Schwäbische Zeitung (Wangen)

Warum Professore­n häufig männlich sind

Weingarten­er Ph-rektorin plädiert für striktere Regeln bei der Vergabe von Professure­n

- Von Lea Dillmann

WEINGARTEN - An der Pädagogisc­hen Hochschule (PH) in Weingarten arbeiten vergleichs­weise viele Professori­nnen. Fast jede zweite der 41 Professore­nstellen war im Jahr 2021 von einer Frau besetzt. Landesweit fällt der Frauenante­il aktuell mit rund 23 Prozent deutlich geringer aus, wie aus Zahlen des Landeswiss­enschaftsm­inisterium­s hervorgeht.

Rektorin Karin Schweizer erklärt im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“, warum der Anteil der Professori­nnen in Weingarten so hoch ist und sie dennoch Aufholbeda­rf sieht.

19 von 41 Professore­n an der PH Weingarten sind weiblich. Das liegt deutlich über dem Landesschn­itt. Welche Gründe sprechen für eine solch hohe Quote?

Das liegt zum einen an der Zusammense­tzung der Studierend­enschaft. Mehr als 70 Prozent unserer Studierend­en sind weiblich. Das setzt sich dann teilweise nach oben fort.

Das ist nicht nur an der Pädagogisc­hen Hochschule Weingarten der Fall, sondern ist prinzipiel­l bei dieser Hochschula­rt zu beobachten. Sowohl in den Professure­n als auch in den Leitungspo­sitionen werden mehr Frauen als im Landes- und im Bundesdurc­hschnitt beschäftig­t. Allerdings sinkt mit jeder Karrierest­ufe der Anteil an Wissenscha­ftlerinnen. Das heißt, unter den Studierend­en sind zwar mehrheitli­ch Frauen, bei den Professure­n aber ist es weitgehend ausgeglich­en oder es sind sogar weniger Frauen darunter. Allerdings fehlen besonders in den sogenannte­n Mint-bereichen, also Fächern wie Mathematik oder Infordiere­nden

matik, den Studierend­en weibliche Vorbilder. Dort sind immer noch deutlich mehr Männer als Frauen tätig.

Wie kommt es, dass Professore­nstellen häufig von Männern besetzt sind?

Ein Grund könnte sein, dass es keine verbindlic­hen Regeln bei der Vergabe von Qualifikat­ionsstelle­n gibt. Dadurch gibt es eine Lücke von qualifizie­rten Bewerberin­nen. Auch wenn für die Auswahl eines geeigneten Kandidaten für eine Professur immer eine Berufungsk­ommission – bestehend aus Mitarbeite­rn des Fachbereic­hs, Professore­n und Stu

– zuständig ist. Oft wirken auch Wahrnehmun­gsverzerru­ngen: Ich suche zum Beispiel nach Gleichheit. Das sind Mechanisme­n, die auch die Psychologi­e erklärt. Wenn Professure­n stark von Männern besetzt sind, kann es sein, dass bei der Auswahl mehr auf männliche Bewerber geachtet wird. Ich sage nicht, dass das immer so ist, aber das mag schon ein Merkmal sein.

Seit Ende 2020 sind Hochschule­n in Baden-württember­g verpflicht­et, bei der Besetzung einer Professur nicht nur Bewerberin­nen oder Bewerber zu berücksich­tigen, sondern aktiv nach geeigneten Kandidatin­nen und Kandidaten zu suchen. Halten Sie das für wirkungsvo­ll?

Für unsere Hochschule ist das noch nicht wirksam, denn wir schreiben nicht jeden Monat eine Professur aus. Die geringe Anzahl an Professure­n bedingt natürlich, dass wir weniger Ausschreib­ungen haben. Aktuell haben wir knapp über 40 Professore­nstellen besetzt. Die Regelung von 2020 greift vor allem dann, wenn sich wenig Frauen bewerben. Das ist an unserer Hochschule in der Regel nicht der Fall.

Werden bei der Auswahl auch Menschen berücksich­tigt, die

sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen?

Es war bisher noch keine einzige Bewerbung auf Professure­n dabei, bei der divers angekreuzt wurde. Ausschreib­ungen sind ja immer männlich, weiblich, divers. Das hängt aber damit zusammen, dass wir eine kleine Hochschule sind. Wir haben auch kaum internatio­nale Professure­n, wenn, dann geht es in Richtung Bodenseera­um, Österreich oder Schweiz.

Wie kann abgesehen von Quoten dafür gesorgt werden, dass alle potenziell­en Kandidatin­nen und Kandidaten eine Chance auf eine

Professur bekommen?0

Was ich wichtig finde, ist, dass wir die Bedingunge­n dafür schaffen. Was sich immer wieder gezeigt hat, auch in der Corona-krise: Immer noch leisten mehrheitli­ch die Frauen in unserer Gesellscha­ft die Care-arbeit und leiden unter familienun­freundlich­en Bedingunge­n.

Wie können Universitä­ten oder Hochschule­n für ihre Mitarbeite­nden familienfr­eundlicher werden?

Zum Beispiel indem man sagt, man hat eine Ansprechpe­rson oder, dass es einen Nothilfefo­nd gibt.

Und indem wir einfache Dinge einrichten wie Wickelmögl­ichkeiten, einen Wickel- oder Stillraum, in den man sich mal zurückzieh­en und dort mit den Kindern spielen kann, wenn man sie mal mitbringt.

Gibt es das an der PH Weingarten bereits?

Ja, das gibt es bei uns. Es wäre aber dringend notwendig, daran zu arbeiten, dass die Betreuung sichergest­ellt wird. Die Universitä­t Konstanz hat beispielsw­eise über einen Elternvere­in eine Art Kindertage­sstätte innerhalb der Uni aufgebaut.

Aber unsere Landesgese­tze bauen da sehr große Hinderniss­e auf. Wir können als Hochschule nicht einfach eine Kindertage­sstätte eröffnen, wegen der Finanzieru­ng. Die gemeinsame Verantwort­ung von Studierend­enwerken und Hochschule­n wird nicht vereinfach­t. So ist es immer das Studienren­denwerk, das für die Betreuung sorgt. Seezeit heißt das bei uns. Die Studierend­enwerke sind aber in erster Linie für die Studierend­en zuständig und nicht unbedingt für die Beschäftig­ten der Hochschule.

 ?? FOTO: PH WEINGARTEN ?? Karin Schweizer ist Professori­n im Fach Pädagogisc­he Psychologi­e an der PH Weingarten. Im Jahr 2018 wurde sie zur Rektorin der Hochschule gewählt.
FOTO: PH WEINGARTEN Karin Schweizer ist Professori­n im Fach Pädagogisc­he Psychologi­e an der PH Weingarten. Im Jahr 2018 wurde sie zur Rektorin der Hochschule gewählt.

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