Feuerwehr und Realschule müssen warten
Angespannte Finanzlage hat Folgen für zwei wichtige Zukunftsprojekte in Wilhelmsdorf
- Sowohl Abriss und Neubau der Realschule als auch das neue Feuerwehrgerätehaus in Wilhelmsdorf werden später verwirklicht als geplant. Grund ist die angespannten finanziellen Lage.
Mit so vielen Unwägbarkeiten trat die Verwaltung der Gemeinde Wilhelmsdorf noch selten vor die kommunalen Gremien, um die Finanzlage zu erörtern. In einer gemeinsamen Sitzung des Gemeinderats und der Ortschaftsräte von Zußdorf, Pfrungen und Esenhausen ging es in erster Linie um die Haushaltsund Finanzplanung für die Jahre 2023 bis 2026. Die Informationen waren ernüchternd.
Wenn noch fehlende Grunddaten, vor allem aus der Steuerschätzung im Herbst vorliegen, können Gemeinde- und Ortschaftsräte laut heutiger Planung am 29. November über den Haushalt beraten und das Investitionsprogramm für das kommende Jahr auf den Weg bringen. Der zusätzliche Bedarf an Eigenmitteln und Krediten liegt bei geschätzt 3,4 Millionen Euro. Die Beschlüsse zur Haushaltsplanung sollen am 14. Februar 2023 gefasst werden.
Während im laufenden Jahr trotz Corona, Ukrainekrieg und Inflation die Planungen weitgehend verwirklicht werden können, sieht es für das kommende Jahr ungleich schwieriger aus. Bürgermeisterin Sandra Flucht dazu: „Für das nächste Jahr brauchen wir ein wenig Phantasie und viel Kaffeesatz, um zu erahnen, wie sich unsere Einnahmen und Ausgaben entwickeln werden.“Das alles wird auch beeinflusst durch die Tatsache, dass die Erweiterung des Schulzentrums mit derzeit anstehenden Kosten von knapp über elf Millionen Euro die Gemeindekasse mit weiteren 1,4 Millionen Euro im kommenden Haushaltsjahr belasten wird. In einer ersten unverbindlichen Kostenschätzung der Architekten im Februar 2019 gingen diese von etwa acht Millionen Euro aus. Die konkretere Planung lag dann bei einem Aufwand von geschätzt zehn Millionen Euro. Dabei war die Gestaltung der Außenanlagen noch nicht inbegriffen.
Neben höheren Ausgaben, die auch durch unerwartete Belastungen
in den Bereichen Corona-pandemie und inflationären Energiepreisen bedingt sind, kann die Gemeinde derzeit auch nicht mit den eingeplanten Erlösen von Bauplatzverkäufen rechnen. Durch die stark gestiegenen Zinsen und Baukosten warten potentielle Käufer von Baugrundstücken erst einmal ab, wie sich die Lage entwickeln wird. „Die Nachfrage nach Bauplätzen ist gegen Null gegangen“, erklärte Kämmerer Stephan Gerster. Verzögerungen gibt es vor allem in den geplanten Neubaugebieten Niederweiler II und Kreuzäcker III.
Die im vergangenen Finanzjahr errechneten Einnahmen durch Verkäufe von insgesamt 2,85 Millionen Euro bis 2024 erscheinen höchst unsicher, so die Prognose des Kämmerers. Dazu kommt, dass die Erschließungskosten deutlich höher werden als erwartet. Dementsprechend fallen die erhofften Einnahmen niedriger aus. „Diese Baugebiete weiterhin auf den Weg zu bringen macht aber trotzdem Sinn“, blickt Bürgermeisterin Flucht in die Zukunft.
Einschneidende Folgen hat die angespannte Finanzlage für zwei wichtige Zukunftsprojekte der Gemeinde. Stephan Gerster zeigt dazu die große Linie auf: „Eine Neuordnung der Zeitschiene für die Umsetzung der großen Investitionsmaßnahmen wird dringend empfohlen.“Dazu ergänzend Sandra Flucht: „Unseren ursprünglich vorgesehenen Zeitplan für die Investitionen in Feuerwehr und Realschule werden wir angesichts der schwierigen Situation nicht halten können. Das schmerzt uns alle und mich persönlich sehr für die Betroffenen.“Die Planung für ein neues Feuerwehrgerätehaus in Nähe zum Bauhof läuft zwar, muss aber gestreckt werden. Bisher wurde von Baukosten in Höhe von rund vier Millionen Euro ausgegangen. Beginn der Maßnahme sollte 2024 sein. Die aktuelle Kostenschätzung liegt jetzt aber bei sechs Millionen Euro. Damit müssen zwei Millionen Euro zusätzlich finanziert werden. Die Gemeinde muss mit fünf Millionen Euro den Löwenanteil der Kosten tragen. Kämmerer Gerster in seiner Vorausschau: „Nachdem die Jahre 2023 und 2024 mit zusätzlichem Finanzierungsbedarf für andere wichtige Projekte beladen sind, ist eine Finanzierung der Baumaßnahme für das neue Feuerwehrhaus frühestens ab dem Jahr 2025 realistisch.“
Die Bürgermeisterin fühlt für die Notwendigkeit, den Neubau zu verschieben, bei der Feuerwehr ein gutes Stück Verständnis. Trotzdem sind aktuell auch kritische Stimmen zu hören. Als Trost für die Feuerwehr: In der aktuellen Planung ist weiterhin die Anschaffung eines neuen Fahrzeugs enthalten. Die Kosten dafür liegen bei 520 000 Euro, wobei der Gemeindeanteil bei 324 000 Euro liegt.
Ebenso hart trifft die neuste Planung für Investitionen die Realschule Wilhelmsdorf. Danach sollte ab 2027 diese Schule abgerissen und durch einen Neubau zukunftsfähig gemacht werden. Klar ist aus heutiger Sicht, dass der Realschulneubau „deutlich nach hinten“verschoben werden muss. Die Enttäuschung ist bei den Verantwortlichen der Schule groß, wie Flucht einräumt. Als Trostpflaster sollen im kommenden Jahr 100 000 Euro fließen, um Fenster und die Möblierung zu erneuern. Dazu sollen Bodenbeläge ersetzt und Wände gestrichen werden. „Wir wollen etwas für die Atmosphäre dieser Schule machen.“In den Folgejahren sind jeweils 50 000 Euro für weitere Renovierungen eingeplant.
Bekräftigt wurden von der Verwaltungschefin die Schwerpunkte der Investitionen: „Wir setzen auf unseren Schulstandort und bauen diesen zukunftsweisend aus. Der erste Schritt ist im Neubau am Schulzentrum zu sehen. Ein zweiter folgt mit dem neuen Realschulgebäude.“Zwar könne der ursprüngliche Zeitplan für Feuerwehr und Realschule angesichts der aufgetretenen schwierigen Situation nicht eingehalten werden. „Aber wir halten an den vorbereitenden Planungen fest“, wird versichert. Die Gemeinde will vorbereitet sein, falls in den nächsten Jahren überraschend neue Förderprogramme zur Unterstützung der Konjunktur aufgelegt werden sollten. Zusammenfassend zitierte Sandra Flucht im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung Gemeinderat Andreas Schelshorn: „Unsere Gemeinde steht vor großen Herausforderungen. Zur Bewältigung dafür haben wir aber eine gute Basis.“