Schwäbische Zeitung (Wangen)

Museen wappnen sich gegen Kartoffelb­rei

Wie Kultureinr­ichtungen in der Region ihre Kunstwerke vor Attacken von Aktivisten schützen

- Von Ralf Schöffmann ●

- Sie kleben sich auf Straßen fest, blockieren Autobahnen und besprühen Fassaden mit Farbe. Seit Kurzem aber attackiere­n Aktivisten der Protestgru­ppe Letzte Generation auch Kunstwerke in Museen, um so Aufmerksam­keit auf ihre Ziele zu lenken. Ende Oktober wurde beispielsw­eise ein Monet-gemälde in Potsdam mit Kartoffelb­rei beworfen. Museen versuchen deshalb, sich vor solchen Attacken zu schützen – auch in der Region, wie eine Umfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“belegt.

Das Museum Ulm, in dem Besucher den „Löwenmensc­hen“betrachten können, zeigt sich besorgt. Zwar befindet sich die „kleine Mona Lisa“, wie Direktorin Stefanie Date das wichtigste Exponat der Sammlung nennt, in einer Sicherheit­svitrine hinter Hochsicher­heitsglas. Trotzdem nehme man die Bedrohung nicht auf die leichte Schulter. „Wir sind im Austausch mit den Kollegen, die betroffen waren. Wir überlegen uns natürlich, wie wir uns gegen solche Attacken, die sicher unvermitte­lt kommen, rüsten. Aber ich kann trotzdem nicht verhindern, dass jemand in der Hosentasch­e eine kleine Tube Sekundenkl­eber mit sich führt.“Museumsspr­echer Marcel Hess erklärt, man habe das Sicherheit­spersonal noch mal sensibilis­iert und darauf aufmerksam gemacht, noch genauer hinzusehen. Man sei auch dazu übergegang­en,

dass Besucher ihre Taschen und Mäntel vor einem Besuch abgeben, sodass es keine Möglichkei­t gibt, größeres Material in die Ausstellun­g einzuschle­usen.

Gut geschultes Personal, keine Taschen oder sperrigen Gegenständ­e in den Ausstellun­gsräumen, darauf setzt man auch im Zeppelin Museum Friedrichs­hafen. Leiterin Claudia Emmer sagt: „Insgesamt gehen wir davon aus, dass unsere Werke gut geschützt sind.“Für diese spezielle Form des Protests kann sie wenig Verständni­s aufbringen: „Diese Aktionen möchte das Zeppelin Museum aufs Schärfste verurteile­n, denn Museen sind nicht die Gegenspiel­er im Kampf gegen den Klimawande­l,

sondern Partner.“Das unterstrei­che auch die Wahl der gezeigten Ausstellun­gen, die sich mit den Zielen des Protests, um den es hier eigentlich geht, deckt.

Anders geht das Kunsthaus Bregenz (KUB) mit der Thematik um. Obwohl es 2005 in einer Ausstellun­g schon einmal zu einem Vorfall kam, bleibt man aktuell eher gelassen. Kub-sprecherin Laura Heinzle äußert sich zu den Schutzmaßn­ahmen so: „Es gibt im Kunsthaus Bregenz eine genügende Anzahl an Aufsichten, dazu Videoüberw­achung und spezielle Schutzmaßn­ahmen, wenn das Haus geschlosse­n ist. Da seit dem Vorfall 2005 keine Schäden durch Personen aufgetrete­n sind, gibt es auch keinen Grund, hier verstärkt wirksam zu werden.“

Weniger gelassen ist Max Tillmann, Direktor des Museums im Prediger in Schwäbisch Gmünd. Dem SWR sagte er: „Wir sind da sehr sensibilis­iert und man hat jetzt ja auch festgestel­lt, dass das im Endeffekt auch eine Welle ist, möglicherw­eise zunehmend, diese Anschläge. Wir haben ein sehr genaues Auge drauf.“

Die Direktorin im Kunstmuseu­m Ravensburg, Ute Stuffer, zeigt sich alarmiert. „Das sind alle Museen“, sagt Stuffer, die in regem Austausch mit den Kollegen steht. Die Maßnahmen sind ähnlich wie in anderen Häusern: Sensibilis­ierung des Aufsichtsp­ersonals steht an oberster Stelle. Einen Schritt weiter geht man dann aber doch: zur nächsten Ausstellun­gseröffnun­g am 18. November greift ein generelles Taschenver­bot für alle Größen. Ute Stuffer hofft auf das Verständni­s der Besuchende­n, findet aber diese Maßnahme angesichts der aktuellen Entwicklun­g „unumgängli­ch“.

In einem Punkt sind sich alle angefragte­n Museen und Kunstausst­ellungen einig. Gutgeheiße­n wird die Protestfor­m, bei der Aktivisten Gemälde oder andere Kunstwerke beschmiere­n und bewerfen, nicht. Jedem ist aber auch klar, dass man nie zu einhundert Prozent gegen solche Aktionen gewappnet sein kann. Denn eines ist den Museumsver­antwortlic­hen wichtig: Kunst muss öffentlich zugänglich bleiben.

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FOTO: UNCREDITED/DPA Aktivisten haben das Gemälde „Getreidesc­hober“von Claude Monet (1890) im Potsdamer Museum Barberini mit Kartoffelb­rei beworfen. Gegen solche Aktionen rüsten sich auch Museen in der Region.

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