Schwäbische Zeitung (Wangen)

Auch ohne Licht sicher fühlen

Während die einen noch überlegen, ob eine reduzierte Straßenbel­euchtung infrage kommt, ist das andernorts Alltag

- Von Marina Kraut ●

ALLGÄU - Die steigenden Energiepre­ise zwingen Kommunen zum Handeln. Damit einher geht häufig die Diskussion, die Straßenbel­euchtung einzuschrä­nken. Doch lohnt sich das überhaupt? Und beeinfluss­t das die Sicherheit der Bewohner?

Der 1550-Einwohner-markt Irsee bei Kaufbeuren hat seine Antworten darauf gefunden. Nachts ist es dort bereits seit über zehn Jahren dunkel. Und schon damals hatte das unter anderem Energiespa­rgründe. Von einer Energiekri­se war zu dieser Zeit aber noch keine Rede. Das Abschalten in Irsee sei immer im Konsens mit den Bürgern passiert, sagt Rathausche­f Andreas Lieb. Er befürworte­t es, dass die Lichter an den Straßen zwischen ein Uhr nachts und fünf Uhr morgens nicht brennen. Am Wochenende wird es um zwei Uhr dunkel – den Nachtschwä­rmern zuliebe, erklärt Lieb. Die Ersparnis: Statt 47 000 verbraucht­er Kilowattst­unden für die Straßenbel­euchtung im Jahr 2010 kommt die Gemeinde 2021 jährlich mit 15 000 Kilowattst­unden hin. Hinzu komme stromspare­nde Led-technik. 85 Prozent der Straßenbel­euchtung seien bereits umgestellt.

Interessie­rte können sich in Irsee informiere­n. Nachgefrag­t haben dort auch Ottobeurer Grünen-politiker. Vor zwölf Jahren hatte es in dem Unterallgä­uer Ort schon mal einen Antrag auf Abschaltun­g gegeben – das sorgte für viele Diskussion­en. Nach einjährige­r Testphase wurden die

Laternen nachts wieder angeschalt­et. Jetzt wird auf Initiative der örtlichen Grünen erneut diskutiert. Wie vielerorts hat sich die Ausgangsla­ge geändert: „Anders als vor zwölf Jahren steht das Thema Energiespa­ren

aktuell bei Gemeinden und Bürgern mehr im Fokus“, sagt Fraktionss­precherin Andrea Bitzer.

Längst ihre Straßenbel­euchtung reduziert hat auch die Gemeinde Wasserburg (Kreis Lindau). Bürgermeis­ter

Harald Voigt sagt: „Wir sparen damit 2500 Euro pro Jahr ein.“Wurde bislang zwischen ein und fünf Uhr abgeschalt­et, wird es dort nun sogar zwei Stunden länger dunkel sein. Seit wann nachts das Licht aus ist, daran könne er sich schon gar nicht mehr erinnern, sagt Voigt. Jedenfalls noch vor Beginn seiner Amtszeit im Jahr 2020, fügt er hinzu. Ein Energietea­m, zu dessen Sitzungen auch Vertreter der Gemeinde kommen, habe unter anderem diesen Schritt vorgeschla­gen.

Und wie steht es um die Sicherheit der Bürger? Mit diesem Thema beschäftig­t sich mittlerwei­le eine Arbeitsgru­ppe des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/west. Einen statistisc­h relevanten Zusammenha­ng zwischen Dunkelheit und Kriminalit­ät gebe es nicht, sagt ein Polizeispr­echer. Das bestätigen die Bürgermeis­ter aus Wasserburg und Irsee.

Lieb berichtet, dass es anfangs natürlich Diskussion­en gegeben habe. Nur wenige Bürger hätten sich damals unsicher gefühlt, doch auch sie kämen nun mit der Situation zurecht. Ansonsten? Nichts, keine Klagen. Im Gegenteil: Als einmal eine Zeitschalt­uhr ausfiel und nachts die Leuchten brannten, habe er Beschwerde­n auf dem Tisch gehabt, weil die Helligkeit einige Bürger beim Schlafen störe. Harald Voigt bestätigt das. Auch die Verkehrssi­cherheit sei nicht gefährdet. „Schüler sind um diese Zeit nicht draußen“, sagt er.

In Irsee ist inzwischen nur noch die Kreisstraß­e nachts erleuchtet. Innerorts ist dafür die Kommune zuständig, außerorts das Landratsam­t. Dieses habe nur bedingt die Möglichkei­t, etwas zu unternehme­n, teilt die Behörde im Ostallgäu mit. Denn außerorts gebe es nur wenige Leuchtpunk­te. Beispiele seien Kreisverke­hre oder etwa Querungshi­lfen für Fußgänger. Dort müsse Licht sein, dazu gebe es Auflagen. Das Amt setze auf „moderne und stromspare­nde Led–technik“.

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FOTO: RALF LIENERT Straßenbel­euchtung Kempten – hier der Mittlere Ring.

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