Fotografieren von Falschparkern erlaubt
In Bayern bekamen zwei Männer zu Unrecht Ärger mit der Datenschutzbehörde
- Wer Fotos von Falschparkern im Rahmen einer Anzeige an die Polizei schickt, verstößt damit im Normalfall nicht gegen den Datenschutz. Das geht aus zwei am Donnerstag veröffentlichten Grundsatzurteilen des Verwaltungsgerichts Ansbach hervor.
Das Gericht gab damit zwei Männern recht, die ihre Anzeigen von Parkverstößen auf Geh- und Radwegen mit Fotos untermauert hatten. Sie bekamen deswegen vom Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht eine Verwarnung – samt einer Gebühr von je 100 Euro. Dagegen zogen die beiden vor Gericht.
Das Verwaltungsgericht verband die beiden Verfahren wegen der identischen Fragestellungen zu einer gemeinsamen Verhandlung und urteilte letztlich, dass es sich bei dem Vorgehen um eine rechtmäßige Datenverarbeitung gehandelt habe. Die genaue Begründung liegt allerdings noch nicht vor. Die Urteile sind aus juristischer Sicht von grundsätzlicher Bedeutung, allerdings noch nicht rechtskräftig. Besonders einer der beiden Fälle hatte deutschlandweit für Aufsehen gesorgt. Der später von der Datenschutzbehörde verwarnte Andreas S. hatte im April 2020 Fotos von gleich 17 in einer Münchner Straße unzulässig auf dem Gehsteig parkenden Fahrzeugen über ein Onlineportal zur Anzeige übermittelt.
Das Portal wirbt damit, das Versenden einer Meldung ans Ordnungsamt zu vereinfachen. Nach Angaben der Betreiber werden hochgeladene Fotos automatisch analysiert und die Meldung „mit den erkannten Standort- und Fahrzeugdaten vorausgefüllt“. Dann könne die Anzeige per Mail direkt über die Plattform ans zuständige Ordnungsamt versendet werden. Der Radfahrer S. sah sich im Recht, schließlich sei er – so erzählte er es der „Frankfurter Allgemeinen“– vor die Wahl gestellt worden: Entweder hätte er mit seiner Tochter, die aufgrund ihres Alters eigentlich auf dem Gehsteig fahren müsste, auf die Straße ausweichen oder beide hätten absteigen und schieben müssen.
Der in der Autobranche tätige Ingenieur wollte nach eigenen Angaben zudem ein Zeichen für die Verkehrswende und bessere Bedingungen
für Radler setzen. Der Fall erregte die Aufmerksamkeit der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die S. Unterstützung bei seiner Klage anbot. Vom Urteil zeigt sich der Verein entsprechend bestätigt. „Falschparken ist kein Kavaliersdelikt, sondern gefährdet Menschen, die mit Fahrrad, Rollator, Rollstuhl oder Kinderwagen unterwegs sind“, kommentierte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. „Die Behörden sollten nicht gegen zivilgesellschaftliches Engagement vorgehen, sondern konsequent Maßnahmen gegen zugeparkte Fuß- und Radwege, Falschparken vor abgesenkten Bordsteinen oder in Kreuzungsbereichen ergreifen. Und das nicht nur in Bayern, sondern bundesweit.“
Der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink hatte sich bereits vor dem Prozess vom Verhalten der bayerischen Behörde irritiert gezeigt. Er sehe mit Sorge, dass Polizeibehörden in ganz Deutschland offenbar immer häufiger offensiv auf Anzeigenfluten reagieren und Datenschutzverstöße monieren würden, sagte er der „Schwäbischen Zeitung“im Frühjahr. Datenschützer einzuspannen, um einer Häufung von
Meldungen an Polizei und Ordnungsämter zu begegnen halte er für „falsch und unangemessen“.
Im Kern ging es bei den Verfahren um die Frage, ob es sich bei der digitalen Übermittlung der Fotos um eine rechtmäßige Datenverarbeitung im Sinne der Datenschutzgrundverordnung handelt. Denn nach dieser Verordnung muss für das Übersenden der Bilddateien zum einen ein berechtigtes Interesse bestehen. Zum anderen müssen Datenübermittlung und -verarbeitung erforderlich sein. Entsprechend stritten die Prozessbeteiligten vor der 14. Kammer darum, ob die Anzeigenerstatter von den Parkverstößen persönlich betroffen sein müssen und ob nicht die schriftliche oder telefonische Schilderung des Sachverhalts unter Angabe des Kfz-kennzeichens ausreiche. Das Landesamt für Datenschutzaufsicht verwies zudem darauf, dass auf den Bildern oft auch andere Daten wie weitere Autos samt Kennzeichen oder Personen zu sehen seien. Die Kläger wiederum betonten, dass die Polizei sie aufgefordert habe, die Parksituation zum Beweis mit Fotoaufnahmen möglichst genau zu dokumentieren.