Katholische Kirche will Arbeitsrecht rasch ändern
Partnerschaften der Angestellten sollen als Privatsache gelten – Schlagabtausch zwischen Journalisten und Kardinal Marx
BONN (KNA) - Der Münchner Kardinal Reinhard Marx spricht sich für eine rasche und grundlegende Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts aus. „Queere Menschen gehören zu uns und müssen auch in der Kirche arbeiten dürfen“, sagte er am Donnerstagabend bei der Verleihung des Katholischen Medienpreises in Bonn.
„Ich will auch, dass das aufhört“, fügte Marx hinzu als Antwort auf die Forderung von Laudatorin Anne Will. Die Tv-moderatorin hatte zuvor erklärt: „Auch ich bin lesbisch und weiter – auch zahlendes – Mitglied der katholischen Kirche – und auch ich möchte, dass die menschenverachtende Diskriminierung queerer Menschen endlich aufhört!“
Beim Katholischen Medienpreis wurde unter anderem die Ard-dokumentation „Wie Gott uns schuf – Coming-out in der Katholischen Kirche“ausgezeichnet. Darin geht es um 125 Mitarbeitende der katholischen Kirche, die sich als queer outen. „Queer“ist ein Sammelbegriff für sexuelle Minderheiten, unter denen Homosexuelle die größte Gruppe sind.
Filmautor Hajo Seppelt und Anne Will ergänzten, mit der Auszeichnung des Films allein sei noch nicht viel gewonnen. Die Kirche müsse im Alltag beweisen, dass sie es ernst meine und ihre Sexualmoral grundlegend verändern: „Menschen müssen ihre Sexualität frei ausleben dürfen, das kann nicht am Veto der katholischen Kirche scheitern.“Marx entgegnete, Sexualität habe immer eine ethische Dimension. Daher müsse die Kirche hier Antworten geben.
Der spontane Schlagabtausch zwischen den Journalisten und dem Kardinal gipfelte in der Debatte um die katholische Sexualmoral. Will betonte noch einmal, dass der Reformprozess der deutschen Katholiken, der Synodale Weg, aus Sicht der Reformer kürzlich einen „krachenden Rückschritt“erlitten habe. Im September hatte dort eine Sperrminorität der Bischöfe ein Grundlagenpapier zu einer erneuerten Sexualmoral verhindert und damit für heftige Debatten gesorgt.
Mehrere Mitglieder der Initiative #Outinchurch entrollten während der Preisverleihung ein Banner und demonstrierten gegen Diskriminierung und für Veränderungen im Arbeitsrecht. Auf die Anmerkung, auch in seinem Erzbistum München und Freising gebe es Angehörige sexueller Minderheiten, die sich nicht trauten, dazu öffentlich zu stehen, entgegnete Marx, er wolle sich gerne mit diesen Menschen austauschen: „Die sollen sich bei mir melden.“
Aufgrund einem der Kirche gesetzlich zustehenden eigenen Arbeitsrecht, das für die Erzieherin in einer katholischen Kita genauso gilt wie für den Pfarrsekretär und die Pflegekraft sowie die Chefärztin in einem katholischen Krankenhaus, kann sie von ihren Mitarbeitenden bestimmte Loyalitätsverpflichtungen einfordern. Im Klartext bedeutet das: Wer zum Beispiel nach Scheidung wieder zivil heiratet oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt, wird erst gar nicht eingestellt oder kann gekündigt werden.
Am 21. und 22. November wollen die katholischen Bischöfe in Deutschland über Reformen im kirchlichen Arbeitsrecht entscheiden. Der Entwurf sieht gravierende Änderungen vor. Unter anderem soll als einziger Kündigungsgrund „kirchenfeindliches Verhalten“erhalten bleiben. Privatleben, Familienstand und sexuelle Orientierung sollen keine Rolle mehr spielen. Marx betonte, er wolle alles dafür tun, dass die notwendige Zweidrittelmehrheit für die Reform zustande komme.