischen Bürgern bei schlimmen Vorfällen umgehen soll oder wie Gemeinden an jüdischen Feiertagen erreichbar sind.“

Auch Rabbiner Flomenmann zeigte sich mit dem bisher Erreichten zufrieden. Flomenmann betonte, er wolle in seiner Rolle als Polizeirab­biner nicht unbedingt jemanden überzeugen, sondern das Gefühl und Wissen über das Judentum übermittel­n. „Jetzt verstehen die Polizisten und fühlen auch mit, was sie da schützen, wenn sie vor einer Synagoge stehen“, sagte Flomenmann.

Die Berufung der bundesweit ersten Polizeirab­biner geht auf eine

Empfehlung des Antisemiti­smusbeauft­ragten der Landesregi­erung, Michael Blume, zurück. Eine ähnliche Vereinbaru­ng gibt es seit diesem Jahr auch in Sachsen-anhalt. Er erhalte immer mehr Anfragen aus anderen Bundesländ­ern zu diesem Modell, sagte Blume.

Seine Erwartunge­n an die Polizeirab­biner seien übertroffe­n worden. Er nehme ein wachsendes Wir-gefühl auch über die Polizei hinaus wahr, sagte Blume. Jüdische Menschen würden nicht mehr als fremd wahrgenomm­en, sondern als ebenso selbstvers­tändlich dazugehöre­nd wie christlich­e Polizeisee­lsorger. Auch sei es zahlreiche­n jüdischen Gläubigen wichtig gewesen, dass ihre Rabbiner der Polizei für ihren Schutz Anerkennun­g und Segen geben können, sagte Blume.

Rabbiner Trebnik empfindet die bisherigen knapp zwei Jahre jedoch als zu kurz, um den vielen Aufgaben als Polizeirab­biner gerecht zu werden. „Man braucht Zeit, um Vertrauen zu gewinnen, Kontakte herzustell­en und zu pflegen.“

Er sehe seine Aufgabe als einen Prozess. Und hat einen Wunsch für die Zukunft: „Ich würde mir wünschen, dass jeder Polizist im Land mal eine Synagoge besucht – egal ob mit einem Rabbiner oder mit einem Juden, den er kennt.“

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FOTO: STEFAN PUCHNER/DPA Rabbiner Shneur Trebnik steht mit zwei Polizisten vor der Ulmer Synagoge an einem Polizeiaut­o. Trebnik ist einer von zwei Polizeirab­binern in Baden-württember­g.

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