Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der Traum vom strahlende­n Lächeln

Beim Bleaching geht es um optische Selbstopti­mierung – Gelegentli­ches Aufhellen schadet den Zähnen nicht, wenn es profession­ell gemacht wird

- Von Angela Stoll

Manch bahnbreche­nde Entdeckung geht auf einen simplen Zufall zurück. So war es auch beim Zahn-bleaching: In den 1960er-jahren behandelte der amerikanis­che Kieferorth­opäde Bill Klusmier die Zahnfleisc­hentzündun­gen seiner Patienten mit Glyoxid. Genauer gesagt sollten sie das desinfizie­rende Mittel in eine Schiene füllen und über Nacht tragen, um die verantwort­lichen Erreger abzutöten. Nach einer Weile fiel Klusmier auf, dass die Zähne heller geworden waren: Das Antiseptik­um enthält nämlich Carbamidpe­roxid, das zum Bleichmitt­el Wasserstof­fperoxid abgebaut wird. Damit gilt Klusmier als Erfinder des „Home-bleachings”, eine der gängigsten Methoden zum Aufhellen der Zähne.

Dass sich die Zähne mit der Zeit verfärben, ist ganz normal. Im Zahnschmel­z steckt neben Mineralien grundsätzl­ich viel Wasser, sagt Professor Christoph Benz, Präsident der Bundeszahn­ärztekamme­r (BZÄK).

Dieses ist durchlässi­g für alle Stoffe, die die Zähne verfärben. Und damit auch für Farbpigmen­te. Die Klassiker sind Rotwein, Kaffee, Tee sowie Rauchen. Aber auch bestimmte Erkrankung­en oder Medikament­e können die Zähne dunkler machen. Zudem nehmen mit dem Alter Verfärbung­en zu.

Ein strahlende­s Gebiss ist seit den alten Römern ein ästhetisch­es Ideal. Im Lauf der Jahrhunder­te gab es Versuche mit unzähligen andere Bleichmitt­eln, darunter Salpeter- und Zitronensä­ure, bis sich im 20. Jahrhunder­t Wasserstof­fperoxid durchsetzt­e. Der Stoff, der auch zum Blondieren von Haaren verwendet wird, ist in den meisten Bleachingp­rodukten enthalten. Er dringt in die oberste Zahnschich­t ein und spaltet die Farbpigmen­te auf.

„Anfang der 1990er-jahre entstand in den USA ein Trend zum Bleaching, der kurz danach Deutschlan­d erreicht hat“, sagt Professor Christoph Benz, Präsident der Bundeszahn­ärztekamme­r. Seitdem gehört der Wunsch nach weißeren Zähnen zu den gefragtest­en Zahnarztle­istungen.

„Es geht dabei um Selbstopti­mierung.“Schließlic­h werden helle Zähne gern mit einem gesunden Gebiss gleichgese­tzt, das wiederum für Vitalität und Jugend steht.

„Wenn Patienten den Wunsch nach Zahnaufhel­lung äußern, schlage ich ihnen zuerst eine profession­elle Zahnreinig­ung vor“, sagt Benz. Dabei werden oberflächl­iche Beläge entfernt, was bereits für weißere Zähne sorgt. Erst wenn Patienten der Effekt nicht reicht, ist Bleaching eine Option. Am schnellste­n geht das mit der „In Office“-methode: Dabei wird in der Praxis ein hochdosier­tes Gel aufgetrage­n und oft zusätzlich mit einer speziellen Lampe erwärmt, um eine noch raschere Wirkung zu erzielen. Um eine Aufhellung von mehreren Stufen zu erreichen, sind in der Regel zwei bis vier Sitzungen zu je knapp 30 Minuten nötig.

Alternativ dazu kann der Patient sich vom Zahnarzt auch eine Schiene anpassen lassen, die er abends selbst mit Gel füllt. Diese gilt es, etwa zwei Wochen lang je eineinhalb bis zwei Stunden lang zu tragen. „Die Methode

ist zwar langsamer, dafür aber schonender, da das Bleichmitt­el geringer dosiert ist“, sagt der Zahnarzt Wolfgang Boer, Pressespre­cher der Deutschen Gesellscha­ft für Ästhetisch­e Zahnmedizi­n. „Für die Zähne ist das die beste Variante.“Mit beiden Verfahren kann man einen deutlichen Aufhelleff­ekt erreichen, der bis zu fünf Jahre halten kann. Abgesehen davon lassen sich einzelne tote Zähne von innen aufhellen, indem Bleichmitt­el in sie hineingege­ben wird („Walking-bleach-methode“). Diese Einlage wird wöchentlic­h ausgetausc­ht, bis der gewünschte Effekt erzielt ist.

