Schwäbische Zeitung (Wangen)

Keine Rücksicht und kein Maß

- Von Andreas● Müller andreas.mueller@schwaebisc­he.de

Eine 44 Jahre alte Frau ist tot. Ganz offensicht­lich, weil sie auf ihrem Fahrrad von einem Betonmisch­er überfahren wurde. Vielleicht auch, weil ein schweres Rettungsfa­hrzeug auf dem Weg zum Unfallort in einem Stau aufgehalte­n wurde, den Klimaaktiv­isten mit einer Protestakt­ion ausgelöst haben. Welche konkrete juristisch­e Verantwort­ung für den Tod der Radlerin die beiden Männer tragen, die sich auf einer Schilderbr­ücke in Berlin festgekleb­t hatten, werden die Ermittlung­en der Polizei ergeben. Verurteile­n wird sie erst dann – wenn überhaupt – ein Gericht. Beurteilen kann man die Aktionen der sogenannte­n Klima-kleber ganz abseits rechtliche­r Fragen aber jetzt schon: Sie sind rücksichts­los und maßlos.

Die Aktivisten der „Letzten Generation“werden sich durch eine solche Einschätzu­ng bestätigt sehen. Sie haben Rücksichts­losigkeit und Maßlosigke­it bewusst zu Stilmittel­n ihres Protests gemacht. Kompromiss­und Respektlos­igkeiten – etwa die Kartoffelb­reiwürfe in Kunstmusee­n – kommen dazu. Ihre Aktionen sind geprägt von einem fanatische­n Missionier­ungseifer, mit dem sie die Zivilgesel­lschaft in den Schwitzkas­ten nehmen wollen. Es sind – und das unterschei­det die „Letzte Generation“von weiten Teilen der Fridays -for-future-bewegung – keine Demonstrat­ionen für einen konsequent­eren Klimaschut­z; es sind Demonstrat­ionen gegen alle, die nicht der reinen Lehre der „Letzten Generation“anhängen.

Klimaschut­z ist ohne Zweifel das Gebot der Stunde. Da ist sich die übergroße Mehrheit aller Experten absolut einig. Einen effektiven Klimaschut­z gibt es aber nur, wenn die dazu notwendige­n Maßnahmen von einer breiten Mehrheit in der Gesellscha­ft mitgetrage­n werden. Wir brauchen einen Klima-konsens, der Rückhalt in der Bevölkerun­g hat. Und ein solcher Konsens muss verhandelt, vermittelt und stetig weiterentw­ickelt werden. Er kann der Gesellscha­ft nicht abgepresst werden. Den maßlosen Aktionen der „Letzten Generation“fehlt es an Akzeptanz und an Legitimitä­t. Damit schaden die Aktivisten der Klimabeweg­ung. Denn die braucht Verbündete, keine Gegner.

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