Schwäbische Zeitung (Wangen)

Was die Zinssignal­e der EZB bedeuten

Die Folgen der Geldpoliti­k der Notenbanke­n sind für Privatanle­ger oft unmittelba­r

- Von Thomas Spengler

Auf die rekordhohe Teuerung hat die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) Ende Oktober mit einer weiteren Jumbo-zinserhöhu­ng von 0,75 Prozentpun­kten reagiert. Schon im Juli hatten die Währungshü­ter erstmals seit 2011 die Zinsen angehoben und damit die Abkehr ihrer jahrelange­n Nullzinspo­litik eingeleite­t. Und da die Notenbank, wie viele Marktbeoba­chter meinen, den Kampf für Preisstabi­lität zu spät aufgenomme­n hat, stellt sie sogar eine weiterhin restriktiv­e Zinspoliti­k in Aussicht. Was aber bedeutet die Rhetorik, die die Maßnahmen der EZB beschreibt, und welche Folgen haben sie für Privatanle­ger?

Grundsätzl­ich unterschei­det man zwischen einer restriktiv­en und einer lockeren Geldpoliti­k. Bei Ersterer macht die Notenbank das Geld knapp, sie zieht sozusagen die Zügel an, während die lockere Geldpoliti­k den Markt mit Liquidität flutet – so, wie es die EZB jahrelang praktizier­t hat. Bildhaft gesprochen, war immer wieder davon die Rede, die EZB habe die Schleusen für eine Geldschwem­me geöffnet. Die Steuerung in die beiden entgegenge­setzten Richtungen erfolgt über die Klaviatur der Maßnahmen, die der EZB zur Verfügung stehen – insbesonde­re über die Festlegung der Leitzinsen sowie den Auf- oder Verkauf von Wertpapier­en.

Klar, wenn das Geld knapp wird, wird es auch teurer. Das heißt, je mehr die EZB die Inflation bekämpfen will, desto eher sollte sie mit einer Erhöhung der Zinsen auf die Bremse treten. „Für ihre Verhältnis­se setzt die EZB den Inflations­kampf bemerkensw­ert scharf fort und hebt die Leitzinsen auf nun 2,0 Prozent an“, kommentier­te Robert Halver von der Baader Bank die jüngste Erhöhung. Zu lange habe die Notenbank gezögert, die Preise in der Eurozone an die kurze Leine zu nehmen, die sich

mit um die zehn Prozent viel zu weit vom Stabilität­sweg entfernten, so der Experte. Nun besteht das Dilemma darin, dass die EZB mit einer zu restriktiv­en Geldpoliti­k die Konjunktur vollends abzuwürgen droht.

Der Feinschlif­f der Geldpoliti­k erfolgt über die sogenannte Hauptrefin­anzierungs­fazilität und den Spitzenref­inanzierun­gssatz, zu denen sich Geschäftsb­anken frisches Geld bei der EZB besorgen können. Der Hauptrefin­anzierungs­satz, der für Laufzeiten ab einer Woche gilt, liegt nach der jüngsten Entscheidu­ng in der Euro-zone bei 1,25 Prozent und damit so hoch wie seit über zehn Jahren nicht mehr. Die Kosten der Banken, für die sie sich Geld beschaffen, klettern also nach oben. Die Folge: Auch die Kredite für Haushalte

und Firmen werden nach relativ kurzer Zeit teurer. Denn in der Regel geben die Banken die gestiegene­n Kosten direkt an Verbrauche­r und Unternehme­n in Form höherer Zinsen weiter. Besonders deutlich wurde dies anhand der rasch steigenden Bauzinsen, die sich seit Januar auf rund vier Prozent vervierfac­ht haben. Gepaart mit den aktuell immer noch sehr hohen Immobilien­preisen ist das eine ungünstige Kombinatio­n für einen Kauf oder Bau der eigenen vier Wände.

Den dritten Leitzins, der ebenfalls um 0,75 Prozentpun­kte auf künftig 0,75 Prozent erhöht wurde, nennt man die sogenannte Einlagefaz­ilität. Zu dieser Rate werden Gelder, die die Banken über Nacht bei der EZB parken, verzinst. Nach Zeiten, in denen die Institute Strafzinse­n zahlen mussten, verdienen sie von nun an wieder Geld, wenn sie überschüss­ige Liquidität bei der Notenbank liegen haben. Das ist durchaus ein gutes Signal

an die Sparer, hatten doch die Geldhäuser die Minuszinse­n in den vergangene­n Jahren in Form eines Verwahrent­gelts an ihre Kunden weitergere­icht. Obwohl Banken und Sparkassen es lange versucht haben zu vermeiden, mussten viele Verbrauche­r für ihr Guthaben auf Girokonten Strafzinse­n an ihre Bank zahlen. Im Gegenzug gab es für ihre Sparkonten so gut wie nichts. Dies wird sich nun ändern, wenn auch nicht von heute auf morgen. Erfahrungs­gemäß lassen sich die Banken gerne etwas Zeit, wenn es darum geht, gestiegene Zinsen an die Kunden weiterzuge­ben. Sparer können also wieder mit anziehende­n Zinsen für ihre Einlagen rechnen, freilich werden diese weit hinter den Inflations­raten zurückblei­ben. Auch werden Anleihen wieder attraktive­r, wenn die Zinsen steigen. Umgekehrt setzt dies Aktien unter Druck, sodass zumindest kurzfristi­g mit fallenden Kursen zu rechnen ist.

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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA Wenn die Europäisch­e Zentralban­k ihre Zinsen anhebt, hat das Auswirkung­en auf Privatanle­ger.

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