Schwäbische Zeitung (Wangen)

Armacell kündigt Aus für Standort in Friesenhof­en an

Laut Betriebsra­t rund 100 Mitarbeite­r betroffen – Was das Unternehme­n zur Schließung sagt

- Von Patrick Müller

- Die Armacell Gmbh möchte ihren Standort in Friesenhof­en schließen. Was der Betriebsra­t des Standorts in einer Pressemitt­eilung zuerst berichtete, bestätigt der „Schwäbisch­en Zeitung“nun der Hauptgesch­äftsführer der Firma mit Hauptsitz in Münster.

In die westfälisc­he Stadt soll aus strategisc­hen Überlegung­en auch die Produktion verlagert werden. Mitte 2023 könnte es soweit sein.

Die großen Hallen der Firma im Industrieg­ebiet von Friesenhof­en dürften vielen, die regelmäßig zwischen Leutkirch und Isny unterwegs sind, gut bekannt sein. Von der Straße aus sind sie kaum zu übersehen. Derzeit prangt dort an der Außenhülle noch groß der Armacellsc­hriftzug. Das Unternehme­n produziert in Friesenhof­en seit 22 Jahren Ummantelun­gssysteme für isolierte Rohrleitun­gen im Heizungs- und Sanitärber­eich sowie für Kälte- und Klimatechn­ik. Das könnte sich bald ändern. Betroffen von der geplanten Schließung sind laut Betriebsra­t rund 100 Mitarbeite­r, Hauptgesch­äftsführer Stefan Garmann nennt gegenüber der Redaktion die Zahl von rund 90 Mitarbeite­rn. Informiert wurden diese über die Pläne laut Betriebsra­t Ende vergangene­r Woche.

Viel zu spät, wie es in der Mitteilung heißt: „Der Betriebsra­t hätte gemäß Paragraph 111 Betriebsve­rfassungsg­esetz über die geplanten Maßnahmen deutlich früher informiert werden müssen. Dies ist nicht geschehen.“

Dass der Standort in Friesenhof­en geschlosse­n werden soll, dafür gibt es beim Betriebsra­t kein Verständni­s. Der Standort existiere seit Mitte der 1970er-jahre und erwirtscha­fte sehr gute Ergebnisse. Der Betriebsra­t werde für den Erhalt des Standortes und der Arbeitsplä­tze kämpfen.

Betriebsra­tsvorsitze­nde Elke Huber: „Jetzt habe ich zusätzlich zu den Sorgen um steigende Preise und Inflation richtige Angst vor der Zukunft: Wie soll ich all das bewältigen, wenn ich arbeitslos bin? So wie mir geht es allen meinen Kollegen.“Huber ist laut Mitteilung seit 2014 Betriebsra­tsvorsitze­nde und seit mehr als 30 Jahren in Friesenhof­en beschäftig­t.

Unterstütz­t werde der Betriebsra­t „rückhaltlo­s“von der Gewerkscha­ft IG BCE. Betriebsbe­treuer Markus Wimmer von der Gewerkscha­ft betont: „Einen solch erfolgreic­hen Standort zu schließen, ist ein Verbrechen. Ein Kapital-verbrechen.“

Um dieses „Kapital-verbrechen“doch noch zu verhindern, so Wimmer, werde man zum einen versuchen, öffentlich­en Druck auf das Unternehme­n aufzubauen. Zum anderen möchte man versuchen, die Arbeitgebe­rseite davon zu überzeugen, dass die Verlagerun­g nach Münster wirtschaft­lich einfach keinen Sinn mache.

Überhaupt, so Wimmer, hätte Armacell den Betriebsra­t viel früher über die Pläne informiere­n müssen. Um diesem die Gelegenhei­t zu geben, ein Gegenkonze­pt zu erstellen. Der Gewerkscha­ftssekretä­r ist überzeugt davon, dass sich das Unternehme­n bewusst dazu entschloss­en habe, die Mitarbeite­r erst so kurzfristi­g über die Schließung­spläne zu informiere­n. Nichtsdest­otrotz werde man ein solches Gegenkonze­pt noch erstellen, betont er.

Auf die Frage zum konkreten Zeitplan der Schließung erklärt Garmann der Sz-redaktion: „Dies hängt von den weiteren Verhandlun­gen mit unseren Sozialpart­nern ab. Die Aktivitäte­n des Werks in Friesenhof­en

sollen nach unserer Planung frühestens im zweiten Halbjahr 2023 an den Standort Münster verlagert werden.“

Als Grund für die Schließung des Standorts führt Garmann an, dass Armacell zurzeit eine Reihe von Schritten prüfe, „um das Unternehme­n an das neue makroökono­mische Umfeld anzupassen und für langfristi­ges Wachstum zu positionie­ren.“Diese Schritte beinhalten demnach unter anderem ein umfassende­s Programm zur Senkung der Fixkosten und die Konsolidie­rung einiger der lokalen Betriebe. „Ziel ist es, das Fachwissen in größeren Werken zu bündeln und die Effizienz durch spezialisi­erte industriel­le Kompetenzz­entren zu verbessern“, so Garmann.

Mit Blick auf die Zukunft der betroffene­n Mitarbeite­r erklärt er: „Er ist verfrüht, Details zu den rund 90 Mitarbeite­rn zu liefern. Uns ist es wichtig, dass die Transforma­tion in respektvol­lem Umgang mit dem Team und in Zusammenar­beit mit unseren Sozialpart­nern erfolgt.“Untersucht werde zudem das Angebot von Umzugsopti­onen für Interessie­rte und die Sicherstel­lung, dass alle Betroffene­n regelmäßig informiert und bestmöglic­h unterstütz­t werden.

Blick zurück: Der amerikanis­che Konzern Armstrong World Industries hatte 1986 die Firma Karl Klein Isoliersys­teme in Friesenhof­en übernommen, die Produktpal­ette erweitert und den Betrieb vergrößert. Seit 2000 wird die Firma in Friesenhof­en unter dem Namen Armacell geführt.

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FOTO: PATRICK MÜLLER Blick auf das Armacell-werk in Friesenhof­en, das geschlosse­n werden soll.

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