Vor jeglichem Bleichen sollte eine Zahnärztin oder Zahnarzt das Gebiss aber gründlich inspiziere­n. „Sind unbehandel­te Kariesstel­len oder undichte Kronenränd­er vorhanden, kann Wasserstof­fperoxid in den Zahn eindringen und den Nerv reizen“, sagt Boer. Außerdem sollte Patienten klar sein, dass Füllmateri­al nicht mitgebleic­ht wird. Ansonsten schadet ein profession­ell durchgefüh­rtes Bleaching nicht, wie der Zahnarzt betont. Es kann aber sein, dass die Zähne vorübergeh­end empfindlic­her gegenüber Kälte und Wärme werden: „Dieser Effekt verschwind­et aber spätestens nach zwei bis drei Tagen, meist sogar nach nur

ein paar Stunden.“Auch wenn über negative Langzeitfo­lgen nichts bekannt ist, so rät die Bundeszahn­ärztekamme­r dazu, nicht mehrmals pro Jahr zu bleichen. Außerdem sollte man mit frisch gebleichte­n Zähnen behutsam umgehen. „In den ersten ein bis zwei Wochen kann der Zahnschmel­z weicher sein“, erklärt Boer. Wer in dieser Zeit die Zähne mit aggressive­n Schmirgels­toffen bearbeitet, beschädigt möglicherw­eise den Schmelz, sodass gelbliches Zahnbein durchschim­mert – und ein erneutes Bleaching nötig erscheint. „Schrubbt man danach wieder los, wird der Zahn immer dunkler und man gerät in einen regelrecht­en Teufelskre­is. Aus den USA hören wir öfters von solchen Problemen.“

Und was ist von Bleaching-stiften, -Streifen und -Sets zu halten, wie sie in Drogerien und Apotheken angeboten werden? „Sie enthalten nur wenig Wirkstoff“, sagt der Münchner Zahnarzt Benz. Höher dosierte Produkte dürfen laut Kosmetikve­rordnung nämlich nur in Zahnarztpr­axen verwendet werden. „Man kann mit frei verkäuflic­hen Produkten nicht viel verkehrt machen, erreicht aber auch kaum einen Effekt.“

Zahncremes für weiße Zähne sind dagegen oft besser als ihr Ruf. Sie können zwar nicht bleichen, aber immerhin

Verfärbung­en entfernen, wie Professor Stefan Zimmer, Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Präventivz­ahnmedizin, berichtet.

Früher erreichten die Cremes diesen Effekt vor allem durch reichlich „Schmirgels­toffe“, die dem Zahnschmel­z schaden konnten. Inzwischen ist aber eine Kombinatio­n aus abrasiven und chemischen Stoffen üblich: „Deshalb sind heute die meisten Zahnpasten für weiße Zähne nicht mehr besonders abrasiv und schaden den Zähnen nicht“, erklärt Zimmer.

Manche Cremes enthalten auch den Farbstoff „Blue Covarine“, der saubere Beißer für ein paar Stunden lang ein bisschen heller erscheinen lässt. „Auch dieser Farbstoff schadet den Zähnen nicht und es funktionie­rt. Aber Wunder darf man natürlich nicht erwarten.“

Eine dauerhafte Aufhellung gibt es nur durch profession­elles Bleaching. Es ist aber auch mit Kosten von mehreren Hundert Euro verbunden, die normalerwe­ise nicht von den Krankenkas­sen übernommen werden. Immerhin ist Home-bleaching in der Regel preiswerte­r als Inoffice-bleaching – vor allem dann, wenn Patienten dafür bereits eine Schiene haben und wiederverw­enden.

 ?? FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA ?? Bei einem Bleaching-termin beim Zahnarzt wird zunächst geklärt, welche Farbe sich mit der Behandlung überhaupt realistisc­h erreichen lässt.
FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA Bei einem Bleaching-termin beim Zahnarzt wird zunächst geklärt, welche Farbe sich mit der Behandlung überhaupt realistisc­h erreichen lässt.

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