Schwäbische Zeitung (Wangen)

Deutschlan­d wird seine Klimaziele für 2030 kaum noch erreichen können

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Die Bundesregi­erung nimmt auf Klimakonfe­renzen gerne die Rolle des Antreibers ein. Dieses Mal dürfte es ihr allerdings schwerfall­en, glaubwürdi­g zu erscheinen. So wurde das deutsche Klimaziel für 2021 verfehlt und auch dieses Jahr drohen die Zahlen angesichts des Hochfahren­s stillgeleg­ter Kohlekraft­werke schlecht auszufalle­n. Auf mittlere Sicht gibt sich der Bund zwar zuversicht­lich, sich an die Vorgaben halten zu können und den Ausstoß von Treibhausg­asen bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 um 65 Prozent zu senken. Es gebe nur noch eine Lücke im Verziele kehr, wurde zuletzt behauptet. Der von der Regierung eingesetzt­e Expertenra­t für Klimafrage­n kam am Freitag jedoch zu einem anderen Schluss.

So sind die Emissionen seit 2000 zwar um 26 Prozent gesunken, wobei die Hälfte des Rückgangs auf den Energiesek­tor zurückzufü­hren ist. Das hört sich gut an. Nach Einschätzu­ngen von Klimaratsm­itglied Thomas Heimer müssten sich die jährlichen Einsparung­en mehr als verdoppeln. Im Industries­ektor wäre sogar eine zehnfache und im Verkehr eine 14-fache Erhöhung notwendig. Will man die

erreichen, reiche ein Mehr erneuerbar­er Energien, Wärmepumpe­n oder der Ausbau der E-mobilität nicht aus, so die Experten. Stattdesse­n müssten für viele Verbrauche­r finanziell schmerzhaf­te Einschnitt­e erfolgen: Viele Öl- oder Gasheizung­en und Verbrenner­autos müssten aus dem Verkehr gezogen werden. „Gelingt es nicht, die Trendwende hin zu einem schnellen Umbau des Kapitalsto­cks zu realisiere­n“, so die Vizevorsit­zende Brigitte Knopf, müsse man an das Konsumverh­alten der Bürger ran.

Der Ratsvorsit­zende Hans-martin Henning wirbt deswegen für ein

Umdenken: „Unsere Beobachtun­gen der letzten zwanzig Jahre lassen fraglich erscheinen, ob ein Erreichen der zukünftige­n Klimaziele ohne einen Paradigmen­wechsel in der Klimapolit­ik gelingen kann.“Er plädiert für die Einführung eines Emissionsh­andels, wie er bereits für den Energiesek­tor und Teile der Industrie existiert und dort Emissionen erfolgreic­h senkt. Dieser hätte zum Vorteil, dass die Politik sich nicht um die kleinteili­ge Emissionss­teuerung kümmern müsste. Sie könnte sich dann auf die soziale und ökonomisch­e Abfederung der Klimatrans­formation konzentrie­ren. (ist)

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