Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bidens düstere Warnung

Der Us-präsident sieht vor den Midterms die Demokratie in Gefahr

- Von Thomas Spang ●

WASHINGTON - Der Us-präsident hat sich im Wahlkampf rargemacht. Mit Zustimmung­swerten um die 40Prozent-marke sahen viele der 435 Kandidaten der Demokraten für das Repräsenta­ntenhaus und die knapp drei Dutzend Bewerber für den Senat Joe Biden eher als Belastung. Dass der Präsident sich dazu entschied, sechs Tage vor den Midterms eine live übertragen­e Rede an die Nation zu halten, löste in der eigenen Partei gemischte Gefühle aus. Er bezweifele sehr, so Barack Obamas ehemaliger Chefstrate­ge David Axelrodt, „dass viele Demokraten in knappen Rennen heiß darauf waren, ihn im Fernsehen zu sehen“.

Dort konnten sie am Mittwochab­end einen Präsidente­n erleben, der sich unweit vom Schauplatz des Aufstands vom 6. Januar 2021 aus der Union Station mit einem leidenscha­ftlichen Appell an die Amerikaner richtete. „Ich wünschte, ich könnte sagen, dass der Angriff auf unsere Demokratie an diesem Tag endete“, erinnerte er vor einem Meer an Sternenban­nern an den Sturm auf den Kongress. „Aber das kann ich nicht.“

Um zu illustrier­en, für wie bedrohlich der Präsident die Lage einschätzt, schilderte er zu Beginn seiner Rede den Anschlag auf den Ehemann

der Speakerin im Kongress, Paul Pelosi (82). Der Angreifer habe fast identische Parolen gebraucht, wie die Aufständis­chen, die gewaltsam in den Kongress eingedrung­en waren. „Wir müssen mit einer Stimme als Nation sprechen und sagen, es gibt keinen Platz für Wähler-einschücht­erung oder politische Gewalt in Amerika."

Ohne Donald Trump beim Namen zu nennen, machte Biden diesen direkt für ein politische­s Klima verantwort­lich, das ein Memorandum des Heimatschu­tzminister­iums zu den Midterms als bedenklich einstufte. Zahlreiche Republikan­er, die für den Senat, das Repräsenta­ntenhaus und Gouverneur­sposten antreten, haben es abgelehnt, sich auf die Anerkennun­g

der Ergebnisse festzulege­n. Unzufriede­nheit mit dem Wahlausgan­g, warnt das Memo, könnte „ideologisc­he Gegner und Wahlhelfer zur Zielscheib­e machen“.

Biden meinte in seiner Rede, die anhaltende Weigerung des Ex-präsidente­n, seine Niederlage mit über sieben Millionen Stimmen anzuerkenn­en und stattdesse­n die „große Lüge“von den gestohlene­n Wahlen zu verbreiten, sei der Kern des Übels. „Es ist eine gefährlich­e Lüge, die politische Gewalt und die Einschücht­erung von Wählern über die vergangene­n zwei Jahre geschürt hat.“

Die Parteichef­in der Republikan­er, Ronna Mcdaniel, hielt Biden vor, das Land spalten zu wollen. „Er verteufelt und verunglimp­ft Amerikaner, während er das Leben für uns alle teurer macht“, erklärte Mcdaniel, die den Auftritt des Präsidente­n als Ablenkungs­manöver von Inflation und Benzinprei­sen interpreti­erte.

„Wir müssen diese Lügen mit der Wahrheit konfrontie­ren“, appelliert Biden an seine Landsleute, den Schutz der Demokratie bei den bevorstehe­nden Midterms ganz oben auf die Prioritäte­nliste zu setzen.

Mehr als 370 republikan­ische Kandidaten, die bei den Midterms für den Kongress und andere Wahlämter antreten, schüren Zweifel oder unterstütz­en die „große Lüge“von den gestohlene­n Wahlen 2020.

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FOTO: IMAGO Us-präsident Joe Biden spricht über Gefahren für das Land.

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