Was die Zinssignale der EZB bedeuten
Die Folgen der Geldpolitik der Notenbanken sind für Privatanleger oft unmittelbar
Auf die rekordhohe Teuerung hat die Europäische Zentralbank (EZB) Ende Oktober mit einer weiteren Jumbo-zinserhöhung von 0,75 Prozentpunkten reagiert. Schon im Juli hatten die Währungshüter erstmals seit 2011 die Zinsen angehoben und damit die Abkehr ihrer jahrelangen Nullzinspolitik eingeleitet. Und da die Notenbank, wie viele Marktbeobachter meinen, den Kampf für Preisstabilität zu spät aufgenommen hat, stellt sie sogar eine weiterhin restriktive Zinspolitik in Aussicht. Was aber bedeutet die Rhetorik, die die Maßnahmen der EZB beschreibt, und welche Folgen haben sie für Privatanleger?
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen einer restriktiven und einer lockeren Geldpolitik. Bei Ersterer macht die Notenbank das Geld knapp, sie zieht sozusagen die Zügel an, während die lockere Geldpolitik den Markt mit Liquidität flutet – so, wie es die EZB jahrelang praktiziert hat. Bildhaft gesprochen, war immer wieder davon die Rede, die EZB habe die Schleusen für eine Geldschwemme geöffnet. Die Steuerung in die beiden entgegengesetzten Richtungen erfolgt über die Klaviatur der Maßnahmen, die der EZB zur Verfügung stehen – insbesondere über die Festlegung der Leitzinsen sowie den Auf- oder Verkauf von Wertpapieren.
Klar, wenn das Geld knapp wird, wird es auch teurer. Das heißt, je mehr die EZB die Inflation bekämpfen will, desto eher sollte sie mit einer Erhöhung der Zinsen auf die Bremse treten. „Für ihre Verhältnisse setzt die EZB den Inflationskampf bemerkenswert scharf fort und hebt die Leitzinsen auf nun 2,0 Prozent an“, kommentierte Robert Halver von der Baader Bank die jüngste Erhöhung. Zu lange habe die Notenbank gezögert, die Preise in der Eurozone an die kurze Leine zu nehmen, die sich
mit um die zehn Prozent viel zu weit vom Stabilitätsweg entfernten, so der Experte. Nun besteht das Dilemma darin, dass die EZB mit einer zu restriktiven Geldpolitik die Konjunktur vollends abzuwürgen droht.
Der Feinschliff der Geldpolitik erfolgt über die sogenannte Hauptrefinanzierungsfazilität und den Spitzenrefinanzierungssatz, zu denen sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können. Der Hauptrefinanzierungssatz, der für Laufzeiten ab einer Woche gilt, liegt nach der jüngsten Entscheidung in der Euro-zone bei 1,25 Prozent und damit so hoch wie seit über zehn Jahren nicht mehr. Die Kosten der Banken, für die sie sich Geld beschaffen, klettern also nach oben. Die Folge: Auch die Kredite für Haushalte
und Firmen werden nach relativ kurzer Zeit teurer. Denn in der Regel geben die Banken die gestiegenen Kosten direkt an Verbraucher und Unternehmen in Form höherer Zinsen weiter. Besonders deutlich wurde dies anhand der rasch steigenden Bauzinsen, die sich seit Januar auf rund vier Prozent vervierfacht haben. Gepaart mit den aktuell immer noch sehr hohen Immobilienpreisen ist das eine ungünstige Kombination für einen Kauf oder Bau der eigenen vier Wände.
Den dritten Leitzins, der ebenfalls um 0,75 Prozentpunkte auf künftig 0,75 Prozent erhöht wurde, nennt man die sogenannte Einlagefazilität. Zu dieser Rate werden Gelder, die die Banken über Nacht bei der EZB parken, verzinst. Nach Zeiten, in denen die Institute Strafzinsen zahlen mussten, verdienen sie von nun an wieder Geld, wenn sie überschüssige Liquidität bei der Notenbank liegen haben. Das ist durchaus ein gutes Signal
an die Sparer, hatten doch die Geldhäuser die Minuszinsen in den vergangenen Jahren in Form eines Verwahrentgelts an ihre Kunden weitergereicht. Obwohl Banken und Sparkassen es lange versucht haben zu vermeiden, mussten viele Verbraucher für ihr Guthaben auf Girokonten Strafzinsen an ihre Bank zahlen. Im Gegenzug gab es für ihre Sparkonten so gut wie nichts. Dies wird sich nun ändern, wenn auch nicht von heute auf morgen. Erfahrungsgemäß lassen sich die Banken gerne etwas Zeit, wenn es darum geht, gestiegene Zinsen an die Kunden weiterzugeben. Sparer können also wieder mit anziehenden Zinsen für ihre Einlagen rechnen, freilich werden diese weit hinter den Inflationsraten zurückbleiben. Auch werden Anleihen wieder attraktiver, wenn die Zinsen steigen. Umgekehrt setzt dies Aktien unter Druck, sodass zumindest kurzfristig mit fallenden Kursen zu rechnen ist.