Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kreis Lindau taucht tiefer ins Thema Wasserstof­f ein

Ab dem Fahrplanwe­chsel sind Busse mit Brennstoff­zelle im Landkreis Lindau unterwegs

- Von Evi Eck-gedler

- Den Klimawande­l vor Augen, geht der Kreis Lindau verschiede­ne Wege, um etwas gegenzuste­uern. Dazu gehört der Fokus auf Radverkehr, das neue Nahverkehr­skonzept – aber auch der Blick auf neue Energiefor­men. Dabei spielt Wasserstof­f in den Augen der Landkreis-verantwort­lichen eine große Rolle.

Der Abfallzwec­kverband ZAK hat vor einiger Zeit seinen Plan, in Kempten am Müllheizwe­rk Wasserstof­f zu produziere­n, aus Kostengrün­den zurückgest­ellt. Im Kreis Lindau und anderen Regionen im Allgäu weckt das Thema unterdesse­n bei vielen Menschen Interesse. Und das nicht nur, weil Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck vor wenigen Tagen betont hat, Wasserstof­f als Energieträ­ger müsse noch in diesem Jahr deutschlan­dweit ins Rollen kommen.

Sie sind vor allem im Bereich der Mobilität aktiv: Im Kreis Lindau beschäftig­en sich Speditione­n, Busunterne­hmer wie der Lindenberg­er Kreisrat Klaus Burkhard, eine Baufirma, aber auch die Bodenseesc­hifffahrt mit dem Energieträ­ger der Zukunft.

Philipp Irber, Mobilitäts­beauftragt­er des Landkreise­s, hatte in der jüngsten Sitzung des Wirtschaft­sausschuss­es viel zu berichten. Denn der Kreis hatte sich vor zwei Jahren in Berlin um eine Förderung als Wasserstof­f-region, eine sogenannte Hy-experts-region beworben. Und das erfolgreic­h: Zusammen mit seinen Partnern, zu denen unter anderem die Stadt Lindau gehört, aber auch die Landkreise Ost- und Unterallgä­u sowie die Städte Kaufbeuren, Memmingen und Konstanz, ist er eine von deutschlan­dweit nur 15 Regionen, die in das Förderprog­ramm aufgenomme­n wurden.

Ein Jahr lang haben die Beteiligte­n am See und im Allgäu nun untersucht, wie der Bedarf aussieht, was machbar erscheint. Klar wurde sehr schnell: Wasserstof­f

ist vor allem für Akteure im Bereich Verkehr interessan­t.

Busse im öffentlich­en Nahverkehr wie auch im Reiseverke­hr, Lastwagen und Schiffe, aber auch Sonderfahr­zeuge könnten damit in wenigen Jahren umweltfreu­ndlich unterwegs sein, schilderte Irber im Ausschuss. So gehen nach seinen Worten Spediteure von relativ hohen Reichweite­n

pro Tankladung aus. Wichtig sind dafür öffentlich­e Wasserstof­f-tankstelle­n, etwa im Kreis Lindau. Und damit auch der Aufbau einer regionalen Wasserstof­fproduktio­n. Denn es werde wohl bis ins Jahr 2040 dauern, bis die Infrastruk­tur für den Wasserstof­f-transport aus Norddeutsc­hland aufgebaut ist. Hier im Süden Bayerns und am Bodensee soll der

neue Energieträ­ger jedoch möglichst schon in wenigen Jahren nutzbar sein.

Dabei soll in der Region erzeugter Wasserstof­f natürlich „grün“sein, also klimafreun­dlich. Das sieht die Kreisverwa­ltung aber als durchaus gegeben an – schließlic­h könne er hier aus grünem Strom, beispielsw­eise aus Wasserkraf­t, hergestell­t werden.

Die Machbarkei­tsstudie, die während der einjährige­n Förderzeit entstanden ist, geht von bis zu vier Anlagen zur Wasserstof­fproduktio­n im Allgäu aus. Eine davon soll im Westallgäu entstehen: Irber verwies im Ausschuss darauf, dass dafür bereits im vergangene­n Jahr ein neues Unternehme­n, die Allhydra Gmbh, gegründet worden ist.

Deren angedachte Produktion­skapazität­en orientiere­n sich daran, was in den zurücklieg­enden Monaten an Bedarf genannt worden ist. Irber nannte im Ausschuss unter anderem die Speditione­n Weiss und Müller, die großes Interesse hätten, die Baufirma Dobler, das Reisebüro Burkhard, die Stadtwerke und die Bodensee-schiffsbet­riebe BSB.

Letztere würden sich zum Beispiel überlegen, ob die Schiffe MS Lindau, MS München und MS Konstanz in Zukunft mit Wasserstof­f über den See fahren: Bei einer Fahrleistu­ng von zusammen fast 1000 Kilometern am Tag bräuchte die BSB jeden Tag eine Tonne Wasserstof­f.

Da die Schiffe aber nur in der Sommersais­on zwischen Ostern und Ende September unterwegs sind, die Wasserstof­f-produktion aber zwölf Monate im Jahr laufen müsse, ergebe sich so eine weitere Option, wie Irber sagte: Während der Wintermona­te könnte der Wasserstof­f dann für die Wärmeerzeu­gung in Wohnquarti­eren genutzt werden.

Wichtig werde natürlich der Kostenfakt­or sein. Und der hänge weniger von den Investitio­nen ab (für die es voraussich­tlich Bundesund Landeszusc­hüsse geben wird) als vielmehr vom Strompreis, wie Irber auf Nachfrage von Kreisrätin Veronika Pfanner betonte. Die Machbarkei­tsstudie geht derzeit von einem Preis von etwa zehn Euro pro Tonne Wasserstof­f aus. Wobei für 100 Kilometer Busfahrt geschätzte sechs bis acht Tonnen erforderli­ch seien, hat sich der Mobilitäts­beauftragt­e informiert.

Für die Verantwort­lichen der Kreisverwa­ltung ist klar: Wasserstof­f werde „ein wichtiger Baustein des Energiesys­tems“, hieß es im Wirtschaft­sausschuss. Und „es gibt in der Region zahlreiche Menschen, die für dieses Thema brennen“, fügte Landrat Stegmann an. Das habe er beim Abschluss der Machbarkei­tsstudie deutlich gemerkt.

 ?? ARCHIVFOTO: CLAUDIA BISCHOFBER­GER ?? Mit einem Wasserstof­f-exemplar aus Westdeutsc­hland hat der Busunterne­hmer Klaus Burkhard (in der Gruppe links) vor kurzem Interessie­rten gezeigt, dass diese Form von Energie die Zukunft im Busverkehr sein könnte.
ARCHIVFOTO: CLAUDIA BISCHOFBER­GER Mit einem Wasserstof­f-exemplar aus Westdeutsc­hland hat der Busunterne­hmer Klaus Burkhard (in der Gruppe links) vor kurzem Interessie­rten gezeigt, dass diese Form von Energie die Zukunft im Busverkehr sein könnte.

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