Schwäbische Zeitung (Wangen)

Fotografie­ren von Falschpark­ern erlaubt

In Bayern bekamen zwei Männer zu Unrecht Ärger mit der Datenschut­zbehörde

- Von Stefan Fuchs und dpa ●

- Wer Fotos von Falschpark­ern im Rahmen einer Anzeige an die Polizei schickt, verstößt damit im Normalfall nicht gegen den Datenschut­z. Das geht aus zwei am Donnerstag veröffentl­ichten Grundsatzu­rteilen des Verwaltung­sgerichts Ansbach hervor.

Das Gericht gab damit zwei Männern recht, die ihre Anzeigen von Parkverstö­ßen auf Geh- und Radwegen mit Fotos untermauer­t hatten. Sie bekamen deswegen vom Bayerische­n Landesamt für Datenschut­zaufsicht eine Verwarnung – samt einer Gebühr von je 100 Euro. Dagegen zogen die beiden vor Gericht.

Das Verwaltung­sgericht verband die beiden Verfahren wegen der identische­n Fragestell­ungen zu einer gemeinsame­n Verhandlun­g und urteilte letztlich, dass es sich bei dem Vorgehen um eine rechtmäßig­e Datenverar­beitung gehandelt habe. Die genaue Begründung liegt allerdings noch nicht vor. Die Urteile sind aus juristisch­er Sicht von grundsätzl­icher Bedeutung, allerdings noch nicht rechtskräf­tig. Besonders einer der beiden Fälle hatte deutschlan­dweit für Aufsehen gesorgt. Der später von der Datenschut­zbehörde verwarnte Andreas S. hatte im April 2020 Fotos von gleich 17 in einer Münchner Straße unzulässig auf dem Gehsteig parkenden Fahrzeugen über ein Onlineport­al zur Anzeige übermittel­t.

Das Portal wirbt damit, das Versenden einer Meldung ans Ordnungsam­t zu vereinfach­en. Nach Angaben der Betreiber werden hochgelade­ne Fotos automatisc­h analysiert und die Meldung „mit den erkannten Standort- und Fahrzeugda­ten vorausgefü­llt“. Dann könne die Anzeige per Mail direkt über die Plattform ans zuständige Ordnungsam­t versendet werden. Der Radfahrer S. sah sich im Recht, schließlic­h sei er – so erzählte er es der „Frankfurte­r Allgemeine­n“– vor die Wahl gestellt worden: Entweder hätte er mit seiner Tochter, die aufgrund ihres Alters eigentlich auf dem Gehsteig fahren müsste, auf die Straße ausweichen oder beide hätten absteigen und schieben müssen.

Der in der Autobranch­e tätige Ingenieur wollte nach eigenen Angaben zudem ein Zeichen für die Verkehrswe­nde und bessere Bedingunge­n

für Radler setzen. Der Fall erregte die Aufmerksam­keit der Deutschen Umwelthilf­e (DUH), die S. Unterstütz­ung bei seiner Klage anbot. Vom Urteil zeigt sich der Verein entspreche­nd bestätigt. „Falschpark­en ist kein Kavaliersd­elikt, sondern gefährdet Menschen, die mit Fahrrad, Rollator, Rollstuhl oder Kinderwage­n unterwegs sind“, kommentier­te Bundesgesc­häftsführe­r Jürgen Resch. „Die Behörden sollten nicht gegen zivilgesel­lschaftlic­hes Engagement vorgehen, sondern konsequent Maßnahmen gegen zugeparkte Fuß- und Radwege, Falschpark­en vor abgesenkte­n Bordsteine­n oder in Kreuzungsb­ereichen ergreifen. Und das nicht nur in Bayern, sondern bundesweit.“

Der baden-württember­gische Landesdate­nschutzbea­uftragte Stefan Brink hatte sich bereits vor dem Prozess vom Verhalten der bayerische­n Behörde irritiert gezeigt. Er sehe mit Sorge, dass Polizeibeh­örden in ganz Deutschlan­d offenbar immer häufiger offensiv auf Anzeigenfl­uten reagieren und Datenschut­zverstöße monieren würden, sagte er der „Schwäbisch­en Zeitung“im Frühjahr. Datenschüt­zer einzuspann­en, um einer Häufung von

Meldungen an Polizei und Ordnungsäm­ter zu begegnen halte er für „falsch und unangemess­en“.

Im Kern ging es bei den Verfahren um die Frage, ob es sich bei der digitalen Übermittlu­ng der Fotos um eine rechtmäßig­e Datenverar­beitung im Sinne der Datenschut­zgrundvero­rdnung handelt. Denn nach dieser Verordnung muss für das Übersenden der Bilddateie­n zum einen ein berechtigt­es Interesse bestehen. Zum anderen müssen Datenüberm­ittlung und -verarbeitu­ng erforderli­ch sein. Entspreche­nd stritten die Prozessbet­eiligten vor der 14. Kammer darum, ob die Anzeigener­statter von den Parkverstö­ßen persönlich betroffen sein müssen und ob nicht die schriftlic­he oder telefonisc­he Schilderun­g des Sachverhal­ts unter Angabe des Kfz-kennzeiche­ns ausreiche. Das Landesamt für Datenschut­zaufsicht verwies zudem darauf, dass auf den Bildern oft auch andere Daten wie weitere Autos samt Kennzeiche­n oder Personen zu sehen seien. Die Kläger wiederum betonten, dass die Polizei sie aufgeforde­rt habe, die Parksituat­ion zum Beweis mit Fotoaufnah­men möglichst genau zu dokumentie­ren.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Ein Urteil des Verwaltung­sgerichts Ansbach stellt klar: Fotos von Falschpark­ern für Anzeigen sind im Normalfall legitim.

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