Woran es hakt bei der Post und wie es weitergehen soll
Das Zustellgeschäft bei der Deutschen Post läuft nicht rund – Die Ampel-koalition plant etliche Änderungen
- In Berlin, in Ballungszentren überhaupt, aber auch auf dem Land – Briefe der Deutschen Post kommen zum Teil mit massiver Verspätung an, was das Unternehmen nun auch zugegeben hat. „Wir können uns bei den Kunden nur entschuldigen“, sagte der Betriebschef des Post- und Paketgeschäfts, Thomas Schneider. In diesem Jahr gingen bereits mehr als 18 000 Beschwerden über die Deutsche Post bei der zuständigen Bundesnetzagentur ein, etwa ein Viertel mehr als im gesamten Vorjahr. Wie die Post die Pannen begründet und wie ein besseres Postsystem aussehen könnte – ein Überblick.
Wie die Post die Probleme wegzuerklären versucht
Zum einen durch Kleinreden. Es handle sich um „lokale Probleme“, behauptet die Unternehmensleitung. Aber auch Corona und der allgemeine Arbeitskräftemangel seien Schuld daran, dass in einzelnen Postbezirken bis zu einem Drittel des normalerweise vorhandenen Personals gefehlt habe. Überdies habe man in einigen Fällen die eigentlich ausgearbeiteten Notfallpläne zu spät aktiviert. Beseitigt seien die Probleme noch nicht. „Wir haben weiterhin Hotspots, wir sind noch nicht übern Berg“, betont Schneider.
Sorgen bereitet dem Unternehmen zudem die nahende Vorweihnachtszeit mit einem traditionell höheren Brief- und vor allem Paketaufkommen. In den kommenden Wochen soll deshalb verstärkt Verwaltungspersonal im Zustellwesen eingesetzt werden. Zehntausend Angestellte werden aufgerufen, ihr Büro zu verlassen und den Briefträgern und Paktboten zu helfen. In anderen Jahren waren es lediglich um die 1000.
Wie die Deutsche Post ihren Service weiter einschränken will
Nachnahme und Eilsendungen? Das Angebot könne in Zukunft gern wegfallen, teilt die Unternehmensleitung mit. Solche Sendungsformen würden „kaum noch genutzt“und sollten deshalb aus dem für die Deutsche Post geltenden Pflichtenkatalog entfernt werden. Hintergrund: Die Deutsche Post gilt in der Bundesrepublik als Universaldienstleister und hat deshalb gesetzlich klar festgelegte Aufgaben. Dazu gehören
Briefzustellungen auch in entlegene Gebiete Deutschlands, die Bereitstellung eines bundesweiten Netzes von 12 000 Filialen und Agenturen – die die Deutsche Post verstärkt durch Automaten ersetzen möchte – und eben auch das Anbieten spezieller Zustellungsformen wie Nachnahme und Eilbriefe.
Gern würde sich die Deutsche Post beim Versenden von Briefen auch mehr Zeit lassen. Derzeit ist festgelegt, dass 80 Prozent der abgeschickten Briefe am nächsten Tag im Briefkasten liegen müssen. Falle diese Verpflichtung weg, könne man in vielen Fällen auf den nächtlichen Lufttransport verzichten, lautet das Öko-argument des Unternehmens.
Was die Ampel plant
Zwei Dinge hat die Ampel-koalition vor, um die 1995 teilprivatisierte Deutsche Post AG weiter zu reformieren: „Wir wollen sozial-ökologische Standards weiterentwickeln so
wie den fairen Wettbewerb stärken“, hießt es im Koalitionsvertrag. Dazu läuft seit Juni dieses Jahres ein Dialogverfahren mit Branchenverbänden. Am Ende soll eine Novelle des Postgesetzes stehen, die vom Bundestag beschlossen werden muss.
Die für das Postwesen zuständige Bundesnetzagentur ist dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellt. Bei der Netzagentur hat man klare Vorstellungen, was sich ändern muss. Vor allem brauche man „ein schärferes Schwert“, um bei steigenden Beschwerdezahlen gegen die Deutsche Post vorgehen zu können, sagt der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Nötig seien verbesserte Auskunfts- und Berichtspflichten sowie die Möglichkeit, Zwangs- und Bußgelder zu verhängen. Dies solle in der anstehenden Postreform beschlossen werden.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Fdp-bundestagsfraktion, Reinhard Houben, schließt sich dieser
Forderung an. Die Deutsche Post scheine „die Situation nicht ernst zu nehmen“, kritisiert der Politiker. „Die Post ist quasi ein Monopolist – ohne drohende Sanktionen scheint es nicht zu klappen, dass sich dieser Konzern ändert.“
Reicht das, was bisher über die Ampel-pläne bekannt ist?
Nein, sagt der Post-experte der Unionsfraktion im Bundestag, Hansjörg Durz, der „Schwäbischen Zeitung“. Bußgelder, die das Unternehmen „empfindlich treffen“, seien zwar sinnvoll. Darüber hinaus möchte Durz aber insgesamt mehr Wettbewerb im Postmarkt durchsetzen, indem bürokratische Hürden bei der Zulassung weiterer Briefdienste gesenkt werden.
Die hohe Zahl der Beschwerden spiegelten die Probleme zudem nur zum Teil wider, betont Durz. „Die Dunkelziffern sind wohl noch wesentlich höher“, vermutet der Csupolitiker.
Die gestiegene Anzahl der Beschwerden sei aber ein deutlicher Indikator dafür, dass es „derzeit nicht rund läuft auf dem deutschen Postmarkt“.
Die Konkurrenz der Deutschen Post, die im Briefdienst auf zusammen gerade einmal 15 Prozent Marktanteil kommt, fordert ebenfalls Bußgelder bei mangelhaftem Service, und nennt auch eine konkrete Zahl: Bis zu fünf Millionen Euro solle die Deutsche Post bei Verstößen gegen ihre Auflagen als Universaldienstleister zahlen müssen.
Der Deutsche Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation in Offenbach bezweifelt sogar, dass die von der Deutschen Post übermittelten Angaben, wie lange ein Brief durchschnittlich unterwegs ist, überhaupt zutreffen. Deshalb fordert der Kundenverband im Zuge einer weiteren Postreform die Einführung „neutraler Laufzeitmessungen“.