Das „Hamptons“wechselt den Besitzer
Christina-maria und Marcus Rau übergeben das Café in jüngere Hände
MEMMINGEN - Ein Gastronomenpaar, für das der Memminger Marktplatz seit über 25 Jahren so etwas wie ein zweites Zuhause war, übergibt sein Lokal in andere Hände: Christina-maria und Marcus Rau ziehen sich aus dem „Hamptons“zurück. Die neuen Betreiber Amanuel und Ana Kücükaslan haben die Café-bar übernommen. Ganz verabschieden aus Memmingens guter Stube will sich Familie Rau aber damit nicht, sie bleibt zusammen mit der nächsten Generation in direkter Nachbarschaft präsent mit der „Dolcier Pâtisserie & Gelato“.
Die erste Station in Memmignen war für Christina-maria und Marcus Rau, die damals aus Illertissen kamen, der Roßmarkt. Dort eröffneten sie 1988 in der Falkenpassage ihr „Café Rau“. 1992 kam die Caféteria im Klinikum dazu (sie bleibt auch weiterhin in den Händen von Christinamaria Rau), 1995 erfolgte der erste Schritt Richtung Marktplatz mit dem „Piazza“unter den Arkaden des historischen Steuerhauses. „Wir waren die ersten, die den damals noch recht tristen Marktplatz gastronomisch bespielt und aufgewertet haben“, blickt Christina-maria Rau heute nicht ohne Stolz darauf zurück.
Drei Jahre später zog auch das Café Rau Richtung Marktplatz – in die neue Zangmeisterpassage. Interessierte Blicke zog dann nicht nur das stilvoll eingerichtete Café mit seinen großen Fensterfronten auf sich, sondern auch die „gläserne Backstube“darunter, durch deren Scheiben Passanten verfolgen konnten, wie Konditoren Torten aufschichteten oder Gebäck verzierten. Doch dieses Café konnten die Raus nicht halten. 2014 mussten sie es aus wirtschaftlichen Gründen schließen.
Einigen Ärger gab es damals, weil noch eine ganze Menge Frühstücksund Brunchgutscheine im Umlauf waren und die Kunden nun fürchteten, keinen Gegenwert mehr dafür zu bekommen. Doch Marcus Rau bot an, die Gutscheine ein paar Meter weiter im Hamptons einzulösen. So hieß das Piazza inzwischen, nachdem es im Jahr 2010 eine aufwendige Renovierung erfahren hatte. Das italienische Flair war dem amerikanischen Ostküsten-stil des Hamptons gewichen. Name und Stil sollen nun genau so bleiben, betont Marcus Rau. „Das Hamptons ist und wird immer ein besonderes Herzstück für uns bleiben“, sagt er und ergänzt: „So etwas gibt man nicht leichtfertig in andere Hände.“
Mit Ana und Amanuel Kücükaslan hätten sie aber in einer intensiven Phase des Kennenlernens viele Parallelen entdeckt, nämlich Leidenschaft, Tatkraft und ein „feinfühliges Händchen“für das Hamptons-konzept. „Man merkt irgendwann, dass es einfach passt“, sagt Rau.
Ins Gespräch kamen die beiden Ehepaare dabei eher zufällig. Die neuen, jungen Pächter, die seit vielen Jahren Gäste im Hamptons sind, hatten bei einem ihrer Besuche im Frühjahr einmal geäußert, sie hätten Interesse, wenn Raus das Hamptons jemals verkaufen wollten. Einige Bedenkzeit und Gespräche im Familienrat später wurden schließlich aus verschiedenen Gründen Nägel mit Köpfen gemacht. Dabei ist ein fließender Übergang geplant, zumal das junge Paar den Betrieb in seinem Stil und mit dem jetzigen gastronomischen Angebot weitgehend so weiterführen und erst nach und nach mit eigenen Ideen beflügeln will. „Wir haben uns genau deswegen in das Hamptons verliebt, weil es ist, wie es ist. Daran möchten wir nichts Grundlegendes ändern“, sagen Ana und Amanuel Kücükaslan. Auch das Personal soll bleiben.
Zu tun bekommen sie es allerdings im Frühjahr mit einer Baustelle, weil eine grundlegende Sanierung des Steuerhauses ansteht. Die städtischen Ämter sind bereits ausgezogen. Die Stadt als Vermieterin habe aber versichert, dass der Betrieb trotzdem weiterlaufen könne, berichtet Benjamin Rau.
Er gehört zur nächsten Rau-generation, die 2015 mit der Marke Dolcier Pâtisserie & Gelato einen neuen Weg eingeschlagen hat. Dabei handelt es sich um die Herstellung und den Vertrieb von Pâtisserie-produkten wie Macarons, Manufaktur-lebkuchen im Winter sowie Eis im Sommer. 2019 eröffnete das Unternehmen die „Dolcier Boutique“im Steuerhaus, seit 2020 wird in einer neuen Manufaktur in Westerheim produziert.
„Wir können und wollen das Arbeitspensum mehrerer Betriebe nicht langfristig leisten“, sagt nun Christina-maria Rau. „Doch wir werden jederzeit beratende Nachbarschaftshilfe im Hamptons leisten, wenn diese benötigt wird“, ergänzt ihr Mann, der die Veränderung mit einem weinenden und einem lachenden Auge sieht. „Aber wir sind mehr als dankbar für so eine Fügung des Schicksals, die uns einen guten und geregelten Generationenwechsel ermöglicht. Das ist nicht selbstverständlich.“